Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)
zum Teufel!», zischt Frannie. «Mitsamt deiner Cousine.» Sie springt die letzten Stufen hinunter.
«Wohin willst du?», rufe ich ihr nach. «Lass mich dich wenigstens nach Hause fahren.»
Zur Antwort knallt unten die Tür ins Schloss. Ich hetze Frannie hinterher. Offenbar weiß sie nicht, wie hinreißend ich sie finde, wenn sie wütend ist. «Darf ich dich wenigstens zu Fuß nach Hause begleiten?», frage ich, als ich an ihrer Seite bin.
«Lass mich zufrieden», entgegnet sie, den Blick stur geradeaus gerichtet.
Nichts zu machen, Frannie meint es ernst. Das Problem ist nur, dass die Hölle sie nicht zufrieden lassen wird.
Als gäbe ich mich geschlagen, bleibe ich stehen. Mit großen Schritten läuft Frannie weiter. Ich lasse ihr einen Vorsprung, dann folge ich ihr. Aus den Augen kann ich sie nicht lassen, das ist mir zu gefährlich. Denn wo Avaira ist, ist Belias nicht weit. Mit angespanntem sechstem Sinn versuche ich, ihn zu erspüren. Nichts. Trotzdem befindet er sich hier irgendwo, darauf würde ich wetten. Avaira war nur als Lockvogel gedacht, eine kleine Ablenkung, die Belias genutzt hätte, um sich an Frannie heranzumachen.
Erst nach einer Viertelmeile gelingt es mir, Belias auszumachen. Er ist ganz schön wütend. Selbst einige seiner Gedanken kann ich jetzt lesen. Es ärgert ihn, dass Avaira versagt hat; doch noch mehr, dass ich mich wie ein Schatten an Frannies Fersen hefte. Deshalb beschleunige ich meinen Schritt und strenge sämtliche meiner Sinne an.
Fast habe ich zu Frannie aufgeholt und will schon ihren Namen rufen, als ein weißer Charger neben ihr bremst. Offenbar bin ich nicht der Einzige, der Frannie im Auge behält. Zum ersten Mal bin ich richtig froh, dass diese Himmelsbrut über sie wacht.
Frannie
«Alles okay?», fragt Gabe, als ich in seinen Wagen steige.
«Ja», stoße ich erleichtert hervor.
«Du siehst ziemlich fertig aus.»
Ich werfe ihm einen finsteren Blick zu. «Warum sprichst du es nicht aus?»
«Was?»
«Dass du mich gewarnt hast. Es brennt dir doch förmlich auf den Lippen. Also mach schon, bringen wir es hinter uns.»
«Okay. Ich habe dich gewarnt.» Gabe fährt los.
«Richtig. Ich bin ja so blöd.» Ich werfe einen Blick aus dem Rückfenster. Luc steht auf der Straße und sieht mir nach. Doch dann gibt Gabe Gas, und Luc wird kleiner und kleiner.
Gabe lacht. «Das bist du nicht. Aber jetzt siehst du endlich klar, nehme ich an.»
Ich ringe mir ein Lächeln ab. «Klarer geht’s nicht mehr.»
«Du bist in einer seltenen Lage», fährt Gabe fort. «Pass auf, was du dir wünschst.»
Wie war das? «Was?»
Gabe schaut nach vorn. «Wenn du dir etwas von ganzem Herzen wünschst, bekommst du es auch. Ist dir das noch nicht aufgefallen?»
«Nein.» Ich könnte ihm tausend Dinge nennen, die ich haben möchte, aber nicht bekomme. Angefangen damit, dass ich meinen Bruder zurückwill. Doch dann durchzuckt mich ein Gedanke. Ich wollte Luc – dumm, wie ich war –, und ich habe ihn bekommen, irgendwie jedenfalls. Und dann Taylor. Wenn es um Jungs ging, hat sie noch nie einen Rückzieher gemacht. Aber gestern Abend … Ich schüttele den Kopf. «Unsinn», erwidere ich.
Gabe zuckt die Achseln und lässt das Thema fallen. Mit einem Mal rieche ich die Frühlingsblumen wieder, frisch und doch sehr zart. «Sollen wir zu mir fahren?», erkundigt er sich und nimmt meine Hand.
«Warum nicht. Wir könnten den nächsten Laborbericht schreiben.»
«Gute Idee.»
Das Haus, in dem Gabe wohnt, liegt nicht weit von unserem entfernt. Es sieht aus wie auch alle anderen in der Gegend: zwei Stockwerke, weiß verputzt, schwarze Fensterläden und vor dem Eingang eine lange schmale Veranda. Neben der Haustür steht ein Blumentopf mit einem riesigen Weihnachtsstern. Vom Dach der Veranda hängt eine Hollywoodschaukel. Ein schmaler Pfad durchschneidet einen üppig grünen Rasen, den kurze getrimmte Büsche begrenzen. Ich folge Gabe über den Weg ins Haus.
Die Eingangstür öffnet sich zu einem riesigen Wohnzimmer. Eine Treppe führt in den ersten Stock, und auf der linken Seite gibt es einen kleinen Durchgang zur Küche. Alles ist weiß: Wände, Teppichboden, Sofa, Sessel, Stereoanlage.
«Seid ihr gerade erst eingezogen?», frage ich mit einem Blick über die kahlen weißen Wände.
Gabe zuckt mit den Schultern. «Nein, aber wir brauchen nicht viel.»
«Trotzdem», beginne ich und breche ab. Es geht mich nichts an, aber ich finde es komisch, dass nirgendwo Familienfotos hängen oder
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