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Ange Pitou, Band 3

Titel: Ange Pitou, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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daß sein Bruder um etwas bat.
    Auf diese Bitte nickte die Königin einwilligend mit dem Kopf, machte plötzlich die Kokarde, die sie an ihrer Haube trug, los und gab sie dem jungen Mann.
    Charny schauerte, streckte den Arm aus und war nahe daran einen Schrei von sich zu geben.
    Es war nicht einmal die weiße Kokarde, die französische, was die Königin ihrem unklugen Kavalier bot. Es war die schwarze Kokarde, die österreichische, die feindliche Kokarde.
    Was die Königin diesmal gethan hatte, war mehr als eine Unvorsichtigkeit, es war ein Verrat.
    Und dennoch waren alle diese armen Fanatiker so wahnsinnig, daß, -- als ihnen Georges von Charny die schwarze Kokarde darbot, sie die ihrige von sich warfen, und mit Füßen traten.
    Und dann wurde die Berauschung so heftig, daß die hohen Gäste des Regiments Flandern, wenn sie nicht unter Küssen erstickt werden oder diejenigen, welche vor ihnen niederknieten, mit den Füßen treten wollten, wieder den Weg nach ihren Gemächern einschlagen mußten.
    Alles dieses wäre ohne Zweifel nur eine französische Tollheit gewesen, die zu verzeihen die Franzosen stets geneigt sind, wäre die Orgie beim Enthusiasmus stehen geblieben; aber der Enthusiasmus war bald überschritten.
    Mußten gute Royalisten nicht, indem sie den Krieg liebkosten, die Nation ein wenig kratzen?
    Diese Nation, in deren Namen man dem König so viel Schmerz bereitete, daß die Musik berechtigt war zu spielen:
    Peut on affliger, ce qu'on aime!
    Bei dieser Melodie gingen der König, die Königin und der Dauphin weg.
    Kaum waren sie abgegangen, als die Gäste, einer den andern anfeuernd, den Bankettsaal in eine im Sturm eroberte Stadt verwandelten.
    Auf ein von Herrn Perseval, dem Adjutanten des Herrn d'Estaing, gegebenes Zeichen, blasen die Trompeten zum Angriff.
    Zum Angriff gegen wen? Gegen den abwesenden Feind.Gegen das Volk.
    Diese Musik zum Angriff, so süß für das französische Ohr, war so täuschend, daß es möglich ward, den Opernsaal von Versailles für ein Schlachtfeld und die schönen Damen, die von den Logen dieses für das Herz so angenehme Schauspiel betrachteten, für den Feind halten zu lassen.
    Der Schrei: Sturm! erscholl von hundert Stimmen ausgestoßen, und die Ersteigung der Logen begann. Es ist wahr, die belagernde Menge war in einer so wenig schreckenerregenden Stimmung, daß ihnen die Belagerten die Hände reichten.
    Der erste, der den Balkon erstieg, war ein Grenadier vom Regiment Flandern. Herr von Perseval riß ein Kreuz von seinem Knopfloch und dekorierte ihn.
    Und dies alles geschah unter den österreichischen Farben, mit einem Gebrülle gegen die nationale Kokarde.
    Da und dort wurden einige dumpfe, verhängnisvolle Rufe hörbar. Aber bedeckt durch das Toben der Sänger, durch die Vivats der Belagernden, strömten diese Geräusche drohend bis zu den Ohren des Volkes zurück, das anfangs erstaunend, dann sich entrüstend, beim Thore horchte.
    Da erfuhr man außen auf dem Platze, dann in den Straßen, die schwarze Kokarde habe die Stelle der weißen eingenommen, und die dreifarbige sei mit Füßen getreten worden.
    Man erfuhr, daß ein braver Offizier der Nationalgarde, der trotz der Drohungen seine dreifarbige Kokarde beibehalten hatte, in den Gemächern des Königs schwer verwundet worden sei.
    Dann wiederholte man unbestimmt: ein einziger Offizier, unbeweglich traurig, am Eingang des ungeheuren Saales stehend, der in einen Zirkus verwandelt war, wo alle diese Wütenden sich durcheinander drängten und stießen, habe geschaut, gehorcht, sich sehen lassen; er habe als redliches Herz und unerschrockener Soldat, der gewaltigen Majorität sich unterwerfend, fremde Sünden sich aufladend, die Verantwortung für alles übernommen, was das Heer, durch die Offizieredes Regiments Flandern repräsentiert, in diesen unseligen Tagen an Exzessen beging. Doch der Name dieses Mannes, des einzigen Weisen unter so vielen Narren, wurde nicht einmal ausgesprochen, und wäre er ausgesprochen worden, so hätte man doch nie geglaubt, daß der Graf von Charny, der Günstling der Königin, gerade derjenige war, welcher, bereit für sie zu sterben, unter ihrem Benehmen gerade am schmerzlichsten gelitten hatte.
    Die Königin war ganz betäubt vom Zauber dieser Scene in ihre Gemächer zurückgekehrt.
    Sie wurde hier bald von der Menge ihrer Höflinge und Schmeichler überfallen.
    Sehen Sie, sagte man zu ihr, sehen Sie, was der wahre Geist Ihrer Truppen ist! Sehen Sie, wenn man Ihnen von der Volkswut

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