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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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ockerfarbene Ebene kam ihr nach dem Regen der vergangenen Nacht verändert vor. Es war eine frische, saubere, farbenfrohe Umgebung, die ihr das Herz leicht machte, und sie wünschte, sie wäre musikalisch genug, um zu singen. Das klare Licht schärfte die Umrisse der fernen Berge, sodass sie vor dem gewaltigen Himmel beinahe dreidimensional wirkten. Bäche und Wasserlöcher waren randvoll mit süßem, klarem Wasser, und das Gras kräuselte sich in der warmen Brise wie ein weites, silbrig grünes Meer. Wildenten schwammen schnatternd im Billabong und fischten. Buschtruthähne stolzierten über die blumenübersäte Ebene und mästeten sich an den Schwärmen von Insekten, die mit dem Regen gekommen waren, und die Luft war erfüllt von den Rufen und Farben von tausend verschiedenen Vögeln.
    Leanne lehnte am Zaun und nahm dieses Bild in sich auf. Nach dem Regen war Jarrah am schönsten, und es war ein Privileg, dass sie ein Teil davon sein durfte. Widerstrebend riss sie sich los und ging zur Futterkammer. Der Hahn krähte durchdringend, als sie die verschiedenen Eimer füllte und sie zu den Ställen und zum Zwinger trug.
    Als sie das Kleinvieh gefüttert hatte, stellte sie die Eimer ab und trat in die Scheune. Zwei Farmkatzen balgten sich dort; sie knurrten wie Hunde, und umtanzten einander zähnefletschend und mit gespreizten Krallen. Sie jagten sich heulend gegenseitig durch die Heuballen, bevor sie durch das Tor entwischten. Diese Katzen hatten keinerlei Ähnlichkeit mit den flauschigen, niedlichen Haustieren, die man in der Großstadt fand. Sie waren mager und wild, und wie alles auf Jarrah dienten sie einem Zweck. Ratten und Mäuse mussten bekämpft werden, und darauf verstanden diese beiden sich besonders gut.
    Leanne nahm einen Heuballen auf die Gabel und schleppte ihn in den Stall. Sie würde Bonny und das Fohlen auf die Koppellassen, da es ein so trockener, warmer Tag war. Dann könnte sie den Stall ausmisten und Bonnys Raufe füllen.
    Bonny trabte glücklich hinaus auf die Koppel, und das Fohlen folgte ihr mit knotigen Knien und wackligen Beinen. Seine Fesseln waren ein wenig zu lang, als dass Leanne in Betracht gezogen hätte, es als Rennpferd auszubilden, aber sie würden bald fest werden, und der kleine würde ein gutes Hütepferd abgeben. Sie beobachtete die beiden eine Zeit lang und sah, wie stolz Bonny auf das Fohlen war; sie ließ keines der anderen Pferde in seine Nähe kommen. Lächelnd sah sie, wie der kleine Kerl seine Umgebung beschnupperte und herumzutollen versuchte. Sein Gleichgewichtssinn ließ noch zu wünschen übrig, aber er war ja auch erst vierundzwanzig Stunden alt.
    Fohlen sind schrecklich zeitraubend, dachte Leanne, als sie sich abwandte und zu den Ställen zurückkehrte. Sie hatte sicher eine gute halbe Stunde damit verschwendet, das Kleine schwärmerisch zu betrachten.
    Ein junger Aborigine hatte schon mit dem Ausmisten angefangen, und sie krempelte die Ärmel hoch und stürzte sich ebenfalls in die Arbeit.
    Sie war verschwitzt und schmutzig, das Hemd klebte ihr am Rücken, sie war rot im Gesicht und das Haar fiel ihr in die Augen, als sie das unverwechselbare Geräusch eines kleinen Flugzeugs bei der Landung hörte. »Scheiße«, flüsterte sie und wischte sich mit einer schmutzigen Hand über die schweißnasse Stirn. »Scheiße, Scheiße, dreimal Scheiße!« Hastig schrubbte sie Gesicht und Hände unter dem Kaltwasserhahn im Stallhof und überlegte fieberhaft, ob sie noch Zeit hatte, ins Haus zu laufen und sich umzuziehen.
    »Tag«, hörte sie Angel Carreras fröhliche Stimme, als er um die Ecke bog. »Wie ich sehe, werde ich erwartet.«
    Leanne war wütend, weil sie nicht daran gedacht hatte, dass so etwas passieren könnte; nach all ihren sorgfältigen Plänenhatte er sie nun doch unvorbereitet erwischt. Sie wusste, dass sie schrecklich aussehen musste, aber jetzt war es zu spät.
    Angel Carrera war nicht zu groß und nicht zu schlank, sondern genau richtig. Sein Gang war langsam, beinahe träge, und er sah hinreißend aus in seinen weißen Moleskins, den blank polierten Stiefeln und dem karierten Hemd.
    Lächelnd schaute sie in die glutvollen schwarzen Augen, die ihre Knie weich werden ließen. »Mistkerl!«, sagte sie mit heiserer Stimme. »Du hast genau gewusst, dass du mich überraschen würdest.«
    Er nahm sie auf den Arm und küsste sie. Ohne ein Wort trug er sie zum Farmhaus und durch die Fliegentür. Dort stellte er sie wieder auf die Füße, und seine dunklen Augen

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