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Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)

Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)

Titel: Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Desrochers
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nicht überleben. Ich schaue in seine Augen und erkenne nichts als Liebe und Weisheit. «Ich – ich habe Matt getötet.»
    Mein Großvater schweigt. Wieder fange ich an zu weinen. Daraufhin schließt er mich in seine Arme, und ich fühle mich so aufgehoben wie schon lange nicht mehr. Erschöpft schließe ich die Augen. Als ich sie wieder öffne, hält Großvater mich noch immer. Ich hole tief Luft – und erzähle ihm alles.
    Als ich fertig bin, sagt er für lange Zeit kein Wort. Da weiß ich, dass ich alles zwischen uns zerstört habe. Denn mein Großvater hat erkannt, was für ein Mensch ich bin, und deshalb wird es nie mehr wie früher sein. Schließlich hebt er mein Kinn an und sieht mir fest in die Augen. «Und das hast du die ganze Zeit mit dir herumgeschleppt?»
    Er hasst mich tatsächlich. Nicht nur für meine Tat, sondern auch dafür, dass ich sie für so lange Zeit verheimlicht habe.
    «Frannie», beginnt mein Großvater nach einem tiefen Seufzer. «Ich war damals nicht dabei, und deshalb weiß ich nicht, wie es passiert ist. Aber ich kenne dein Herz und weiß, dass es gut ist. Wenn es so war, wie du erzählt hast, dann hat es sich um einen schrecklichen Unfall gehandelt, aber –»
    «Nein», unterbreche ich ihn. «Dazu war ich zu wütend. In dem Moment habe ich Matt gehasst.»
    «Du kannst doch gar nicht hassen, Frannie. Es ist passiert, aber schuld ist daran niemand.»
    O doch. Ich war schuld.
    «Sieh mal, wir tragen alle etwas mit uns herum. Ich weiß, wovon ich rede. Nach dem Tod deiner Großmutter …» Seine Stimme versagt. Dann streicht Großvater mir über die Haare. «Wenn so etwas geschieht, machen wir uns die schlimmsten Vorwürfe und quälen uns mit den Gedanken, was wir hätten tun können, um es zu verhindern.»
    Ich sehe den Kummer in Großvaters Gesicht. Glaubt er etwa, er wäre schuld am Tod meiner Großmutter? «Du hättest ihr nicht helfen können», murmele ich. Ich allerdings hätte es tun können. Denn wäre ich hartnäckig geblieben, wäre meine Mutter losgelaufen, um nach Großmutter zu sehen.
    «Vielleicht nicht», erwidert mein Großvater. «Aber mein Gefühl sagt mir etwas anderes.» Liebevoll umfasst er meine Hand. «Du und Matt habt euch sehr nahegestanden. Deshalb war mir immer klar, wie sehr sein Tod dich belastet. Trotzdem wirst du eines Tages die Wahrheit erkennen und einsehen, dass es ein Unfall war.»
    Seine Worte trösten mich und lindern den Schmerz und das Entsetzen, die ich seit zehn Jahren in mir trage. Ich war schuld an dem Tod meines Bruders, aber ich wollte ihn nicht töten. Womöglich bin ich doch kein Ungeheuer.
    Ich lehne mich an Großvater und atme tief ein und aus.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 20 Wenn man vom Teufel spricht ...
    Luc
    Tag für Tag habe ich in meinem Wagen vor Frannies Haus gehockt. Am vierten Tag hat Frannie sich überwunden und wieder mit mir gesprochen. Dann haben die Abschlussprüfungen begonnen. In Mathematik hatte Frannie anfangs Probleme, aber zum Glück besitzt sie einflussreiche Freunde. Dank höherer Eingebung hat sie auch diese Prüfung spielend geschafft.
    Zur Abschlussfeier wollte ich eigentlich nicht erscheinen, denn auf ein Abschlusszeugnis mehr oder weniger kommt es bei mir nun wirklich nicht mehr an. Dann jedoch ist mir klar geworden, dass ich dieses hier vielleicht brauche, nur für den Fall, dass ich tatsächlich komplett menschlich werde.
    Ich lehne mich an einen Pfosten der Anschlagtafel, auf der unsere Namen und Gesamtnoten stehen, und warte auf Frannie. Jemand kommt und tippt mir auf die Schulter. Als ich mich umdrehe, steht Gabriel da und grinst. Verdammt. Mein sechster Sinn lässt wirklich nach. Sehr gut gefällt mir das nicht, denn ohne ihn bin ich ziemlich aufgeschmissen.
    «Schicke Klamotten», sagt Gabriel und zupft an meinem albernen rotbraunen Talar.
    Ich schlage seine Hand fort. «Ich hoffe, dass du eines Tages in der Hölle schmorst.»
    Gabriel lacht. «Ziemlich unwahrscheinlich.»
    Ich werfe einen Blick zur Bühne, wo Frannie bei ihrer Familie steht.
    «Weshalb bist du hier?», frage ich Gabriel.
    «Warum sollte ich mich zurückziehen? Nur weil sie sich für dich entschieden hat?»
    «Woher willst du das wissen?»
    «Frag nicht so dumm, Lucifer. Ich kann Gedanken lesen, schon vergessen?»
    Neiderfüllt schaue ich ihn an und versuche trotzig, mein letztes bisschen Macht zu aktivieren. Tatsächlich durchzuckt mich so etwas wie ein kleiner, leise knisternder Stromstoß, mehr aber auch nicht. «Pass du

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