Angel 01 - Die Engel
lichterloh, mit der rasanten Intensität von Napalm. Die fettverschmierte Tapete bildete einen Käfig um die zwei Körper, und der Kunststoff der Resopaltische schälte sich ab und rollte sich ein wie ein Lebewesen, bis er ebenfalls verbrannte. Aluminium begann zu schmelzen und in silbernen Flammen und Rinnsalen über den schmelzenden Tresen zu tropfen. Dave musste sich wieder auf die Straße zurückziehen. Eine Minute später explodierte das Fenster und schleuderte Glassplitter in die Menge, die sich langsam bildete – die Leute schrien auf und rannten davon.
Jetzt drangen in dichten Schwaden giftige Dämpfe aus dem Restaurant: gefährliche Gase von Resopal, Plastik und anderen synthetischen Substanzen. Der Gestank brannte in Nasenlöchern und Augen und ließ diejenigen, die zu dicht dran standen, husten und keuchen.
Als die enorme Hitze die brennbaren Materialien auf der anderen Seite der dünnen Wände über ihren Flammpunkt trieb, fingen die benachbarten Geschäfte Feuer. Ziegel wurden pulverisiert und bröckelten und der Mörtel brannte lichterloh, als das Feuer mit gierigen Fingern durch die Zimmerdecke griff und neues Holz fand, um seinen Hunger zu stillen.
Während das Feuer tobte zog Dave Danny weiter zurück, raus aus der Hitzeblase, die das Restaurant umgab. Ein Stück die Straße runter fanden sie einen Hauseingang und drängten sich hinein, um dem glühend heißen Luftkanal zu entkommen. Dicker schwarzer Rauch stieg zwischen den Wolkenkratzern auf und trieb die Menschen in ihren Büros an die Fenster.
Dave hörte, wie in dem Restaurant die Getränkedosen explodierten, als ihr flüssiger Inhalt kochte und sie in kleine Bomben verwandelte. Mit einem Knallen wie von Gewehrschüssen zerbrachen Eisensiebe und Flaschen. Glühende Aschestückchen schwebten durch die Luft und an den Strommasten direkt vor dem Restaurant begannen die Drähte zu schmelzen. Eine schlanke, blaue Stichflamme schoss quer über die Straße – eine Gasleitung war geplatzt und zur Drachenzunge geworden.
Sirenengeheul durchdrang den Lärm auf der Straße. Plötzlich wurde durch eine neue Explosion Schutt auf die Straße geschleudert. Als Dave den Kopf abwandte, sah er in einer Gasse eine Gestalt, direkt gegenüber dem Schauplatz. Es war der Mann, der das Inferno ausgelöst hatte, Jophiel, der unfassbarerweise das Feuer aus sicherer Entfernung beobachtete.
Dave zog seine Waffe, ließ Danny einfach stehen und rannte über die Straße, wobei er fast von einem Löschfahrzeug überfahren wurde. Als er den Eingang der Gasse erreichte, ging Jophiel mit schnellen Schritten durch das dunkle Sträßchen. Er hatte schon fast das Licht am anderen Ende erreicht, als Dave sich auf ein Knie fallen ließ und seine 38er auf ihn anlegte. Zwischen Waffe und Ziel lagen knapp dreißig Meter. Er wusste, dass ihn das seine Marke kosten würde – wenn er einen unbewaffneten Mann niederschoss –, aber er wollte ihn tot sehen. Dieser Mann hatte zugegeben, seine Familie umgebracht zu haben, und sein Tod war jede Bestrafung, die da kommen mochte, wert.
Eine letzte Chance.
» Keine Bewegung, Arschloch!«
Jophiel drehte sich um und schenkte ihm ein Lächeln, das Dave rasend machte.
Wut und Frustration bildeten einen solchen Klumpen in Daves Kehle, dass er die Warnung nicht wiederholen konnte. Als Jophiel sich wieder umdrehte und gehen wollte, drückte Dave ab. Er gab fünf Schüsse auf Jophiels Rücken ab, und bei jedem spürte er, wie die Waffe in seiner Hand zuckte. Die Befriedigung der Rache verschaffte ihm ein warmes Gefühl im Bauch.
Es wurde fast sofort von Ungläubigkeit verdrängt. Er hatte gesehen, wie die Schüsse ihr Ziel fanden, aber die sich immer weiter entfernende Gestalt zeigte keinerlei Reaktion. Ein toter Mann, der einfach weiterging, als wären Pistolenkugeln nichts weiter als Mücken.
Dave dachte: Er trägt eine kugelsichere Weste!
Jophiel war nicht einmal stehen geblieben. Am Ende der Gasse drehte er sich um und sah ihn an. In seiner Verzweiflung zielte Dave sorgfältig und drückte noch einmal ab. Die Kugel traf Jophiel mitten im Gesicht. Jophiel winkte abfällig mit seiner wachsbleichen Hand, dann ging er.
Sechs Schüsse, alle mitten ins Ziel, und kein Ergebnis.
Dave ließ sich auf beide Knie sinken. Übelkeit stieg in seinem Magen auf. In diesem Moment wusste er, dass er es hier mit etwas zu tun hatte, das sich weit außerhalb seiner Kontrolle bewegte. Er wollte Rache, aber wie sollte er die bekommen, wenn der Mörder sich
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