Angel City Love (German Edition)
Reporter vor dem berühmten Getty-Center-Kunstmuseum auf dem Hügel, während sich unter ihm Beverly Hills ausbreitete. Aufgeregt berichtete er von einer topaktuellen Rettungsaktion. Spektakuläre Aufnahmen von einer Angelcam flackerten über den Bildschirm: Ein Schutzengel riss soeben die Cockpittür eines abstürzenden Helikopters auf, dessen Rotoren sich während des Flugs festgefressen hatten, und zog den Piloten heraus. Sie brachten sich gerade noch in Sicherheit, kurz bevor der Hubschrauber auf einer unbewohnten Fläche knapp oberhalb des Santa Monica Freeways in den Hang krachte und sofort in Flammen aufging. Der Schutzengel brachte seinen Schützling vor dem strahlend weißen Getty-Center-Museum oben auf dem Hügel in Sicherheit, wo sie bereits von einer ganzen Flotte heulender Krankenwagen erwartet wurden. Die Feuerwehr eilte los, um die lodernden Flammen im Gebüsch am Abhang zu bekämpfen. Jetzt gab der Engel bereits auf dem offenen Vorplatz des Museums mit seinem weißen Marmor Interviews, wobei sein Hemd nur noch in Fetzen an ihm klebte, sodass ein Großteil seines muskulösen Oberkörpers entblößt war. Die Flügel hatte er immer noch ausgebreitet. In der Ferne stieg Rauch auf. Ringsum versammelten sich auch schon die ersten Fans, die ihm etwas zuriefen und Fotos machten. Einige von ihnen hatten sich über ihre Smartphones bei SaveTube eingeloggt, um sich den Clip des eben Geschehenen gleich noch mal anzusehen und um vielleicht auch noch weitere Aufnahmen zu finden. Ethan wirkte frustriert.
»Wenn ich solche Rettungsaktionen sehe, dann denke ich nie an den Engel. Oder an die Person, die gerettet wurde. Ich denke an all die anderen Menschen. Leute, die vielleicht verletzt wurden. Leute, die möglicherweise sogar getötet wurden. Verdienen sie es nicht auch, dass man sie rettet?«
Er sah von seiner Tasse auf und schaute direkt in Maddys Augen. Maddy erwiderte seinen Blick, doch auch wenn er sie auffordernd ansah, als wartete er auf eine Reaktion, blieb sie stumm, als hätte es ihr die Sprache verschlagen. Nach einer weiteren Minute fing Ethan an zu grinsen. »Tut mir leid. Ich häng wohl viel zu viel mit Tyler rum.«
»Es wäre sicher einfacher, sie zu ignorieren – die Engel meine ich«, sagte Maddy nun. Sie dachte dabei an Jackson und wählte ihre Worte mit Bedacht, »wenn nicht alle die ganze Zeit von ihnen reden würden.«
»Ich bin echt froh, dass du das auch so siehst wie ich«, sagte Ethan, ohne seinen Blick von ihr zu lösen. Wurde er etwa rot? »Was ich damit meine, ist, mir war klar, dass wir vieles gemeinsam haben.«
Jetzt war es an Maddy, rot zu werden. Ethan, der ihr Unbehagen spürte, stand auf.
»Tja, ich muss dann los. Danke noch mal für den Kaffee.«
»Jederzeit wieder«, stieß Maddy hervor und nahm ihm die Tasse ab.
»Ach, noch eins: Ich bin eigentlich auch vorbeigekommen, um dir zu sagen, ich hoffe echt, dass du es zu meiner Party schaffst«, sagte er sanft. Dabei beugte er sich zu ihr, damit sie ihn über den Geräuschpegel der Gäste hinweg verstehen konnte. Dann ging er.
Maddy blickte ihm hinterher, bis er verschwunden war.
Vielleicht würde sie Jackson Godspeed ja doch vergessen können.
Als Kevin den Laden endlich schloss, hatte Maddy sich fast die Füße wund gelaufen. Und ihre Nerven lagen blank. Ihr Onkel saß im Büro und beschäftigte sich mit der Abrechnung.
»Das war der beste Abend … der beste aller Zeiten unter der Woche«, verkündete er, während er Zahlen in den Taschenrechner tippte. Er sah auf und blickte sie über den Rand seiner Brille an. »Genau genommen der beste Abend überhaupt.«
»Schlaf gut, Kevin«, sagte sie und ging an ihm vorbei. Trotz allem freute sie sich mit ihm. Sie verließ das Restaurant durch die Hintertür und lief über den Hof zum angrenzenden Haus. Es war eine ungewöhnlich klare Nacht in Angel City, ein leichter, frischer Herbstwind fegte durch die Straßen. Maddy ging direkt nach oben auf ihr Zimmer, schälte sich aus ihrer Kellnertracht und zog ein altes T-Shirt an, ein Marken-Shirt mit Spitzen dran, das sie noch mit dem ursprünglichen Preisschild in einem Secondhandladen entdeckt hatte. Inzwischen hatte sie es so oft getragen, dass es schon völlig ausgeleiert war. Ihre beste Jeans war nach der Wäsche endlich trocken, und so legte sie sie über die Lehne ihres Schreibtischstuhls, zusammen mit ihrem grauen Hoodie. Sie bekam nicht oft neue Klamotten, daher achtete sie penibel auf die wenigen Sachen, die sie hatte –
Weitere Kostenlose Bücher