Anemonen im Wind - Roman
betrachteten das verblichene Hemd, die schmutzigen alten Jeans und die verschrammten Stiefel. Er lächelt auf sie herab. »Komm her, Mrs. Carrera«, sagte er leise.
Sie rissen einander die Kleider vom Leib und kämpften mit ihren Stiefeln. Dann berührten sie einander, Haut an Haut, und der Funke, der zwischen ihnen übersprang, verschlug ihnen den Atem. Die Zeit der Trennung hatte das Feuer nur noch mehr entfacht, und nun überwältigte es sie.
Viel später lagen sie zufrieden in ihrem großen Doppelbett. »Ich habe dich hoffentlich nicht im falschen Augenblick überrascht?« Angels Haar glänzte rabenschwarz in dem Sonnenstrahl, der durch die Vorhänge ins Zimmer fiel. Seine Finger strichen über ihre nackte Haut.
»Ganz und gar nicht.« Sie war atemlos, denn seine Finger spielten auf ihrem Körper wie ein Virtuose seine Violine. »Nur eher als erwartet.« Sie hatte Mühe, sich zu konzentrieren, denn das Verlangen nach ihm brandete schon wieder in ihr auf. »Hast du meine Nachricht nicht erhalten?«
»Was für eine Nachricht?« Er stützte sich auf einen Ellenbogen und runzelte die dunklen Brauen.
»Ich habe in deinem Büro angerufen und jemandem gesagt, dass sie durch den Regen aufgehalten wurden. Einer der Viehtreiber ist hergeritten und hat mir die Nachricht gebracht, dass sie draußen am Ten Mile Creek Schwierigkeiten gehabt hätten.«
»Nichts Ernstes hoffentlich?«
»Nein, sie werden schon kommen. Sie haben den größten Teil des Weidegeländes abgearbeitet und auf jeder der zwanzig Koppeln ungefähr tausend Stück zusammengetrieben.«
»Ich hab nur eine Woche Zeit«, sagte er nachdenklich. »Glaubst du, er bringt sie rechtzeitig her?«
Sie nickte. »Dad weiß, dass er sie auf den Markt bringen muss.«
Er lächelte, und die Art, wie der Blick seiner dunklen Augen über sie hinwegtanzte, ließ ihren Puls rasen und ihr Herz Purzelbäume schlagen. »Ich dachte, ich komme frühzeitig, damit für ihre Ankunft alles vorbereitet ist«, sagte er leise. »Hättest du eine Idee, wie wir uns bis dahin die Zeit vertreiben können?«
Sein boshaftes Lächeln ließ sie zerschmelzen, und sie strich mit den Fingern über seinen flachen Bauch. Seine Haut war kühl, der Haarstrich unter seinem Bauchnabel verlockend. »Oh, ich denke schon«, murmelte sie.
Claire erwachte aus ihrem Traum. Eine Zeit lang lag sie da und fragte sich, was er wohl bedeuten mochte. Sie drehte sich auf die Seite, zog die Knie fest an die Brust und schloss die Augen. Gern hätte sie diesen Traum festgehalten, denn er hatte ihr eine tiefe Ruhe gebracht, eine Stille, die sie seit langem nicht erlebt hatte. Sonnenstrahlen wanderten durch das Fenster herein und wärmten ihre Schultern, und sie ließ ihre Gedanken zu dem Traumbild zurückkehren, das so real, so hell und farbig gewesen war.
Von Stille umgeben, war sie in einem ruhigen, unglaublichblauen Meer geschwommen, und die Sonne hatte warm von einem Himmel geschienen, der sich ins Unendliche zu erstrecken schien. Trotz ihrer gewohnten Angst vor dem Ozean und des Umstandes, dass sie in keiner Richtung Land sehen konnte, hatte sie sich nicht gefürchtet. Wassertretend hatte sie nach unten geschaut und tief, tief unter sich eine uralte Ruinenstadt erblickt. Weiße Kolonnaden, gut erhalten, säumten noch immer die breiten Pflasterstraßen, die im Sonnenlicht, vom Wasser gefiltert, schimmerten. Als sie so hoch über dieser wundervollen Stadt schwebte, hatte sie sich gefragt, ob sie das versunkene Atlantis sein könnte. Aber es schien nicht wichtig zu sein. Nichts war wichtig.
Und während Claire noch die stillen Straßen und anmutigen Säulenreihen betrachtete, merkte sie, dass diese zu ihr heraufgestiegen kamen. Sie spürte, wie der weiße Querstein zwischen zwei tragenden Säulen ihre Füße berührte, spürte, wie er weiter emporstieg und sie mitnahm. Fest stand sie auf dem kühlen Marmor, der sie hoch über das Wasser erhob, und dort, fern am Horizont, lag eine Insel, die sie zu rufen schien. Sie begann zu schwimmen, unermüdlich und ohne Angst, dass sie sie vielleicht nicht erreichen könnte – denn dies war der Ort, den sie seit Jahren gesucht hatte.
Weiße Wellen, zart wie Spitze, plätscherten träge auf den weißen halbmondförmigen Sandstrand, als sie aus dem Wasser stieg. Sie schaute sich um, aber sie sah nur ein Gestrüpp von Dornen und stachligen Büschen, die ihr den Weg auf die Insel versperrten. Sie bemerkte diese Grenze und erkannte, dass sie einen Weg durch dieses Hindernis
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