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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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ihrem Würgegriff gefangen, und es gab nicht genug Arbeit. Ich glaube, er hatte es satt, dass ich ständig hinter ihm und seinem Bruder hertrottete – und er hatte es wohl auch satt, sich von einem alten Schlachtross mit einer ohrenbetäubenden Stimme herumkommandieren zu lassen.«
    Ellie warf einen Blick zu Aurelia hinüber. Beide wussten, wie Aurelia vor all den Jahren wahrgenommen worden war, undEllie wusste, dass das alte Mädchen ziemlich stolz darauf war. »Der entscheidende Augenblick kam, als ein durchreisender Treiber Charlie von einem Pferdeauftrieb drüben im Territory erzählte.«
    »Ich muss los«, sagte Charlie aufgeregt. »Der Auftrieb fängt in zwei Wochen an, und so lange werde ich brauchen, um hinzukommen.«
    »Hier gibt es auch Arbeit, brauchst dich nur danach umzuschauen«, sagte Joe, während er Heu aus dem Lagerschuppen auf die Ladefläche des Lasters warf. »Wieso willst du gleich wieder abschwirren, wo wir hier doch zu essen und ein Dach überm Kopf haben? Das alte Mädchen ist vielleicht ein bisschen wild, aber sie ist doch ganz in Ordnung.«
    »Ein altes Schlachtross, das ist sie«, gab Charlie zurück. »Verdient verdammt nicht schlecht dran, dass sie uns für Kost und Logis schuften lässt.«
    »Langsam, langsam, Alter!« Seufzend lehnte Joe sich auf die Forke. »Sie hat uns hundert Pfund gegeben, weil wir Ellie hergebracht haben. Was willst du mehr?«
    »Arbeit. Aufregung. Ich weiß auch nicht.« Genervt schwenkte Charlie den Arm in die Luft. »Ich muss hier raus. Mir wird’s hier zu eng.«
    »Und ich? Spiele ich in deinen Plänen irgendeine Rolle?«, fragte Joe ruhig.
    Charlie zuckte die Achseln. »Du kannst mitkommen, wenn du willst.« Seine brummige Gleichgültigkeit verbarg die Hoffnung darauf, dass Joe genau dies tun würde. Denn auch wenn er sich danach sehnte, wieder frei durch das Land zu streifen, war der Gedanke, allein aufzubrechen, eher einschüchternd.
    Joe fuhr mit dem Beladen fort. Sein Gesichtsausdruck war undurchschaubar, und sein Schweigen machte Charlie nervös. »Na?«, fragte er schließlich. »Kommst du mit oder nicht?«
    »Wohl nicht, Alter«, antwortete Joe schließlich. »Es ist Zeit, dass ich mich mal für ’ne Weile irgendwo niederlasse und feststelle, ob mir das Leben hier draußen gefällt. Ich hab jetzt Geld in der Tasche, und bis zur Regenzeit sehe ich keinen Grund, weiterzuziehen und für meinen Lebensunterhalt zu rackern.«
    Charlie seufzte. »Du hast keinen Sinn für Abenteuer, Joe. Wieso hier festsitzen und fürs Essen zu arbeiten, wenn du draußen mit den Wildpferden reiten kannst?« Er redete sich allmählich warm, und seine blauen Augen leuchteten vor Aufregung. »Erinnere dich doch mal, was für ein Gefühl es war, Joe. Denk an den Rausch, den man dabei bekommt.« Er legte seinem Bruder die Hand auf die Schulter, um ihn zu einem Sinneswandel zu bewegen. »Komm schon, Alter. Komm mit.«
    »Diesmal nicht, Charlie«, sagte Joe. »Ich bin genug umherzigeunert, um meine Abenteuerlust zu befriedigen.« Er warf die Forke auf die Ladefläche des Allradwagens und blieb dann vor seinem Bruder stehen, die Hände tief in den Taschen. »Ich brauche Zeit«, sagte er fest. »Zeit zum Luftholen, Zeit, mir darüber klar zu werden, was ich wirklich will. Das Geld von Aurelia gibt mir Gelegenheit dazu, und ich will jetzt keine falsche Entscheidung treffen, nur weil dich wieder der Hafer sticht.«
    »Aber hier gibt’s doch nichts außer ein paar verdammten Weibern, die dich herumkommandieren«, sagte Charlie genervt. Er hatte plötzlich Angst. Angst, den einzigen Menschen zu verlieren, der ihm wirklich etwas bedeutete.
    »Langsam«, sagte sein Bruder mild. »Hier gibt es genug für mich zu tun, und wenn der Regen kommt, wird Aurelia Hilfe beim Viehauftrieb brauchen.«
    Charlies jungenhaftes Grinsen verging. »Und wenn der Regen nicht kommt? Was ist dann?«
    Joe sah ihn fest an. »Das riskiere ich. Diese Farm ist fast wie ein Zuhause, und ich gehe hier nicht einfach weg – nicht mal deinetwegen, Charlie.«
    Diese Wendung hatte Charlie nicht gewollt. Aber er brauchte seine Freiheit. Er scharrte mit der Stiefelspitze im Staub. »Dann war’s das also?«, fragte er leise.
    Joe berührte seinen Arm. »Wir haben gewusst, dass es eines Tages passieren würde, Alter«, sagte er. »Du und ich, wir haben unterschiedliche Wünsche. Ich hab genug vom Leben auf der Straße. Ich brauche nicht mehr umherzuwandern.«
    Charlie schüttelte die Hand ab, und sein beschwörendes

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