Angel 01 - Die Engel
vollständig, und in ihr tobte ein Konflikt, den sie nicht allein unter Kontrolle halten konnte. Ihr wurde gestattet, ihre Familie bei ihren abendlichen Aktivitäten zu beobachten, aber mehr nicht. Sie durfte sich nicht zeigen oder ihnen etwas von ihrer Anwesenheit verraten.
Als sie sich genug gequält hatte, rutschte Petra von der Mauer und stakste durch den Müll im Hof, um wieder über den Zaun zu klettern. Sie ließ sich auf der anderen Seite fallen und wischte sich gerade die Hände mit einem Taschentuch ab, als neben ihr eine Gestalt auftauchte. Sie schnappte überrascht nach Luft und wich einen Schritt zurück.
» Was für ein Spiel spielen Sie eigentlich?«, fragte eine amerikanische Stimme.
Petra schluckte schwer. » Sind wir also wieder beim Sie, Lieutenant Peters?« Wut verdrängte den Schreck, und Petra erwiderte abweisend: » Haben Sie mich verfolgt?«
» Ja, und ich werde mich nicht dafür entschuldigen«, sagte Dave. » Ich wollte herausfinden, in was für eine Sache sich mein Freund da hineinmanövriert hat …«
» Hier können wir nicht reden«, unterbrach sie ihn und trat an ihm vorbei aus der Gasse in die Seitenstraße. » Lassen Sie uns irgendwo einen Kaffee trinken.«
» Ich will nur wissen, ob …«
» Nicht jetzt«, fauchte sie und ging weiter.
Er folgte ihr schweigend und passte sich ihrem leichten Trab an, bis sie auf der Hauptstraße waren. Sie winkte ein Taxi heran und er setzte sich neben sie. Sie nannte dem Fahrer eine Adresse am Nordufer des Flusses, ein Café an der Ecke von The Strand.
Als sie sich dort an einenTisch gesetzt hatten und jeder einen Kaffee vor sich stehen hatte, sagte sie: » Also, was genau wollen Sie über mich wissen? Ich bin mir nicht sicher, ob Sie überhaupt das Recht haben, irgendetwas über mich zu erfahren, aber wenn Sie mich höflich fragen, bekommen Sie vielleicht eine Antwort von mir.«
Er starrte sie kalt an. » Zunächst einmal will ich wissen, was genau Sie von Danny wollen.«
» Ich dachte, das sei offensichtlich gewesen. Ich habe mich in ihn verliebt. Er ist ein wundervoller Mensch.«
» Es fällt mir schwer, das zu glauben.«
Sie zog eine Augenbraue hoch. » Dass Danny ein wundervoller Mensch ist?«
» Nein, dass Sie dieser Meinung sind.«
Lächelnd nippte Petra an ihrem Kaffee. » Sie meinen, ich könnte doch jeden Kerl haben, warum sollte ich also einen kleinen, kahlköpfigen Mann wählen, der eine Schwäche für Nutten hat und ständig zur Beichte geht?«
Diesmal hob er eine Augenbraue, nickte aber. » Ja, so etwas in der Art.«
» Tja, die Wahrheit sieht folgendermaßen aus, Lieutenant Peters: Menschen wie ich, die mit außergewöhnlicher Schönheit gesegnet sind – ja, da gebe ich mich keiner falschen Bescheidenheit hin –, sind oft sehr einsam. Wir sind immer noch nur Menschen, Menschen die wie jeder andere auch eine Beziehung brauchen und auf der Suche nach ihrem Seelenverwandten sind. Glauben Sie es oder nicht, aber Danny und ich sind seelenverwandt. Mir ist völlig egal, wie er aussieht – das ist für mich einfach nicht wichtig. Wenn ich ein hübsches Jüngelchen oder einen Muskelprotz wollte, hätte ich eines der männlichen Models nehmen können, mit denen ich gearbeitet habe. Die sind allerdings normalerweise so hohlköpfig wie Schaufensterpuppen, und deswegen wären sie nichts für mich gewesen. Danny ist genau das Gegenteil. In seinem Kopf stecken so viele, strahlende Gedanken. Das ist doch nur logisch, oder?«
» Bis zu einem gewissen Grad schon, aber ich hätte Danny jetzt auch nicht gerade als elektrifizierende Persönlichkeit bezeichnet.«
» Das liegt daran, dass Sie ein Mann sind, und noch dazu nicht gerade ein spiritueller.«
Dave schaute säuerlich. » Das nehme ich Ihnen jetzt aber übel.«
» Das können Sie gerne machen«, erwiderte Petra, » aber es ist wahr. Im Vergleich zu Danny, der ein sehr spiritueller Mann ist, haben Sie auf diesem Gebiet wenig zu bieten. Dieser Spitzname, den Sie tragen, Mutter Teresa, passt meiner Meinung nach überhaupt nicht. Sie sind pragmatisch, wahrscheinlich auch liebenswürdig und großzügig, und ich weiß, dass Sie intelligent und manchmal ziemlich emotional sind, aber Sie sind nicht spirituell – in dieser Hinsicht fehlt Ihnen jede Tiefe. Ich würde nicht den Begriff oberflächlich benutzen, weil das so nicht stimmt, aber ihre Tiefen liegen nicht im metaphysischen Bereich.«
Dave fühlte sich brüskiert. Er hielt sich in spiritueller Hinsicht für genauso firm wie
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