Ange Pitou, Band 2
haben, sagte die Königin mit demselben eiskalten Ton, der schattiert war, um nur ihre Eifersucht oder ihre Verachtung fühlen zu lassen.
Eure Majestät hat mir die Ehre erwiesen, mich zum Leutnant der Garden zu ernennen, sagte der Graf von Charny, mein Posten ist in Versailles, ich würde meinen Posten nicht verlassen haben, hätte mir Eure Majestät nicht die Bewachung der Tuilerien übertragen. Das ist eine notwendige Verbannung, hat mir die Königin gesagt, und ich bin in diese Verbannung abgegangen. Bei alledem, Eure Majestät weiß das, hat mich die Gräfin von Charny ebenso wenig getadelt, als sie um Rat gefragt worden ist.
Das ist wahr, erwiderte die Königin, immer eisig.
Heute, fuhr der Graf unerschrocken fort, heute glaube ich, daß mein Posten nicht mehr in den Tuilerien, sondern in Versailles ist. Wohl denn! möge es der Königin nicht mißfallen, ich habe mein Gebot verletzt, meinen Dienst selbst gewählt, undhier bin ich. Mag Frau von Charny vor den Ereignissen bange haben oder nicht, mag sie auswandern wollen oder nicht, ich bleibe bei der Königin ... wenn nicht etwa die Königin meinen Degen zerbricht. Wäre das der Fall, sollte ich nicht mehr das Recht haben, für sie im Gemach hier in Versailles zu kämpfen, zu sterben, so bleibt mir immerhin noch das Recht, mich vor der Thüre, auf dem Pflaster töten zu lassen.
Der junge Mann sprach so mutig, so bieder diese einfachen aus dem Herzen gekommenen Worte, daß die Königin von ihrem Stolze herabfiel, hinter den sie sich zurückgezogen hatte, um mehr ein menschliches als königliches Gefühl zu verbergen.
Graf, erwiderte sie, sprechen Sie nie wieder dieses Wort aus, sagen Sie nicht, Sie werden für mich sterben, denn wahrhaftig, ich weiß, daß Sie es thun werden, wie Sie es sagen.
Oh! ich werde es im Gegenteil immer sagen, rief Herr von Charny. Ich werde es allen und überall sagen; ich werde es sagen, wie ich es thun werde, weil, ich befürchte es, die Zeit gekommen ist, wo alle diejenigen sterben müssen, welche die Könige der Erde geliebt haben.
Graf! Graf! was giebt Ihnen denn diese unseligen Ahnungen ein?
Ach! Madame, erwiderte Charny, den Kopf schüttelnd, zur Zeit des leidigen amerikanischen Kriegs bin ich auch von dem Unabhängigkeitsfieber befallen gewesen, das die ganze Gesellschaft durchlaufen hat. Ich wollte auch einen thätigen Anteil an der Emancipation der Sklaven nehmen, wie man zu jener Zeit sagte, und ließ mich als Maurer aufnehmen. Ich schloß mich mit den Lafayette, mit den Lameth einer geheimen Gesellschaft an. Wissen Sie, Madame, was der Zweck dieser Gesellschaft war? Die Zerstörung der Throne. Wissen Sie, was der Wahlspruch der drei Buchstaben: L.P.D. war? Lilia pedibus destrue Tritt die Lilien mit Füßen.
Was haben Sie dann gethan?
Ich habe mich mit Ehren zurückgezogen; doch für einen, der sich zurückzog, ließen sich zwanzig aufnehmen. Was nun heute geschieht, Madame, ist der Prolog des großen Dramas,das sich in der Stille und in der Nacht, seit zwanzig Jahren, im Kopfe der Menschen vorbereitet hat, die gegenwärtig Paris in Bewegung setzen, das Stadthaus regieren, im Besitze des Palais-Royal sind und die Bastille genommen haben. Ich habe die Gesichter meiner alten Bundesbrüder erkannt. Täuschen Sie sich nicht, Madame, alle Ereignisse der jüngsten Zeit sind keine Ereignisse des Zufalls, es sind seit langer Zeit vorbereitete Aufstände.
Oh! Sie glauben! Sie glauben, mein Freund! rief die Königin, in Thränen zerfließend.
Weinen Sie nicht, Madame, begreifen Sie! sagte der Graf.
Ich soll begreifen! ich soll begreifen! fuhr Marie Antoinette fort; ich, die geborene Gebieterin von fünfundzwanzig Millionen Menschen, soll es begreifen, wenn diese fünfundzwanzig Millionen Unterthanen, die bloß da sind, um mir zu gehorchen, sich empören und meine Freunde töten! Nein, ich werde das nie begreifen.
Sie müssen es aber begreifen; denn von diesen Unterthanen, die Ihnen gehorchen sollen, sind Sie, sobald dieser Gehorsam ihnen zur Last wird, eine Feindin geworden; und bis diese widerwillig Gehorchenden die Macht besitzen, Eure Majestät zu verschlingen -- wozu sie bereits ihre hungrigen Zähne wetzen -- verschlingen sie Ihre Freunde, die noch mehr verhaßt sind als sie.
Und finden Sie vielleicht, daß die Leute recht haben, Herr Philosoph? rief gebieterisch die Königin, das Auge weit aufgerissen, die Nasenflügel bebend.
Ach! ja, Madame, sie haben recht, antwortete der Graf mit seinem sanften, liebevollen
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