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Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Titel: Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolaus Blome
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er das Du anbieten könne. Er, obwohl sie die Chefin ist? Sie, obwohl er der Ältere ist?
    »Die Starken gehen, die Schwachen bleiben«, so lautet der abgewandelte Vorwurf, wenn also widerlegt ist, dass Merkel die Männer allesamt weggebissen habe. Dann heißt es also: Sie habe sie nicht gehalten, sie habe kein Klima geschaffen, in dem die Männer hätten bleiben wollen. Wahr ist: Merkel hat nicht viel unternommen, um die abgängigen CDU -Ministerpräsidenten zu halten. Aber in welchen Ämtern auch? Es scheint wesentlich plausibler, auf den üblichen Pendelschlag zu verweisen, der zwischen Bund und Ländern hin- und hergeht. Regiert eine Partei im Bund, scheint sie unweigerlich in den Ländern zu verlieren, also Ministerpräsidenten freizusetzen. Tatsächlich sind die meisten der »Merkel-Opfer« eben solche CDU -Ministerpräsidenten. Und man darf wetten, dass sie nicht so akribisch gezählt würden, wenn seit fast acht Jahren ein CDU -Mann im Kanzleramt säße. Wahr ist auch: Viele Tränen hat sie wohl keinem der Herren nachgeweint. Das heißt: keinem außer einem – Karl-Theodor zu Guttenberg. Hegte sie für den gefallenen Engel der deutschen Pop-Politik so etwas wie mütterliche Gefühle? Nicht wenige in Berlin glauben das, erst recht, nachdem man sehen konnte, wie intensiv sich Merkel beim Zapfenstreich für den Verteidigungsminister mit dessen Mutter unterhielt. Und wenn es keine mütterlichen Gefühle waren, hat doch das Faszinosum Guttenberg auch auf Angela Merkel seine Wirkung nicht verfehlt. Für keinen ihrer Minister oder Mitstreiter ging sie so früh so weit ins Risiko wie für »Karl-Theodor«, wie sie ihn nannte. Für ihn prägte sie einen Satz, der noch an ihr kleben wird, wenn von Guttenberg womöglich schon niemand mehr spricht, den von dem »Minister und nicht wissenschaftlichen Mitarbeiter«, den sie eingestellt habe. Es kommt nicht oft vor, dass die Kanzlerin und BILD -Kolumnist Franz-Josef Wagner auf einer Linie liegen. Hier taten sie es. »Scheiß auf den Doktor und lasst einen guten Mann einen guten Mann sein«, hatte der geschrieben.
    Ganz nüchtern wiederum, ganz Merkel eben, hatte sie gesehen, was Guttenberg hatte, das sie nie haben wird. Die leichtfüßige Gabe, die Menschen zu erreichen, etwas bei ihnen auszulösen, und zwar ohne die billige Tour, sich als »Anti-Politiker« in Pose zu werfen. Einen CDU -Landesverband nach dem anderen habe Guttenberg gedreht, als es um die Abschaffung der Wehrpflicht gegangen sei, sagte Merkel zu seiner Verteidigung. Hut ab. Darum hielt sie so lange an ihm fest, weit über jenen Punkt hinaus, an dem klar war, dass Guttenbergs Doktorarbeit null und nichtig war. Ganz am Ende erst schaltete sie auf ihren üblichen Kanzler-Ton zurück: Es werde Zeit, dass Guttenberg »jetzt zu Potte komme«, sagte sie wenige Tage vor seinem Rücktritt. Wütend und traurig war sie, als es anders geschah als erhofft.
    Hat die Kanzlerin und CDU -Chefin also niemanden »auf dem Gewissen«? Doch, hat sie. Zum Beispiel Norbert Röttgen und Erika Steinbach, die langjährige Chefin des Vertriebenen-Bundes. Den einen schickt Merkel mit aller Brutalität in die Wüste, weil er sich weigert, das fadenscheinige Ritual von freiwilligem Rücktritt mitzuspielen. Und weil sie ihm (vermutlich zu Recht) unterstellt, dass er in kleinen Kreisen über sie herziehe, obwohl er höchst eigenhändig gerade eine wichtige Landtagswahl vermasselt hat. Röttgens Abgang ist der Moment, in dem Merkels Revolution der CDU erstmals ihre Kinder frisst. Es hat sie nicht abgehalten. Der Wille zur Abrechnung muss groß gewesen sein. Die andere, Erika Steinbach, hat die Kanzlerin dagegen politisch »geopfert«, weil ihr das deutsch-polnische Zentrum gegen Vertreibung in Europa wichtiger war, an dem Steinbach aus Sicht der polnischen Regierung nicht teilhaben sollte. Eine besondere Bindung zu den Vertriebenen hat Merkel nicht, ebenso wenig zu Erika Steinbach – und sie war im Weg.
    Frau gegen Frau also: Auch darin zeigt sich, dass Angela Merkel durch eine Geschlechterbrille nicht in den Blick zu kriegen ist.
    Natürlich weiß sie, dass es manchmal von Vorteil ist, im Kreis von Männern die einzige Frau zu sein. Das gilt für Verhandlungen mit jenen europäischen Staats- und Regierungschefs, die sich wie die französischen quasi notorisch für begnadete Charmeure halten. Über den damaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy (der sich definitiv für unwiderstehlich hielt) sagte sie einmal

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