ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
einmal laufen lassen und sehen, was passiert. Und in der Zwischenzeit konnte ich Iras Nähe auch einfach genießen. Immerhin war diese Sache erst ein paar Stunden alt.
„Über was quatscht ihr zwei denn da solange?“ Tonys Kopf tauchte so unvermittelt zwischen uns auf, dass ich aus Reflex einen Satz zurückmachte. Robin grinste ihn nur an und legte ihm den Finger auf die Lippen.
„Das geht dich gar nichts an.“
Draußen in der Eingangshalle hörte ich Connor und Duncan im Nachbarraum Billard spielen. Das Klicken der Kugeln und ihre tiefen Stimmen. Gerade wollten wir uns auf den Weg nach oben machen, da ließ das Geräusch der Eingangstür mich aufschauen - und mitten in der Bewegung erstarren.
Der Mann, der gerade durch die Tür getreten war, erstarrte ebenfalls.
Sofort sank die Temperatur in der Halle deutlich. Alles Licht wurde verschlungen. Es wurde stockfinster um uns herum. Alles und jeder verschwand in dieser Schwärze, bis nur noch er und ich existierten.
Wir starrten uns an und keiner von uns regte sich. Die Luft knisterte vor Spannung.
Woher kannte ich ihn?
Sein Gesicht kam mir so unglaublich bekannt vor. Aber woher?
Ein uralter Teil in meiner Erinnerung regte sich bei seinem Anblick, aber ich bekam den Gedanken einfach nicht zu fassen. Tiefdunkle Augen hatte er. Einen Körper, wie ein Skelett. Dürr, aber voller sehniger Muskelstränge. Das Einzige, was ich in seinen Augen erkannte waren Kälte, jahrtausendealter schwelender Hass und unendliche Wut.
Mit diesen Augen, mit all dieser Kälte, sah er mich an und schien mich ebenfalls nicht einordnen zu können. Die Spannung, die sich zwischen ihm und mir aufbaute, wurde immer schlimmer, nahezu unerträglich. Langsam begannen meine Finger zu kribbeln und in meiner Brust fühlte ich ein schmerzhaftes Stechen. Normalerweise sichere Zeichen für eine Verwandlung, doch war es kein Vollmond ... Ich fühlte, wie meine Augen ihre Farbe veränderten, wie mein Körper sich kampfbereit anspannte. Genau dasselbe beobachtete ich bei dem Mann auf der andern Seite der Halle.
Ich sog scharf die Luft ein. Was geschah hier, verdammt ? Wer war dieser Mann, der offensichtlich ein Werwolf war und dessen Anwesenheit jede böse Zelle in meinem Körper in Wallung versetzte. Der Wolf in mir schrie und brüllte, wollte freigelassen werden, aber ich wehrte mich dagegen.
Urplötzlich zerbrach der Kontakt zwischen ihm und mir, als mir irgendjemand das Blickfeld verstellte und auch den seltsamen Mann packten zwei starke Arme.
Iras Gesicht erschien vor mir und seine Augen blickten voller Sorge in meine. Seine Stirn war in tiefe Falten gelegt, seine Augenbrauen eng zusammengezogen. Ich blinzelte erschrocken und die Dunkelheit verschwand wieder. Die Kälte aber blieb.
„Angel?“ Ira packte meine Schultern und zwang mich ihn anzusehen. „Was ist los?“
Mein Blick wanderte unstet zwischen ihm und dem anderen Mann hin und her. Ira begriff schnell und gab Duncan, der den mir Fremden in seine Obhut genommen hatte, ein Zeichen zu uns zu kommen.
„Es ist alles in Ordnung“, sagte Ira leise und versuchte meine Aufmerksamkeit immer noch von diesem Typen abzulenken. Doch je näher er mir kam, desto schlimmer wurde das Prickeln auf meiner Haut. Als er mir schließlich ganz nahe war, glaubte ich, die Verwandlung nicht mehr aufhalten zu können. Allein Iras besorgte Stimme schien mir noch ein Anker zu sein.
Mittlerweile hatten sich alle Bewohner des Hauses in der Eingangshalle versammelt. Ich hörte Robin leise fluchen. Doch immer noch konnte ich den Blick nicht von diesem Kerl lassen. Ich verstand nicht, was er an sich hatte, dass mich so verstörte.
Der Mann und ich fixierten uns gegenseitig vollkommen feindselig. Keiner von uns würde freiwillig zurückweichen. So, wie er jetzt vor mir stand, wurde das Gefühl ihn zu kennen noch stärker.
Seine Augen ...
Seine Mimik ...
Irgendetwas erkannte ich wieder an ihm. Aber ich wusste nicht woher.
Ira nahm mein Gesicht in seine Hände und zwang mich ihn anzusehen. Er drehte meinen Kopf zu sich.
„Angel. Beruhige dich. Das ist Abel. Er ist einer meiner Brüder. Er gehört hier her.“
Abel.
Bei der Erwähnung seines Namens schoss mir ein glühendheißer Blitz durchs Hirn. Ich keuchte vor Schmerz, kniff die Augen zusammen und sackte in die Knie.
Kurz flackerte ein einzelnes Bild vor meinem inneren Auge auf, doch es war zu schnell wieder verschwunden, als dass ich es hätte erkennen können. Es war, als versuche mein Verstand
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