Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
mir den Mut. Doch ich zwinge mich, weiterzugehen.
Vorsichtig stecke ich den Schlüssel ins Loch, alle Erinnerungen an das ausblendend, was ich das letzte Mal vorgefunden habe, als ich das tat. Als ich eine leise Stimme aus dem Flur höre, fahre ich zusammen.
«Frannie?»
Zittrig und benommen drehe ich mich zu Lili um, die in ihrer Tür steht.
Sie macht vorsichtig einen Schritt auf mich zu. «Ich muss mit dir reden, Fee», sagte sie leise, fast ängstlich.
Ich blinzele und versuche, einen klaren Kopf zu behalten – und sie als das zu sehen, was sie ist: ein Sukkubus und König Lucifers Gemahlin. Aber hier ist sie nur die schüchterne, verängstigte Lili.
Lili, die mit Luc im Bett war.
Mein Puls rast, und ich unterdrücke die aufsteigende Bitterkeit. «Was willst du?»
Sie senkt den Blick. «Er ist nicht da», sagt sie.
Ich ziehe den Schlüssel aus dem letzten Sicherheitsschloss und öffne die Tür. Sie hat recht. Die Wohnung ist leer. Ich wende mich wieder zu ihr um. «Was willst du?», wiederhole ich und habe Mühe, ruhig zu sprechen.
Sie kommt zögernd auf mich zu. «Ich wollte …» Sie beendet den Satz nicht und bleibt vor mir stehen. «Können wir reden?»
Ich öffne die Tür ganz, und sie geht mit hängenden Schultern in die Wohnung. Ich folge ihr und schließe die Tür hinter uns. Noch einmal lasse ich den Blick durch das Zimmer schweifen. Beim Anblick des Bettes kann ich weder den Schmerz in meinem Herzen noch die Tränen unterdrücken. Die Erinnerungen an Luc und unser erstes Mal und an alles, was es zu bedeuten schien, wird überschattet von dem Bild von ihm und Lili. Ich fahre zu ihr herum. «Sag, was du zu sagen hast, und dann lass mich in Ruhe!»
Sie hebt den Blick und geht vorsichtig auf mich zu. «Ich wollte ihn nicht.»
Ich sehe die beiden so deutlich vor mir, als würde es just in diesem Moment passieren. «Was du nicht sagst!»
Sie schaut mir direkt in die Augen, und ich bin überrascht über die Kraft, die plötzlich darin liegt. Und noch etwas. Heiß und stetig … und uralt. «Ich will dich.»
Plötzlich werde ich von lähmender Begierde erfasst. Lili kommt auf mich zu und schmiegt sich an mich. Ich schließe die Augen. Ekstase durchfährt meinen Körper. Ich spüre Lilis heißen Atem auf der Wange und stöhne, während ich zur Tür zurückweiche. Aber dann legt Lili die Hände liebkosend um mein Gesicht. Ihre Finger fahren über meine Wangenknochen, meine Nase, meine Lippen. Ich öffne die Augen und bin gebannt. Mein Puls rast, aber nicht nur vor Angst.
Ich atme stoßweise ein, als der Raum sich zu drehen beginnt. Dann verschwimmt alles. Sie küsst mich. Ein elektrisierendes Prickeln erfasst mich. Als Lili sich von mir lösen will, erlaube ich es nicht. Ich spüre ihren lächelnden Mund auf meinen Lippen, als meine Arme sie nicht mehr wegschieben, sondern festhalten.
«So ist gut. Lass dich fallen!», wispert sie.
Bei ihren Worten denke ich an Luc – wie er sich in ihr verloren hat. Ich spüre, dass etwas – schwarz, hässlich, alt – in mir aufbegehrt und die Kontrolle übernehmen will.
Ich ziehe mich zurück und schüttele den Kopf, denn meine Alarmglocken schrillen. Instinktiv packe ich ihren Arm und verdrehe ihn hinter ihrem Rücken.
Aber sie entwindet sich rasch meinem Griff und sucht Abstand. «Es muss nicht so sein, Fee. Du weißt nicht, wer ich bin … was ich für dich tun kann.»
«Wage es nicht, mich so zu nennen!», knurre ich. Neue Kraft steigt in mir auf, während ich das wahre Objekt meines unermesslichen Zorns mit starrem Blick zwinge, die Augen niederzuschlagen. «Und ich weiß sehr wohl, wer du bist, Lilith .»
Kalt erwischt. Sie zieht ein langes Gesicht, und Tränen schimmern in ihren Augen. «War das Gabriel? Was hat er dir erzählt?»
«Es war nicht Gabe.» Ich erinnere mich an das Gesicht meines Vaters, als er mir von Lilith erzählte und wie er seine Flügel an sie verlor.
Sie senkt den Blick. «Daniel», flüstert sie, als könne sie meine Gedanken lesen. Sie sieht mich wieder an; ihre Augen sind voller Schmerz. «Er hat mir viel bedeutet. Mein erster Engel.»
Ich wende mich ab, bevor sie mich wieder hypnotisieren kann. Wut kocht in mir hoch. Aber dann erinnere ich mich an die Traurigkeit in ihrer Miene, als sie meinem Vater einmal in der Garage begegnet ist, und ich glaube ihr beinahe. Gefühle überwältigen mich – Kummer, Mitleid, Scham, Lust –, bis in meinem Kopf ein einziges Chaos herrscht.
«Viel bedeutet?», fahre ich auf. «Was
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