Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)
bringe ich noch hervor, ehe mein Gehirn die Arbeit einstellt. Als Nächstes umrunde ich den Wagen und öffne die Beifahrertür.
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Kapitel 15 Jetzt ist die Hölle los
Luc
Als ich Frannies Arm packe, ist sie schon halb in Belias’ Wagen. Seine Hand schnellt vor und umklammert ihren anderen Arm. Gleich darauf startet er den Motor. Frannie schreit auf, hüpft auf einem Bein und taumelt. Belias hält an.
Ich lasse Frannie nicht los, ebenso wenig wie Belias. Falls wir so weitermachen, werden wir sie entzweireißen, im wahrsten Sinn des Wortes. Aber loslassen kann ich Frannie nicht, denn dann würde sie ihm gehören, und ich bekäme sie nie mehr zurück. Sicher, ich könnte meine geballte Macht auf Belias richten und ihn außer Gefecht setzen, doch es könnte gut sein, dass ich dabei versehentlich Frannie erwische. Auch Belias ist dabei, seine eigene Macht zu mobilisieren. Einen solchen Zweikampf kann keine Sterbliche überleben.
«Denk nach! Wir stehen auf derselben Seite. Frannie ist mein Auftrag. Lass sie los.» Verzweifelt versuche ich, Belias zur Vernunft zu bringen. Immerhin ist Frannie noch nicht markiert. Falls wir jetzt ihren Tod verschulden, schwebt ihre Seele davon, vermutlich in Richtung Himmel. Dann wären wir beide erledigt und könnten uns gleich ins Fegefeuer stürzen.
Belias’ Augen lodern auf. Schwefelgeruch dringt mir entgegen. «Du hast deine Chance gehabt», höhnt er. «König Lucifer ist sehr enttäuscht. Er setzt auf mich. Kann sogar sein, dass er mir Beherits Job gibt.»
«Den Job verspricht er jedem», sage ich, während ich meine Optionen durchgehe. Mich mit Frannie von hier weg zu transferieren, kommt nicht in Frage. Das würde sie vermutlich nicht überleben. Im Grunde bleibt mir nur eine Möglichkeit.
Widerstrebend lasse ich Frannie los.
Belias grinst mich an. Wäre ich ein Sterblicher, würde mir bei dem Anblick das Blut in den Adern gefrieren. «Na also», sagt Belias, zieht Frannie in den Wagen und beugt sich über sie, um die Beifahrertür zu schließen.
In dem Moment bündele ich meine Macht und ziele auf Belias’ Gesicht. Ein Stoß Höllenfeuer schießt aus meiner Faust, und Belias’ Oberkörper fliegt zurück. Den Rückstoß spüre ich bis ins Mark. Mit zusammengebissenen Zähnen hebe ich Frannie vom Beifahrersitz und trete die Wagentür zu. Frannie wirkt benommen, aber sonst scheint ihr nichts zu fehlen.
Mit Frannie in den Armen laufe ich die Straße hinunter – und erstarre. Belias taucht direkt vor uns auf. Mit schwelendem Oberkörper steht er da und starrt mich an. «Netter Versuch», stößt er hervor. «Leider hast du etwas vergessen.» Mit glühend roter Faust fuchtelt er mir vor der Nase herum. «Was du kannst, kann ich auch.»
Ich werfe einen Blick auf Frannie. «Sei kein Idiot», entgegne ich. «Wenn du sie umbringst, weißt du, was dir blüht. Ruhm, Ehre, Beförderung, all das kannst du dann vergessen. Und du wirst nirgends sicher sein. König Lucifer wird dich überall finden. Was glaubst du, was er dann mit dir anstellt?»
Belias’ Grinsen verblasst. Seine Faust senkt sich. Sein Blick huscht über meine Schulter hinweg zu einem Punkt in meinem Rücken. Sofort rufe ich einen Schutzschild um Frannie hervor. Avairas Feuerstoß trifft mich zwischen den Schulterblättern. Verdammt, hat das wehgetan.
Für einen Moment schwanke ich, doch dann fange ich mich wieder. Das Brennen in meinem Rücken ignoriere ich. Ich werfe einen Blick auf Frannie. Ihre Augen sind geschlossen, ihr Gesicht ist bleich, und ihr Atem geht nur noch ganz schwach. O Satan in der Hölle, bitte nicht.
Das darf einfach nicht sein.
Behutsam lasse ich Wärme in ihren Körper fließen. Frannies Wangen werden rosig. Dann richte ich meinen Blick wieder auf Belias. «Ganz toll», sage ich. «Ihr zwei seid noch dämlicher, als ich dachte. Jetzt weiß ich, warum es keiner von euch in die Erste Ebene schafft. Schaut, was ihr angerichtet habt.» Ich hebe Frannie ein Stück höher. Ihre Augen sind noch immer geschlossen, und Schweißperlen stehen auf ihrer Stirn. Um den Eindruck zu verstärken, ziehe ich einen Rauchfaden um ihren Kopf. «Sie macht es nicht mehr lange, und dann habt ihr sie umgebracht.» Das Schlimme ist, ich weiß selbst nicht genau, ob ich bluffe, denn Frannie riecht ganz leicht nach Nelke und Johannisbeere, als hätte ihre Seele sich gelöst und warte darauf, eingesammelt zu werden.
«Scheiße», sagt Belias und funkelt Avaira hinter mir wütend an.
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