Ange Pitou, Band 3
in den Geistern zurückgelassen: sein Helm und sein Säbel waren denen, die ihn im Zustande einer leuchtenden Erscheinung gesehen, im Gedächtnis geblieben.
Daher umgaben ihn die Einwohner von Haramont auch mit allen Zeichen der Hochachtung und baten ihn, seine kriegerische Rüstung niederzulegen und sein Zelt unter den vier Linden aufzuschlagen, die den Platz des Dorfes beschatteten.
Pitou ließ sich um so leichter herbei, hiezu einzuwilligen, als es seine Absicht war, seinen bleibenden Aufenthalt in Haramont zu nehmen. Er nahm daher zum Obdach ein Zimmer an, das ein kriegerisch Gesinnter des Dorfes ganz möbliert an ihn vermietete.
Möbliert mit einem Bett von Brettern, mit einem Strohsack und einer Matratze; möbliert mit zwei Kästen, einem Tische und einem Wasserkrug.
Das Ganze wurde vom Eigentümer selbst jährlich zu sechs Livres, das heißt zum Preise von zwei Schüsseln Hahn mit Reis angeschlagen.
Nachdem dieser Preis festgestellt war, nahm er Besitz von der Wohnung, wobei er denen, die ihn begleitet hatten, zu trinken bezahlte, und da ihm die Ereignisse nicht weniger als der Aepfelwein zu Kopf gestiegen waren, so hielt er ihnen auf der Schwelle seiner Thüre eine Rede.
Sie war ein großes Ereignis, diese Rede von Pitou; es bildete auch ganz Haramont einen Kreis um das Haus.
Pitou war ein wenig Gelehrter und kannte dies Schönreden; er wußte die acht Worte, mit denen zu jener Zeit die Ordner der Nationen, wie sie Homer nannte, die Volksmassen in Bewegung setzten.
Von Herrn Lafayette bis Pitou war es allerdings weit, aber von Haramont bis Paris, welche Entfernung!Moralisch gesprochen, wohl verstanden!
Pitou debütierte mit einem Eingang, mit dem sogar der Abbé Fortier nicht unzufrieden gewesen wäre.
Bürger, sprach er, Mitbürger, dieses Wort ist süß auszusprechen, ich habe es schon zu andern Franzosen gesagt, denn alle Franzosen sind Brüder; hier glaube ich es aber zu wahren Brüdern zu sagen, und ich finde in meinen Landsleuten von Haramont eine ganze Familie.
Die Frauen, -- es fanden sich einige unter den Zuhörern, und das waren nicht die am besten gestimmten -- Pitou hatte noch zu dicke Kniee und zu kleine Waden, um mit dem ersten Blick ein weibliches Auditorium für sich einzunehmen, -- die Frauen dachten bei dem Worte Familie an den armen Pitou, das Waisenkind, an diesen armen Verlassenen, der seit dem Tode seiner Mutter sich niemals satt gegessen hatte. Und das Wort Familie von diesem Jungen ausgesprochen, der keine hatte, bewegte bei mehreren von ihnen die empfindliche Fiber, die den Thränenbehälter schließt.
Nachdem der Eingang beendigt war, fing Pitou die Erzählung, den zweiten Teil seiner Rede an.
Er sprach von seiner Reise nach Paris, von den Aufständen mit den Büsten, von der Einnahme der Bastille und der Rache des Volks. Er schlüpfte leicht über den Anteil weg, den er am Kampfe auf dem Platze des Palais-Royal und im Faubourg Saint-Antoine genommen hatte; doch je weniger er sich rühmte, desto mehr wuchs er in den Augen seiner Landsleute.
Nachdem die Erzählung beendigt war, kam Pitou zur Beweisführung, dieser zarten Operation, an der Cicero den wahren Redner erkannte.
Er bewies, daß die Leidenschaften des Volks gerade durch die Aufkäufer erregt worden waren. Er sagte ein paar Worte von den Herren Pitt, Vater und Sohn; er erklärte die Revolution durch die dem Adel und der Geistlichkeit bewilligten Privilegien; er forderte endlich das Volk von Haramont auf, insbesondere zu thun, was das französische Volk im allgemeinen gethan hatte: nämlich, sich gegen den allgemeinen Feind zu vereinigen.Dann ging er von der Beweisführung zum Schluß durch eine von jenen erhabenen Bewegungen über, die allen großen Rednern gemein sind.
Er ließ seinen Säbel fallen, und indem er ihn wieder aufhob, zog er ihn scheinbar aus Unachtsamkeit aus der Scheide.
Das gab ihm den Text zu einem aufrührerischen Antrag, der nach dem Beispiel der Pariser alle Einwohner der Gemeinde zu den Waffen rief.
Die enthusiastischen Haramonter antworteten kräftig. Die Revolution wurde im Dorfe verkündet und mit Zujauchzen begrüßt.
Die Leute von Villers-Cotterets, die der Versammlung beigewohnt hatten, gingen, das Herz angeschwollen vom patriotischen Sauerteig, weg und sangen auf eine für die Aristokraten höchst bedrohliche Weise und mit einer unbändigen Wut:
Vive Henri quatre!
Vive ce roi vaillant!
Rouget de l'Isle hatte die Marseillaise noch nicht komponiert, und die Föderierten von 90
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