Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
beim Anschnallen ein Riesengetue, damit er mich nicht ansehen muss.
«Fahrt hinter mir her!», sagt Lili und stellt den Motor an.
Ich sehe Frannie an, als wir Lili vom Parkplatz folgen. «Glaubst du mir jetzt?»
«Was?»
«Matt und Lili. Zwischen den beiden läuft was.»
Sie verzieht abwehrend das Gesicht. «Sie sind befreundet. Na und?»
Ich schüttele den Kopf. «Da ist noch mehr.»
Ihr Blick wandert zu dem ramponierten orangefarbenen Pick-up. «Meinst du?» Sie wirkt nicht besonders bestürzt. Ja, sie scheint sich beinahe darüber zu freuen.
Wir parken am Bordstein und steigen aus. Nicht gerade die beste Gegend. Matt und Lili kommen uns entgegen. Wenig später hält Rhenanian an der Ecke. Ich hoffe, er hat es nicht ausgerechnet heute Abend auf uns abgesehen.
«Bereit?», fragt Lili.
Ich schaue über die Motorhaube zu Frannie und flehe sie stumm an, mit Matt im Auto zu warten.
«Vergiss es!», sagt sie und marschiert auf die dröhnende Musik zu.
Kaum betreten wir den düsteren Raum, wird es trotz der hämmernden Rhythmen deutlich ruhiger. Etwa die Hälfte der Leute dreht die Köpfe in unsere Richtung.
Die meisten Dämonen im Raum kenne ich nicht, aber ihre Augen verraten sie. Ein paar jedoch sind mir bekannt.
Andrus ist hier. Interessant. Der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit ist steinalt. Ich bin nicht überrascht, dass er die Mühsal des Irdischen auf sich nimmt. Seine Leute bemühen sich darum, den ganzen Feuer-und-Schwefel-Mist, den die Kirchen von sich geben, abzuschwächen. Es ist nicht gut, wenn die Sterblichen zu viel Angst vor uns haben.
Die zuckende Menge teilt sich, als er auf uns zukommt.
«Lucifer. Was für eine schöne Überraschung!» Ein amüsiertes Lächeln spielt um seine Lippen, während sein Blick an mir vorübergleitet. «Und du hast Unterhaltung mitgebracht.»
Matt rückt näher an Lili.
«Marchosias hat uns persönlich eingeladen. Die Einladung konnten wir doch nicht ausschlagen, oder?», erwidere ich.
Andere Leute drängen sich um uns und bilden einen engen Kreis. Instinktiv hebt Frannie kampfbereit die Hände. Ich berühre sie am Arm. «Es ist okay.»
«Und das ist deine Freundin.» Andrus streckt die Hand nach Frannies Gesicht aus.
«Wo ist Marchosias?», frage ich und trete vor sie.
Sein Lächeln wird zu einem anzüglichen Grinsen, und er lässt die Hand sinken. «Im Augenblick beschäftigt. Tut mir leid, dass du mit mir vorliebnehmen musst.»
Ein Kichern geht durch die versammelte Menge. Ich greife nach Frannies Hand und schiebe mich an Andrus und seinen Leuten vorbei. Wir sehen uns suchend nach Taylor und Marchosias um. Obwohl die Band spielt, ist er nicht auf der Bühne. Matt tippt mir auf die Schulter und zeigt quer durch den Raum auf die Küchentür. Wir drängen uns durch die Tanzenden.
Frannie keucht auf und erstarrt.
Die einzige Neonröhre in der Lampe an der Decke der Küche, die noch funktioniert, flackert wie ein Stroboskoplicht, aber selbst im flackernden Licht ist die Szene nur allzu deutlich zu erkennen. Sämtliche Schränke sind herausgerissen, zurück blieben nur ein ramponierter Linoleumboden, klaffende Löcher in den Wänden und freiliegende Rohre. Das einzige Möbelstück ist ein abgewetzter Holztisch in der Mitte. Der Tisch ist überhäuft mit Feuerzeugen, Spritzen, leeren Bierflaschen und einer fast geleerten Jack-Daniel’s-Flasche, die offen auf der Seite liegt.
Auf der Tischkante hockt Taylor, zurückgelehnt, den Kopf im Nacken, die Augen geschlossen, den Rock um die Taille.
Und die Beine um Marchosias geschlungen.
Lili prescht vor und zerrt Marchosias von Taylor herunter.
«Was zur Hölle …», brüllt er und zieht den Reißverschluss seiner Jeans zu.
Taylor ist völlig weggetreten – schlaffe Züge, hängende Augenlider, zielloser Blick. Sie sieht sich um, ohne etwas zu sehen, und zieht den Rock herunter. Matt ist neben ihr, als Lili den Arm um Taylor schlingt und ihr vom Tisch hilft.
«O Gott», sagt Frannie und läuft zu Taylor, bevor ich sie aufhalten kann.
Taylor merkt nicht einmal, dass es Frannie ist, die ihr einen Arm um den Rücken legt und sie zu mir bringt.
Als Marchosias aufblickt und mich in der Tür stehen sieht, grinst er breit. «Hätte ich mir doch denken können, dass du die Party verdirbst. Du warst mal richtig gut drauf, Lucifer. Was zum Teufel ist nur aus dir geworden?»
Ich bin total angewidert, wenn ich daran denke, was ich einst war. Heißer Zorn auf Marchosias – und auf mich selbst – brodelt in
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