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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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finden musste. Die Aussicht auf den vor ihr liegenden Kampf schreckte sie nicht, denn sie wusste, wenn sie erst auf der anderen Seite angekommen wäre, würde sie einen Frieden finden, der alles andere hinter sich ließe.
    Schließlich öffnete Claire die Augen. Der Traum war nochlebendig, und die stille Ergebenheit wich auch im Licht des Tages nicht. Vielleicht ist es ein Omen, dachte sie, als sie aufstand und ins Bad ging – ein Hinweis auf einen bevorstehenden langen Kampf, in dem ich mehr Mut werde aufbringen müssen, als ich je vermutet hätte.

SECHS

    M att Derwent verbrachte eine schlaflose Nacht. Schließlich verlor er die Geduld und stand auf. Draußen kreischten die Elstern, und die Papageien zankten in den Gummibäumen. Er pfiff seine drei Hunde heran und tappte barfuß hinaus auf die Veranda. Die Luft war frisch nach dem Regen; die Erde war noch feucht, und das Gras entfaltete eine süßliche Note in dem vorherrschenden Duft von Akazien und Kiefern. Die Hunde, ein alter Blue Heeler, ein Collie und ein Mischling, stürmten an ihm vorbei und verschwanden hinter dem Haus. Es war gut, dass man sie frei laufen lassen konnte, ohne zu befürchten, dass auf der staubigen Straße Autos fuhren.
    Er atmete die Düfte des neuen Tages ein und genoss die Kühle, ehe die Sonne ganz aufgegangen war und die Erde versengte. Er war froh, dass er hierher gezogen war, denn hier gemahnte ihn nichts an Laura und das Leben mit ihr. Es gab keine schmerzhaften Erinnerungen an das, was gewesen war und was noch hätte sein können, wenn sie ihm nicht so plötzlich genommen worden wäre.
    Das kleine Holzhaus in Threeways war etwas ganz anderes als das geräumige Queenslander-Haus, das er verkauft hatte. Doch die vier Zimmer und der winzige Vorgarten genügten ihm, denn er war jetzt allein. Hinter dem Haus lagen an die vierhundert Hektar gutes Weideland, und dann begannen Tausende Meilen Wildnis, die man erkunden konnte. Das Queenslander-Haus hatte an der Küste zwischen Brisbane und Coolangatta gestanden. Von der Veranda aus hatte man auf eine tosende Brandung und endlose Strände mit goldenem Sand geblickt; der Garten hatte jäh am Rand der Dünen geendet. Das Städtchen hatte ausgesehen wie die meisten entlegenen Ortschaften Australiens; die Bewohner waren über mehrere Meilen verstreut und lebten hauptsächlich auf vereinzelten Farmen. Es gab Geschäfte, einen RSL-Club und ein winziges Kino, einen Surf- und Segelclub sowie ein Hotel. Laura und er hatten ein angenehmes Gesellschaftsleben geführt. In seiner kleinen Praxis hatte er mit Haustieren, Gestüten und den Farmen, die zum Nebenerwerb im bergigen Hinterland der Küste bewirtschaftet wurden, genug zu tun gehabt. Und in dem Jahr, bevor alles zu Ende gewesen war, hatte er an der Gründung eines Rettungszentrums für verletzte und verwaiste Koalas mitgearbeitet.
    Hier war es anders. Es gab keine Clubs, keine Shops, nur das Hotel in Threeways, das sein nächster Nachbar und fast fünfzig Meilen entfernt war. Aber fünfzig Meilen weit westlich von ihm erstreckte sich die weite Wildnis des Lawns National Park, und in der Nähe schlängelte sich der Gregory River friedlich durch grünes Buschland. An seinen Ufern hatte er schon manche Stunde mit Angeln verbracht, und er war mit dem Kanu zum Crimson Finch Waterhole gefahren, wo Wallabys und Opossums sich zum Trinken versammelten und bei Sonnenuntergang Myriaden von Vögeln schwärmten. Es war ein magischer Ort.
    Matt betrachtete seinen Vorgarten und sah, dass er den Rasen mähen musste. Auf dem Schotterweg wuchs Unkraut, und der Briefkasten am Tor drohte von seinem Pfosten zu fallen. Der Lattenzaun brauchte einen neuen Anstrich, das Tor neue Angeln, aber heute hatte er keine Lust, etwas daran zu tun, denn er war mit seinen Gedanken woanders.
    Er lehnte sich an einen Verandapfosten und zündete sich die erste Zigarette des Tages an. Die Sonne ging auf. Kookaburrasmarkierten mit Geschrei ihr Territorium im Busch hinter ihm, und der Nebel hing wie Zuckerwatte in den Wipfeln der hohen Bäume. Er versuchte sich vorzustellen, wie Claire den Weg heraufkam. Sie lächelte, weil sie sich freute, ihn zu sehen, und ihre Schritte waren leicht. Was würde sie nach der ganzen Pracht auf Warratah von diesem Haus hier halten? Und von ihm selbst?
    Matt zog seinen Hosenbund zurecht und strich mit wehmütigem Lächeln mit der flachen Hand über seinen nackten Oberkörper. Sein Bauch war immer noch flach, und Brust und Arme waren ziemlich muskulös

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