Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)
Hause?»
«Wahrscheinlich.»
«Gut. Vergiss nicht, die Tür hinter dir abzusperren.» Gabe nimmt mich in die Arme. Sein Blick wandert hinüber zu der Eiche.
«Warum? Warum will plötzlich jeder, dass ich mich einschließe?»
Gabe beäugt die Büsche, die unten vor unserer Veranda wachsen. «Ach nichts. Aber heutzutage kann man nicht vorsichtig genug sein.»
«Du bist ein schlechter Lügner.» Ich schüttele seine Arme ab.
Gabe zieht mich wieder an sich und küsst mich. Ich lasse es zu und streiche über seinen Rücken. «Komm mit rein», flüstere ich, denn mit einem Mal möchte ich nicht, dass er geht.
Gabe stößt einen tiefen Seufzer aus und sieht mich bedauernd an. «Das würde ich gern, aber leider muss ich mich dringend mit Lucifer unterhalten. Versprich mir, dass du zu Hause bleibst. Und denk daran, Tür und Fenster zu verriegeln.»
«Na gut», willige ich widerstrebend ein. Aber tatsächlich bin ich ziemlich erledigt. «Aber du kommst doch wieder, oder?»
«Sobald ich kann.» Gabe mustert mich. «Wie fühlst du dich?»
«Besser.»
«Ruh dich aus.» Gabe gibt mir noch einen Kuss, öffnet unsere Haustür und schiebt mich hinein. «Ich bin bald wieder da», sagt er, während er sich suchend umschaut. Dann dreht er sich um und verschwindet.
Ich schließe die Tür und lege den Riegel vor. Im Haus ist es ungewöhnlich still, und auf mein «Hallo» antwortet keiner.
Bis zur dritten Treppenstufe schaffe ich es, dann geben meine Beine nach. Zittrig lasse ich mich auf einer Stufe nieder und ziehe die Knie an meine Brust. Wie konnte ich nur vergessen, mit Dad über Taylors Familie zu reden? Ich hätte ihnen helfen können, aber stattdessen habe ich nur an mich gedacht. Wie konnte das alles nur so weit kommen?
Aber wenigstens bin ich noch rechtzeitig da gewesen.
Das ist immerhin ein Trost. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich etwas gesehen und war in der Lage, es abzuwenden. Vielleicht sollte ich mich daran festhalten.
Nach einer Ewigkeit rappele ich mich auf und schleppe mich hoch in mein Zimmer. Dort stelle ich die Stereoanlage an, drehe die Lautstärke auf und lege mich aufs Bett. Für eine Weile starre ich an die Decke. Als ich die Augen schließe, taucht Lucs Bild vor mir auf. Ich sehe sein Gesicht, spüre das Dunkle seiner Anziehungskraft und rieche Zimt. Eine Träne läuft aus meinem Augenwinkel. Wütend wische ich sie fort. Ich will nicht weinen – und schon gar nicht seinetwegen.
Schließlich stehe ich auf und trete ans Fenster. Gabe ist längst fort, doch ich könnte schwören, dass ich durch das Laub der Eiche spiegelndes Sonnenlicht auf der Windschutzscheibe eines schwarzen Shelby Cobra erkenne.
Luc?
Ich stelle mir vor, wie ich aus dem Haus renne und mich in seine Arme werfe. Dann fällt mir die Halbnackte ein, die sich auf seinem Bett geräkelt hat. Vielleicht sollte ich lieber die Polizei anrufen und Luc als Stalker melden.
Ich schaue noch einmal genauer hin. Es gibt keinen Zweifel. Der Wagen steht zwei Häuser weiter auf der anderen Straßenseite. Vor der Einfahrt der Brewsters. An der Stelle hat er auch an dem Abend gestanden, als ich Taylor nach Hause begleitet habe. Was will Luc von mir? Und wie kann er es überhaupt wagen, etwas von mir zu wollen?
Meine Müdigkeit ist wie weggeblasen. Wütend reiße ich die Tür auf und flitze barfuß die Treppe hinunter, aus dem Haus und über den Rasen zur Straße. Aus dem schwarzen Wagen dröhnt Musik. Ich kann nicht erkennen, wer darin sitzt, denn das Sonnenlicht bricht sich auf den Wagenfenstern. Dann wird die Musik leiser gestellt und das Seitenfenster heruntergelassen. Ich beuge mich vor, stütze die Hände in die Seiten und bin schon im Begriff loszulegen, als ich den Jungen hinter dem Lenkrad sehe.
Es ist gar nicht Luc. Allerdings sieht er ihm täuschend ähnlich. Vielleicht sein Bruder?
«Oh», sage ich. «Entschuldigung. Ich dachte, du wärst jemand anders.»
«Mein Pech», erwidert der Typ. «Aber wenn du willst, können wir so tun, als ob ich dieser andere wäre.» Seine Stimme ist samtig und irgendwie betörend. Überhaupt geht etwas sehr Verlockendes von ihm aus. Seine schwarzen Augen beginnen zu glühen und lassen mich nicht los.
Wie hypnotisiert stehe ich da.
«Du siehst fast so aus wie ein – Freund von mir», stottere ich und erkenne meine Stimme kaum wieder. Seit wann habe ich angefangen zu krächzen?
«Ich hoffe, es ist ein sehr enger Freund.»
Meine Gedanken versinken in Nebel. «Ähm, ja – das ist er»,
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