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Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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geschwinde.
    Gilbert reichte den Brief dem König. Ludwig las ihn hastig und sagte dann zu dem Garde-du-corps mit einer Gebärde, der es nicht ganz an einem gewissen Adel des Befehlens gebrach:
    Lassen Sie uns allein, Herr von Varicourt.
    Gilbert blieb mit dem König allein.
    Das Zimmer war nur durch eine einzige Lampe erleuchtet; man hätte glauben sollen, der König habe das Licht gemäßigt, damit man auf seiner mehr verdrießlichen, als sorgenvollen Stirne alle die Gedanken, die sich in ihm drängten, nicht lesen könne.
    Mein Herr, sagte er, auf Gilbert einen Blick heftend, der klarer und schärfer war, als sich dieser wohl gedacht hatte, mein Herr, ist es wahr, daß Sie der Verfasser der Denkschriften sind, die mich so in Erstaunen gesetzt haben?
    Ja, Sire.
    Wie alt sind Sie?
    Zweiunddreißig Jahre, Sire; doch das Studium und das Unglück verdoppeln das Alter. Behandeln Sie mich als einen Greis.
    Warum haben Sie so lange gewartet, um vor mir zu erscheinen?
    Sire, weil ich kein Bedürfnis hatte, Eurer Majestät das mündlich zu sagen, was ich freier und leichter schrieb.
    Ludwig XVI. dachte nach.
    Sie haben keine andern Gründe? sagte er argwöhnisch. Aber wenn ich mich nicht täusche, müssen Sie gewisse Umstände von meiner wohlwollenden Gesinnung für Sie unterrichtet haben.
    Eure Majestät meint vielleicht jene Art von Rendezvous, das ich dem König zu geben die Verwegenheit hatte, als ich ihn nach meiner ersten Denkschrift vor fünf Jahren bat, abends um 8 Uhr ein Licht an sein Fenster zu stellen, um mir zu bezeichnen, er habe meine Arbeit gelesen.
    Und ... sagte der König befriedigt.
    Und am bestimmten Tage und zur bestimmten Stunde wurde das Licht in der That dahin gestellt, wohin es zu stellen ich Sie ersucht hatte, Sire. Hernach sah ich es dreimal sich erheben und wieder senken. Sodann las ich folgende Worte in der Gazette : Derjenige, welchen das Licht dreimal gerufen, kann sich bei demjenigen einfinden, welcher es dreimal emporgehoben hat, er wird belohnt werden.
    Das sind in der That die eigenen Worte der Anzeige, sagte der König.
    Und hier ist die Anzeige selbst, sprach Gilbert, indem er aus seiner Tasche die Zeitung zog, in die fünf Jahre vorher die Anzeige, an die er erinnert hatte, eingerückt worden war. Gut, sehr gut, sprach der König, ich habe lange auf Sie gehofft. Sie erscheinen in dem Augenblick, wo ich Sie zu erwarten aufgehört hatte. Seien Sie willkommen, denn Sie erscheinen wie die guten Soldaten, im Augenblick des Kampfes.
    Dann schaute er Gilbert noch aufmerksamer an und fügte bei:
    Wissen Sie, mein Herr, daß es für einen König etwas Außerordentliches ist, einen Menschen nicht erscheinen zu sehen, zu dem man gesagt hat: Kommen Sie, um eine Belohnung zu empfangen?
    Gilbert lächelte.Lassen Sie hören, sprach Ludwig XVI., warum sind Sie nicht gekommen?
    Weil ich keine Belohnung verdiente, Sire. Ein geborener Franzose, mein Vaterland liebend, eifersüchtig auf seine Wohlfahrt, meine Individualität mit der von dreißig Millionen Menschen, meinen Mitbürgern, verschmelzend, arbeitete ich für mich, indem ich für sie arbeitete. Sire, man ist nicht immer einer Belohnung würdig, weil man selbstsüchtig ist.
    Paradox, mein Herr; Sie hatten einen andern Grund.
    Gilbert erwiderte nichts.
    Sprechen Sie, mein Herr, ich wünsche es.
    Sie haben vielleicht richtig erraten, Sire.
    Ist es nicht dieser Grund, fragte der König ängstlich: Sie fanden die Lage ernst, und behielten sich vor ...?
    Für eine noch viel ernstere; ja, Sire, Eure Majestät hat richtig erraten.
    Ich liebe die Offenherzigkeit, sagte der König, der seine Unruhe nicht verbergen konnte, denn er war von einer schüchternen Natur und errötete leicht.
    Ludwig XVI. fuhr fort: Sie sagten dem König den Ruin vorher, und haben das Zunahesein bei den Trümmern befürchtet.
    Nein, Sire, denn ich komme gerade in dem Augenblick, wo der Ruin bald bevorsteht, um mich der Gefahr zu nähern.
    Ja, ja, Sie verlassen soeben Necker und sprechen wie er. Die Gefahr, allerdings; es ist in diesem Augenblick gefährlich, sich mir zu nähern. Und wo ist Necker?
    Ich glaube, ganz bereit, sich den Befehlen Eurer Majestät zu fügen.
    Desto besser, ich werde seiner bedürfen, sprach der König mit einem Seufzer. In der Politik soll man nicht halsstarrig sein. Man glaubt gut zu thun und thut schlecht; man thut sogar gut, und das launenhafte Ereignis stört die Resultate; die Pläne waren nichtsdestoweniger gut, und doch gilt man dafür, daß man

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