Angel 01 - Die Engel
Notruf abgesetzt, als eines der Triebwerke Feuer gefangen hat. Das Feuer hat sich über den Flügel ausgebreitet. Die letzte Meldung des Piloten besagte, dass sie an Höhe verloren.«
Dave vergrub das Gesicht in den Händen. » Oh, Gott«, stöhnte er. » Meine Schuld. Ich habe Danny befohlen, nach Hause zu fliegen. Ich habe ihn umgebracht.«
Lloyds Stimme wurde kräftiger, als er sagte: » Reden Sie keinen Unsinn, Lieutenant. Es wundert mich wirklich, von einem Pragmatiker wie Ihnen so etwas zu hören. Sie wissen ganz genau, dass Sie unmöglich vorhersehen konnten, dass die Passagiermaschine abstürzen würde …«
Dave schaute hoch, blind vor plötzlich aufflammender Wut: » Warum müsst ihr Oberschichttucken eigentlich immer so gespreizte Worte benutzen? Passagiermaschine! Was ist denn falsch an dem richtigen Wort? Es heißt Flugzeug, verdammt. Flugzeug.«
Lloyd erwiderte ruhig: » Schön, dann eben Flugzeug.«
Ihnen war allen klar, dass Daves Wutausbruch ein Symptom seiner Unfähigkeit war, die plötzlich auf ihn einstürmende Trauer zu begreifen, aber es folgte trotzdem ein langes, betretenes Schweigen, bis er schließlich eine Entschuldigung hervorwürgte: » Tut mir leid, Lloyd. Ich wollte einfach nur um mich schlagen.«
» Man hat mich schon schlimmer beschimpft. Aber es ist schon ein seltsames Wort, oder? Tucke? Das hat mich schon immer verwirrt. Wie das zu einem Ausdruck für Homosexuelle werden konnte, ist mir schleierhaft. Falls Sie es jemals rausfinden, würde ich es gerne wissen.«
Dave nickte, immer noch peinlich berührt und in einem Gefühlssturm aus Trauer und Wut gefangen.
Sie tranken jede Menge Kaffee, sprachen über die unwahrscheinliche Möglichkeit, dass es sich um ein Missverständnis handeln könnte, dass Danny vielleicht doch eine andere Maschine genommen haben könnte, dass die Flugnummer der verunglückten Maschine verwechselt worden sein könnte oder man vielleicht noch Überlebende finden würde. Sie redeten über all diese Möglichkeiten, doch sie wussten, dass es keine Hoffnung gab und Danny zusammen mit fünfhundert anderen Passagieren getötet worden war.
Schließlich ging Dave hoch in sein Zimmer, um Vanessa anzurufen. Sie war genauso betroffen wie er. Er wünschte sich, sie könnten zusammen sein, sich gegenseitig festhalten, streicheln, sich körperlichen Halt und Trost geben.
» Ich weiß ja, dass ein Cop immer damit rechnen muss, dass es ihn im Dienst erwischt«, sagte Dave. » Das weiß ich. Aber wenn so etwas passiert, trifft es einen trotzdem genauso hart.«
» Natürlich tut es das«, sagte Vanessa.
» Ich kann es einfach nicht glauben. Ich weiß nicht, was ich tun soll … ich fühle mich völlig hilflos.«
Sie schluchzte leise. » Du kannst nichts tun, außer weitermachen und das zu Ende bringen, was ihr da angefangen habt. Danny würde das verstehen.«
» Wahrscheinlich hast du Recht«, sagte Dave erschöpft. Seine Gefühle hatten ihn völlig ausgelaugt. » Das würde er wohl.«
Manovitch stand auf einem hohen Gebäude und schaute nach Norden. Neben ihm stand ein Mann; er sah elend aus. Bevor Manovitch ihn sich geschnappt hatte, war er ein sanfter Mann gewesen, ein guter Mann, aber er hatte sich für Geld erniedrigt. Er fühlte sich schäbig und abartig, weil er sich an einer Tat beteiligt hatte, auf die er noch einen Tag zuvor mit Wut und Abscheu reagiert hätte. Zugegeben, es war wirklich eine Menge Geld, aber nun, wo es vorbei war, hätte er am liebsten Selbstmord begangen.
» Verschwinde«, sagte Manovitch, » bevor ich dich töte.«
Der Mann ging zur Dachkante, warf Manovitch einen erbärmlichen Blick zu und trat ins Leere. Er schrie nicht einmal, als er die siebzehn Stockwerke tief fiel. Manovitch zuckte mit den Schultern. Seine Kraft war wieder erneuert. Alles andere interessierte ihn nicht.
Manovitch ließ den Blick über die Hauptstadt wandern. Er hatte sich inzwischen seiner Dämonen entledigt, da er sie nicht mehr brauchte. Sie waren wieder in ihre Löcher gekrochen, hatten sich wieder versteckt. Kurzfristig waren sie nützlich für ihn gewesen, aber er wollte seine Aufgabe allein fortsetzen, ohne dabei von ihrer eitlen Dummheit behindert zu werden.
Es stimmte, dass er die Konferenz noch nicht gesprengt hatte, aber er hatte von Anfang an gewusst, dass es keine leichte Aufgabe werden würde. Es war sinnlos, ein oder zwei Teilnehmer zu töten: Das würde die Entschlossenheit der anderen nur stärken. Er musste vielmehr dafür sorgen, dass das
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