Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
meinem Inneren. Mit vier langen Schritten stürze ich mich auf ihn, packe ihn am Hemd und ramme ihn gegen die Wand. «Lass Taylor in Ruhe!»
Er zieht die Augenbrauen hoch. «Du kannst nicht alle Sterblichen für dich behalten, Lucifer.»
Ich schaue zu Lili und hoffe, dass sie zu sehr mit Taylor beschäftigt war, um Marchosias’ Worte zu hören. Sie und Frannie helfen Taylor in den dunklen Raum, wo die Party stattfindet. Ich knalle Marchosias noch einmal gegen die Wand. «Rühr sie bloß nicht noch einmal an!»
«Du kommst zu spät. Ich habe mich ihr gezeigt.» Seine menschliche Hülle schimmert, als seine dämonische Gestalt hindurchblitzt – brennende rote Augen in einem glatten karmesinroten Gesicht, hagere Züge, der Körper eines Satyrs, mit Hufen und den unerlässlichen schwarzen Kurzhörnern. «Ich habe mich ihr gezeigt, und sie hat trotzdem um mehr gebettelt.»
Ich donnere ihn ein letztes Mal gegen die Wand, zitternd vor Enttäuschung, dass ich nichts tun kann, um ihm wirklich wehzutun. Dann lasse ich ihn los und bewege mich rückwärts aus der Küche. Die anderen hole ich auf dem Weg zur Eingangstür ein. Frannie und Lili haben Taylor in die Mitte genommen und stützen sie. Matt bildet die Nachhut, immer ein Auge auf die Dämonen, die unseren Abgang beobachten.
«Ist alles okay mit ihr?», frage ich, obwohl ich weiß, dass nichts okay ist. Sie ist für die Hölle markiert.
Frannie versucht, die Tränen zu verbergen, die ihr übers Gesicht laufen. Sie antwortet nicht.
«Sie haben irgendetwas genommen. Sie ist ziemlich fertig», erklärt Lili.
Als ich aufschaue, fällt mir auf, dass wir Aufmerksamkeit erregt haben.
Andrus.
Er lehnt im Türrahmen.
«Ihr wollt doch nicht etwa gehen?», fragt er, die Augenbrauen in gespielter Verwunderung hochgezogen.
Wir bewegen uns weiter auf ihn zu, aber er verstellt uns den Weg. Ich schaue über seine Schulter: Draußen, auf dem Bürgersteig, gibt Chax ihm Rückendeckung.
«Lucifer, du und dein … kluger Freund», sein Mund zuckt, als sein Blick zu Matt huscht, «ihr könnt jederzeit gehen. Aber die Damen …» Ein barbarisches Grinsen verzerrt seine Züge. «Die Damen bleiben.» Sein Blick wandert zu Frannie.
«Überleg dir das noch mal», sagt Matt und tritt vor Lili. Elektrische Ladung knistert in der Luft. Ich sehe beinahe, wie sie über Matts Haut tanzt.
Andrus runzelt die Stirn und bedenkt Matt mit einem wütenden Blick. «So eine öffentliche Zurschaustellung? Ehrlich? Bist du dir da auch ganz sicher?»
Im Bruchteil einer Sekunde donnert Matt Andrus gegen die Wand und drückt ihm mit dem Unterarm die Kehle zu. Ozon durchdringt die gewittrige Nachtluft, und sämtliche Härchen auf Andrus’ Armen stellen sich auf.
«Ja», sagt Matt, die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen, das Gesicht ganz dicht vor Andrus.
Chax stürzt sich mit rot glühenden Fäusten auf Matt, aber ich springe dazwischen und packe seinen Arm, verdrehe ihn hinter seinem Rücken und werfe Chax bäuchlings zu Boden.
«Raus hier, Frannie!», brülle ich.
Sie und Lili huschen an Chax vorbei nach draußen, Taylor im Schlepptau. Da bemerke ich, dass Rhenanian unter einer kaputten Straßenlaterne auf der anderen Straßenseite steht.
«Verdammt», flüstere ich.
Frannie wirft einen Blick zurück. «Luc …?»
«Lauft!», schreie ich.
Sie zögert einen Moment, doch Lili lässt sich nicht aufhalten, also folgt Frannie ihr.
Ich drücke Chax das Knie ins Kreuz und spüre, wie seine Kraft unter mir aufbrandet.
Andrus bannt Matt mit Blicken, seine Dämongestalt zuckt durch seine menschliche Hülle. «Ich finde die Gesellschaft, in der du dich heute bewegst, ziemlich unangenehm, Lucifer.»
«Ja, ich auch. Aber ab und an ist er ganz nützlich.»
Ich spähe hinaus. Die Mädels sind fast am Shelby. Ich gebe Matt ein Zeichen, wir lassen die Dämonen los und verlassen das Haus. Matt steigert das Glühen – eine Warnung, die hoffentlich so subtil ist, dass die Sterblichen sie nicht bemerken. Sollte er allerdings anfangen, Blitze abzuschießen, wird das nicht zu übersehen sein. Wir rennen zum Auto, und ich werfe Frannie den Schlüssel zu.
Frannie und Lili verfrachten Taylor auf der Rückbank des Shelby; dann läuft Lili mit Matt zu ihrem Pick-up auf der anderen Straßenseite. Ich schaue noch einmal zum Haus: Rhenanian steht nun mit Andrus und Chax auf dem Bürgersteig. Ich kann es kaum erwarten herauszufinden, was für höllische Gemeinheiten die drei sich als Vergeltung einfallen
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