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Ange Pitou, Band 1

Titel: Ange Pitou, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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bedeutet: es fehlt . Was fehlt denn?
    Das Geld, tausend Götter! und weil das Geld fehlt, und weil die Günstlinge dieses Geldes, das fehlt, verzehrt haben, nennt man die Königin Madame Defizit. Nicht der Königalso ist erzürnt, sondern die Königin. Der König ist ärgerlich, ärgerlich, weil alles so schlecht geht.
    Ich begreife, sagte Pitou, doch das Kistchen?
    Richtig, Pitou! diese verteufelte Politik reißt mich immer weiter fort, als ich gehen will; ja vor allem das Kistchen. Du hast recht, Pitou; erst wenn ich den Doktor Gilbert gesehen habe, erst dann wollen wir zur Politik zurückkehren. Das ist eine heilige Pflicht.
    Es giebt nichts heiligeres, als die heiligen Pflichten, sprach Pitou.
    Laß uns also in das College Louis-le-Grande gehen, wo sich Sebastian Gilbert befindet, sagte Billot.
    Gehen wir, erwiderte Pitou seufzend, denn er mußte ein weiches Rasenbett verlassen, das ihm lieb geworden war. Ueberdies stieg, trotz der übermäßigen Aufregung des Abends, der Schlaf, der beständige Geist reiner Gewissen und ermatteter Kräfte, mit all seinem Schlummersaft auf den tugendhaften und ermüdeten Pitou herab.
    Villot war schon aufgestanden, und Pitou erhob sich, als es halb zwölf Uhr schlug.
    Doch um halb zwölf Uhr wird das College Louis-le-Grand geschlossen sein, wie mir scheint, sagte Billot.
    Oh! ganz gewiß, erwiderte Pitou.
    Dann kann man bei Nacht in einen Hinterhalt geraten; mir scheint, ich sehe Biwakfeuer in der Nähe des Justizpalastes; man könnte mich verhaften oder töten; du hast recht, Pitou, man soll mich nicht verhaften, soll mich nicht töten.
    Seit diesem Morgen war es das dritte Mal, daß Billot in die Ohren Pitous die drei für den Menschen so schmeichelhaften Worte klingen ließ: du hast recht.
    Pitou fand dagegen nichts besseres zu thun, als die Worte Billots zu wiederholen.
    Sie haben recht, wiederholte er, während er sich auf den Rasen niederlegte. Man darf Sie nicht töten, lieber Herr Billot.
    Und mit dem letzten Wort dieses Satzes erlosch die Stimme in der Kehle Pitous. Vox faucibus haesit hätte er sagen können, wenn er wach gewesen wäre. Aber er war eingeschlafen.
    Billot bemerkte es nicht.
    Ein Gedanke, rief er.
    Ah! schnarchte Pitou.
    Höre mich, ich habe einen Gedanken! Trotz aller Vorsicht, mit der ich zu Werke gehe, kann ich getötet werden, von nahe oder von fern getroffen, vielleicht auf den Tod getroffen werden und sogleich sterben; würde dies geschehen, so mußt du wissen, was du statt meiner dem Doktor Gilbert sagen sollst.
    Pitou hörte nicht und antwortete folglich auch nicht.
    Wenn ich auf den Tod verwundet würde und meine Sendung nicht erfüllen könnte, so müßtest du statt meiner den Doktor Gilbert aufsuchen und ihm sagen ... hörst du mich wohl, Pitou? sprach Billot, indem er sich gegen den jungen Mann hinabbückte, und du wirst ihm sagen ... Doch er schnarcht, der Unglückliche.
    Die ganze gewaltsame Aufregung Billots erlitt sofort eine Abspannung durch den Anblick des schlafenden Pitou.
    Schlafen wir also, sagte er. Denn wie sehr auch der Pächter an Strapazen gewohnt war, der Ritt am Tage und die Ereignisse des Abends waren für ihn nicht ohne einschläfernde Gewalt.
    Und nach drei Stunden ihres Schlummers oder vielmehr ihrer Erstarrung, erschien der Tag.
    Als sie die Augen wieder öffneten, hatte Paris nichts von der wilden Physiognomie verloren, die sie am Tage zuvor an ihm wahrgenommen.
    Nur sahen sie mehr Soldaten und überall Volk.
    Das Volk bewaffnete sich mit Piken, die man in der Eile fabriziert hatte; mit Schießgewehren, deren sich die meisten nicht zu bedienen wußten; mit herrlichen Waffen aus einem andern Zeitalter, an denen die Träger ihre Verzierung von Gold, Elfenbein und Perlmutter bewunderten, ohne den Gebrauch und den Mechanismus davon zu verstehen.
    Sogleich nach dem Rückzug der Soldaten hatte man das Garde-Meuble geplündert.
    Und das Volk rollte zwei kleine Kanonen gegen das Stadthaus.
    Die Sturmglocke erscholl in Notre-Dame, im Stadthause, in allen Kirchen. Man sah, und wußte nicht, von wo Legionen von bleichen, magern, nackten Männern und Weibern kommen, welche am Tage zuvor: Brot! geschrieen hatten und heute: Waffen! schrieen.
    Es läßt sich nichts entsetzlicheres denken, als die Gespensterbanden, die seit ein paar Monaten aus der Provinz eintrafen, stillschweigend durch die Barrieren zogen und sich in dem selbst ausgehungerten Paris einquartierten, wie die arabischen Goules Bei den Orientalen eine Art von Dämon, ein

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