Anemonen im Wind - Roman
ihre, und sein Blick drang tief in sie hinein. »Hör nur, Ellie«, murmelte er. »Hör es trotz all dieses Lärms, hör den Wind in den Bäumen und den schönen Gesang des Glockenvogels. Das ist unser Lied, und es wird uns helfen, stark zu bleiben, bis wir uns wiedertreffen.«
Ellie fand diesen Gedanken wundervoll, und obwohl sie nur halb daran glaubte, war sie bereit, ihn als Tatsache zu akzeptieren, wenn sie Joe damit den Abschied leichter machte. Sie küssten sich sanft und mit so süßer Zärtlichkeit, dass sie glaubte, ihr müsse das Herz brechen.
Schließlich löste er sich von ihr und griff in seine Tasche. »Wirst du das tragen, wenn ich fort bin?«, fragte er.
Ellie starrte den goldenen Ring mit dem einzelnen Diamantsplitter an und hob dann den Kopf. Sie wagte kaum zu glauben, dass so etwas geschehen konnte. »Immer«, hauchte sie.
Joe schob ihr den Ring auf den Finger. »Wenn ich zurückkomme, stecke ich den Trauring daneben«, versprach er.
Ellie war entschlossen, nicht zu weinen. Das würde es für sie beide nur schwerer machen, und sie wollte, dass Joe stolz auf sie war – dass er sie stark und tapfer in Erinnerung behielt, nicht als schluchzendes Wrack. Sie betrachtete den Ring, der im hellen Sonnenlicht funkelte, und schwor sich, dass sie ihn niemals ablegen würde.
Joe faltete das Blatt Papier auseinander, das im Boden der Schmuckschatulle gesteckt hatte. »Das ist ein Gedicht, das ich geschrieben habe«, sagte er verlegen. »Ich wollte zum Ausdruck bringen, was ich empfinde, wenn ich dich und Warratah verlasse. Hoffentlich gefällt es dir. Und wenn du es liest, sollst du an mich denken und wissen, dass ich zu dir zurückkomme, sobald ich kann.«
Mit zitternden Fingern nahm Ellie das Blatt mit den säuberlichen Blockbuchstaben entgegen. Die Worte flimmerten und verschwammen, und sie musste heftig zwinkern, bevor sie sie lesen konnte.
»Komm jetzt mit mir zum Billabong,
Wo der Glockenvogel in den Bäumen singt
Und dunkles, geheimnisvolles Wasser
Sich kräuselt im Seufzen der Brise.
Und während die Welt sich ins Chaos stürzt,
In Kämpfe nah und fern,
Finden wir Frieden hier bei den Anemonen
Und den Menschen, die Warratah lieben.«
»Oh, Joe«, flüsterte sie. »Das ist so schön.«
Ein herrischer Pfiff gellte durch das lärmende Stimmengewirr und in ihre private kleine Welt. Der letzte Konvoi war abfahrbereit.
»Ich komme zurück, Ellie. Ich verspreche es.« Joe zog sie auf die Beine, schloss sie ungestüm in seine Arme und hielt sie sofest, dass sie kaum noch Luft bekam. Als er sie zum letzten Mal küsste, hätte die Verzweiflung sie beinahe überwältigt.
Joe löste sich sanft von ihr. Sein Haar glänzte blauschwarz im Sonnenlicht. Ellie fiel auf, wie grün seine Augen waren, wie weich sein Mund. »Ich liebe dich«, sagte sie mit Nachdruck. »Und ich verspreche dir, dass ich warte, wenn du versprichst zurückzukommen.« Sie lehnte sich an ihn, als die Blaskapelle vorbeimarschierte und die Leute ringsumher seufzend in Bewegung gerieten. Sie hörte das Weinen anderer Frauen, schrilles Kindergeschrei und raue Männerstimmen. Die Tränen drohten sie zu ersticken, als er sie glühend umarmte.
Als er sich von ihr löste, war sein Gesicht aschgrau, und sein Blick war vom Schmerz getrübt. »Es wird Zeit, Ellie«, murmelte er. »Ich muss gehen.«
Ellie zog sich das Band aus dem Haar und drückte es ihm in die Hand. »Gib acht auf dich«, stammelte sie, während sie mit den Tränen kämpfte und zu lächeln versuchte. »Und spiel nicht den verdammten Helden.«
»Ist nicht mein Stil«, antwortete er mit gespielter Verwegenheit. Er stopfte sich das Haarband in die Tasche und wandte sich Aurelia zu, deren Anwesenheit er bisher nicht bemerkt hatte. »Danke für alles, Missus. Passen Sie für mich auf sie auf«, sagte er schroff und umarmte sie verlegen.
Und nur allzu bald marschierte er über die Straße, einer Wand aus Khaki-Uniformen und einem brüllenden Offizier entgegen. Er drehte sich um, winkte und stieg dann auf die Ladefläche eines Armeelasters. Und verschwand in einer Wolke von Auspuffgasen und Staub.
Ellie spürte, wie die Tränen sich zwischen ihren Wimpern hervordrängten und über ihre Wangen rollten. Und sie spürte die Hand ihrer Tochter auf den Fingern. Aber es kam ihr so vor, als seien die wenigen Stunden mit Joe vor all den Jahren eben erstvergangen, und noch immer war sie überwältigt von der Hitze und dem Kummer des Abschieds.
Claire griff fester zu und holte sie
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