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Angeklagt - Dr. Bruckner

Titel: Angeklagt - Dr. Bruckner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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über Euthanasie schreibt!« Professor Bergmann begann sich zu erregen. »Vergessen wir es. Wenn das Ihr ganzer Kummer ist, dann möchte ich Ihre Sorgen haben.«
    »Ich möchte kündigen, Herr Professor!« Es war Dr. Bruckner sehr schwergefallen, diese Worte auszusprechen. Für ihn brach eine Welt zusammen.
    Er hatte zu Boden geschaut, als er die Kündigung aussprach. Es wäre ihm nicht möglich gewesen, Professor Bergmann dabei anzuschauen. Doch als der alte Herr kein Wort antwortete und das Schweigen schließlich unerträglich wurde, blickte Dr. Bruckner auf. Er wußte nicht, wie er den Gesichtsausdruck des Professors deuten sollte. Der alte Herr schaute ihn fassungslos an. Es war, als ob auch für ihn die Welt zusammengebrochen wäre.
    »Sie wollen – was?« entfuhr es ihm schließlich, als sich sein Blick mit dem Dr. Bruckners traf.
    »Ich will kündigen. Unter diesen Umständen halte ich es nicht für richtig, länger an der Klinik zu bleiben. Ich schade Ihnen nur. Der Ruf der Bergmann-Klinik leidet. Jeden Tag sagen Patienten ab, die bereits zu einer Operation angemeldet waren – nur weil sie fürchten, daß sie hier vielleicht auch –«, er mußte seine ganze Kraft zusammennehmen, um das Wort auszusprechen, »umgebracht werden.«
    »Was sagen Sie da?« Des alten Professor Bergmanns Stimme grollte. Er stützte sich auf die Tischkante, stand auf, griff nach seinem Krückstock und ging um den Schreibtisch herum. Als Dr. Bruckner ebenfalls aufstehen wollte, legte er ihm die Hand auf die Schulter und drückte ihn in den Stuhl hinein.
    »Sitzen bleiben!« Er lehnte sich gegen die Lehne des Sessels. »Ich weiß nicht, was mit dieser Klinik los ist!« Professor Bergmann machte ein paar Schritte im Zimmer auf und ab. Die Gummizwinge seines Krückstocks klopfte im rhythmischen Takt auf den Boden.
    Thomas Bruckner war nun doch aufgestanden. Er umklammerte die Stuhllehne mit beiden Händen, als könne sie ihm eine Stütze geben.
    Er hätte nicht sagen können, wie lange die Wanderung des Professors gedauert hatte. Dieser humpelte schließlich zum Fenster, schaute in den Garten hinaus und sprach gegen die Scheibe, als führe er ein Selbstgespräch: »Und wenn ich die Kündigung nicht annehme?«
    »Sie müssen es tun, Herr Professor!« Dr. Bruckner war zu ihm getreten, stand einen Schritt entfernt und konnte das alte gütige Gesicht in der spiegelnden Scheibe undeutlich erkennen. »Es ist nicht nur der Klinik wegen, Herr Professor, daß ich gehe. Es ist auch meinetwegen. Glauben Sie mir, daß ich es nicht mehr aushalten kann, hier zu sein. Es geht einfach nicht mehr. Das Mißtrauen, das mir überall entgegenschlägt, zermürbt. Ich wage mich ja nicht mehr auf die Straße. Die Leute kennen mich. Man tuschelt, wenn ich vorbeikomme, zeigt mit dem Finger auf mich, wenn ich nicht hinschaue.« Bruckner redete sich in eine gewisse Aufregung hinein. Er mußte sich das, was ihn zutiefst bewegte, von der Seele reden, um nicht von dem Unrecht, das ihn umgab, erstickt zu werden.
    Professor Bergmann drehte sich langsam um. Er lehnte sich gegen das Fenstergitter. »Sie wollen uns also verlassen?« Seine Stimme klang müde. Es hörte sich an, als ob er von dem liebsten Menschen, den er besaß, nun auf ewig Abschied nehmen müsse.
    »Ich will nicht, Herr Professor – ich muß«, korrigierte ihn Dr. Bruckner.
    »Was heißt hier müssen!« Professor Bergmann ging an den Schreibtisch zurück und schlug auf die Tischplatte. »Niemand muß müssen! Es liegt in Ihrer freien Entscheidung, ob Sie bleiben oder nicht. Ich bedauere es sehr, wenn Sie gehen.« Er stützte den Kopf in die Hände. »Sie haben drei Monate Kündigungsfrist, nicht wahr?«
    »Ja – und ich möchte Sie bitten, mich in diesen drei Monaten zu beurlauben. Ich möchte nicht mehr an die Klinik zurückkommen. Es geht nicht mehr. Bitte – verstehen Sie mich!«
    Professor Bergmann setzte sich. Er fuhr sich mit der Hand durch die weißen Haare. Sein Blick ruhte auf Dr. Bruckner und wollte sagen, daß er nicht verstand, was sein zweiter Oberarzt ihm da gesagt hatte.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag!« Professor Bergmann deutete auf den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch. »Aber nehmen Sie Platz. Sie jagen mir ja Minderwertigkeitskomplexe ein, wenn Sie so vor mir stehen.« Er versuchte, seiner Stimme einen scherzhaften Ton zu geben, aber er mißlang ihm vollkommen. Es hörte sich nun an, als ob er schluchze.
    »Sie wissen, daß Sie mir mein liebster Assistent waren. Ich

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