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Ange Pitou, Band 2

Titel: Ange Pitou, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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ist.
    Ein Verbrechen!
    Ja, ein Verbrechen, fuhr die Königin fort, denn er ist das Resultat eines Trankes, einer Vergiftung, deren Urheber die menschliche Gerechtigkeit, die ich vertrete, zu erreichen und zu bestrafen wissen wird. Madame, versetzte Gilbert mit derselben Geduld, wenn ich bitten darf, etwas Nachsicht für diejenigen, welche in dieser Welt gefehlt haben.
    Ah! Sie gestehen also?
    Die Königin täuschte sich und glaubte nach der Sanftheit von Gilberts Stimme, er flehe für sich selbst.
    Sie täuschte sich; das war ein Vorteil, den sich Gilbert wohlweislich nicht entschlüpfen ließ.
    Wie! rief er, während er sein entflammtes Auge, unter dem Marie Antoinette ihren Blick wie vor einem blendenden Sonnenstrahl niederzuschlagen genötigt war, weit öffnete.
    Die Königin ward betroffen, strengte sich aber gegen sich selbst an und sagte: Man fragt eine Königin ebensowenig, als man sie verwundet, erfahren Sie dies abermals, Sie, der Sie Ankömmling bei Hofe sind; doch Sie sprachen, wie mir scheint, von denjenigen, welche gefehlt haben, und verlangten Nachsicht von mir.
    Ach! Madame, welches ist das vorwurfsfreie menschliche Geschöpf? Ist es vielleicht dasjenige, welches sich in dem tiefen Rückenschild seines Gewissens so wohl zu verschließen weiß, daß der Blick der andern nicht einzudringen imstande ist? Das ist es, was man häufig die Tugend nennt. Seien Sie nachsichtig, Madame.
    Hernach, versetzte unklug die Königin, hernach giebt es also keine tugendhafte Geschöpfe für Sie, mein Herr, für Sie, den Zögling der Männer, deren Blick die Wahrheit aus der Tiefe der Gewissen hervorholt?
    Das ist wahr, Madame.
    Sie brach in ein Gelächter aus, ohne entfernt darauf bedacht zu sein, die Verachtung, die dieses Gelächter in sich schloß, zu verbergen.
    Oh! ich bitte, mein Herr, rief sie, wollen Sie sich doch erinnern, daß Sie nicht auf einem öffentlichen Platze mit blödsinnigen Bauern oder Patrioten sprechen.
    Ich weiß, mit wem ich spreche, Madame, glauben Sie mir das, erwiderte Gilbert.
    Dann mehr Achtung, mein Herr, oder mehr Geschicklichkeit! Durchgehen Sie selbst Ihr ganzes Leben, sondieren Sie die Tiefen dieses Gewissens, das auch die Männer der Thaten, trotz ihres Genies und ihrer Erfahrung, als ein Gemeingut der Sterblichen besitzen müssen; erinnern Sie sich wohl alles dessen, was Sie niedriges, schädliches, strafbares gedacht, alles dessen, was Sie an Grausamkeiten, an Attentaten, an Verbrechen sogar begangen haben können. Unterbrechen Sie mich nicht, und wenn Sie die Summe von alledem gemacht haben werden, Herr Doktor, so beugen Sie das Haupt, werden Sie demütig, nähern Sie sich nicht mit diesem frechen Stolz der Wohnung der Könige, die wenigstens bis zu einer neuen Ordnung der Dinge -- von Gott eingesetzt sind, um die Seelen der Verbrecher zu ergründen, die Falten der Gewissen zu erforschen und ohne Mitleid, wie ohne Appellation, die Strafen auf die Schuldigen anzuwenden ... Das ist es, mein Herr, was sich für Sie zu thun geziemt, fuhr die Königin fort. Man wird Ihnen für Ihre Reue Dank wissen. Glauben Sie mir, das beste Mittel, eine Seele, die so krank ist, wie die Ihrige, zu heilen, wäre, in der Einsamkeit zu leben, fern von den Größen, die den Menschen falsche Ideen von ihrem eigenen Werte geben. Ich würde Ihnen also raten, sich nicht dem Hofe zu nähern und darauf zu verzichten, den König bei seinen Krankheiten zu pflegen. Sie haben eine Kur zu machen, für die Ihnen Gott mehr Dank wissen wird, als für irgend eine fremde Kur: Ihre eigene. Das Altertum hatte ein Sprichwort hierüber: Ipse cura medici .
    Statt sich gegen diesen Vorschlag zu empören, den dieKönigin als den unangenehmsten der Schlüsse betrachtete, antwortete Gilbert mit sanftem Ton: Madame, ich habe schon alles gethan, was mir Eure Majestät zu thun empfiehlt.
    Und was haben Sie gethan, mein Herr?
    Ich habe nachgedacht.
    Ueber Sie selbst?
    Ueber mich, ja, Madame.
    Und in Beziehung auf Ihr Gewissen?
    Besonders in Beziehung auf mein Gewissen, Madame.
    Glauben Sie dann, ich sei hinreichend von dem unterrichtet, was Sie darin gesehen haben?
    Ich weiß nicht, was mir Eure Majestät sagen will, doch ich vermute es; wie oft muß ein Mensch von meinem Alter Gott beleidigt haben!
    Wahrhaftig, Sie sprechen von Gott?
    Ja. Warum nicht?
    Ein Philosoph! Glauben die Philosophen an Gott?
    Ich spreche von Gott und glaube an ihn.
    Und Sie entfernen sich nicht?
    Nein, ich bleibe, Madame.
    Herr Gilbert, nehmen Sie sich in

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