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Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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werden wird. Wir nennen sie Mysterien, unsre Väter hätten sie Zaubereien oder Hexereien genannt.
    Ja, Sire, erwiderte Gilbert lächelnd, und ich hätte die Ehre gehabt, auf der Greve zur Verherrlichung einer Religion, die man nicht begriff, durch Gelehrte ohne Wissen und durch Priester ohne Glauben verbrannt zu werden.
    Und unter wem haben Sie diese Wissenschaft studiert? unter Mesmer?
    Oh! Sire, antwortete Gilbert lächelnd, ich habe bereits zehn Jahre früher, ehe der Name Mesmer in Frankreich nur genannt ward, die erstaunlichsten Phänomene dieser Wissenschaft gesehen.
    Sagen Sie mir, war dieser Mesmer, der ganz Paris in Aufregung versetzte, Ihrer Ansicht nach ein Charlatan, ja oder nein? Mir scheint, Sie gehen viel einfacher zu Werke. Ich habe seine Experimente erzählen hören, sowie die von Deslon, die von Puysegur. Sie wissen, was man alles über diesen Gegenstand gesagt hat, Hirngespinste oder Wahrheiten.
    Ja, Sire, ich habe die ganze Debatte verfolgt.
    Nun, was denken Sie von der berühmten Kufe?
    Eure Majestät wolle mich entschuldigen, wenn ich auf alles, was sie mich über die magnetische Kraft fragt, durch den Zweifel antworte. Der Magnetismus ist noch keine Kunst. Er ist nur eine Macht, eine furchtbare Macht, indem er den freien Willen vernichtet, die Seele vom Leibe trennt, den Leib der Somnambule den Händen des Magnetiseurs übergiebt, ohne daß jene die Kraft oder nur auch den Willen, sich zu verteidigen, behält. Ich, was mich betrifft, habe seltsame Phänomene bewerkstelligen sehen. Ich habe selbst bewerkstelligt, und dennoch zweifle ich.
    Wie, Sie zweifeln? Sie bewirken Wunder, und Sie zweifeln!
    Nein, ich zweifle nicht, ich zweifle nicht. In diesem Moment habe ich den Beweis einer unerhörten und unbekannten Macht vor meinen Augen. Ist aber dieser sichtbare Beweis verschwunden, bin ich allein in meinem Zimmer, meiner Bibliothek gegenüber, dem gegenüber, was die menschliche Wissenschaft seit dreitausend Jahren geschrieben hat; sagt mir die Wissenschaft nein; sagt mir der Geist nein; sagt mir die Vernunft nein: dann zweifle ich.
    Und Ihr Meister zweifelte auch, Doktor?
    Vielleicht, doch weniger offenherzig, als ich; er sagte es nicht.
    War es Deslon, war es Puysegur?
    Nein, Sire, nein. Mein Meister war ein Mann, der sehr hoch über den Männern stand, die Sie genannt haben. Ich habe ihn, besonders in Bezug auf Verwundungen, wunderbare Dinge verrichten sehen; keine Wissenschaft war ihm unbekannt. Er hatte sich die ägyptischen Theorien angeeignet. Er hatte die Geheimmittel der alten assyrischen Zivilisation erforscht. Er war ein tiefer Gelehrter, ein gewaltiger Philosoph, denn er besaß die Erfahrung des Lebens, verbunden mit der Beharrlichkeit des Willens.
    Habe ich ihn gekannt? fragte der König.
    Gilbert zögerte einen Augenblick und sagte: Ja, Sire.
    Er heißt?
    Sire, antwortete Gilbert, nenne ich diesen Namen vor dem König, so setze ich mich vielleicht seinem Mißfallen aus. In diesem Augenblick aber besonders, wo die Mehrzahl der Franzosen mit der königlichen Majestät ein Spiel treibt, möchte ich nicht gern einen Schatten auf die Ehrfurcht werfen, die wir alle der Majestät schuldig sind.
    Nennen Sie kühn diesen Namen, Doktor Gilbert, und seien Sie überzeugt, daß ich auch meine Philosophie habe: eine Philosophie, die genug gestählt ist, um über alle Beleidigungen der Gegenwart und alle Drohungen der Zukunft zu lächeln.
    Trotz dieser Ermutigung zögerte Gilbert noch.
    Der König näherte sich ihm.
    Mein Herr, sagte er lächelnd, nennen Sie mir Satan, wenn Sie wollen, ich werde gegen Satan einen Panzer finden, den, welchen Ihre Irrlehrer nicht haben, den, welchen sie nie haben werden, den, welchen ich vielleicht allein in meinem Jahrhundert besitze und ohne mich zu schämen anlege: die Religion!
    Es ist wahr. Eure Majestät glaubt wie der heilige Ludwig, sagte Gilbert.
    Und eben darin, Doktor -- ich gestehe es -- liegt meine Stärke; ich liebe die Wissenschaft, ich achte die Resultate des Materialismus; ich bin Mathematiker, wie Ihnen bekannt ist; Sie wissen, eine Additionssumme, eine algebraische Formel erfüllen mich mit Freude. Doch im Gegensatz gegen die Leute,welche die Algebra bis zum Atheismus treiben, habe ich in Reserve meinen tiefen, unerschöpflichen, ewigen Glauben, meinen Glauben, der mich um einen Grad über sie und unter sie stellt: über sie im Guten, unter sie im Bösen. Sie sehen, Doktor, ich bin ein Mann, dem man alles sagen kann, ein König, der alles hören

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