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Angela Merkel - Ein Irrtum

Angela Merkel - Ein Irrtum

Titel: Angela Merkel - Ein Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cora Stephan
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    Andreas Kossert, Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945 , Berlin 2008.
    23
    Aus einem Bericht der GEW Berlin, http://www.gew-berlin.de/blz/19635.htm

KAPITEL 2

    Vom Aufbruch zum Stillstand
    Ja, ich habe mich geirrt in Angela Merkel. Und ich war nicht die Einzige. Wenn man an die teils euphorischen Willkommensgrüße aus dem Jahr 2005 denkt, dann wurde sie als Kandidatin der gesellschaftlichen Mitte wahrgenommen, die sich nach langen Jahren erstmals wieder ernst genommen fühlte.
    Das Selbstbild, das Politik und Meinungsmainstream den Deutschen zurückspiegeln, hat ein gähnendes Loch – in der Mitte, von der doch alle reden. Dort hocken nicht nur die oft beschriebenen Angstbürger, die sich vom Abstieg bedroht fühlen, sondern jede Menge intelligente Leute. Gebildete, produktive, kreative, weltläufige Menschen, die ihre Interpretation der Wirklichkeit für entschieden tauglicher halten als die der politischen Klasse.
    Angies Konzept von 2005 – weniger Staat, mehr Selbstverantwortung, spürbare Reduzierung der Lohnnebenkosten – entsprach dem Selbstbewusstsein dieses Milieus. Tina mit dem diktatorischen »Es gibt keine Alternative« hingegen passt nicht zum Selbstbild von Menschen, die bei Problemen nach der Lösung suchen.
    Die sind übrigens im Zweifelsfall keine kaltherzigen Egoisten, die den weniger Leistungsfähigen nicht helfen
wollen. Sie durchschauen lediglich die »Randgruppenrhetorik« der anderen Parteien als Strategie der Machtsicherung. Deshalb passte Angela Merkel zu ihnen, als sie noch etwas ändern wollte und sich modern, liberal, freiheitsbewusst und ohne den bräsigen Antiamerikanismus des linken Milieus zeigte.
    Angie tat gut. Sie hatte für einen historischen Moment aufscheinen lassen, welcher Glanz auf einem Gefüge liegen kann, das man in Westdeutschland jahrelang eher nörgelnd-gewohnheitsmäßig zur Kenntnis genommen hatte oder, mit protestantisch gefärbtem Masochismus, verachtete. Oder das man marxistisch hinterfragte, weil doch die Idee des Sozialismus so gut war, auch wenn es mit der Ausführung noch nicht ganz geklappt hatte.
    Angela Merkel und andere »Ossis« konfrontierten den satten Westen mit einer unbefangenen Erwartungshaltung. Und was geschah? Der verleugnete sich. Im Westen sei keineswegs alles Gold, versicherte man den naiven Glückssuchern von drüben. Und in der DDR war doch auch nicht alles schlecht gewesen, oder?
    Ja, im Westen Deutschlands liebte man Ostikonen wie Regine Hildebrandt, die die Frustrationsbereiten unter den Ostdeutschen unermüdlich mit ideologischer Nahrung versorgte und den verwöhnten Wessis gab, was die am liebsten hatten: die moralische Knute. Leute wie Angela Merkel übersah man da lieber. Ihre Begeisterung über die sich eröffnenden Möglichkeiten befremdete.
    Im Nachhinein möchte man das als eine weitere unter den vielen vertanen Chancen beklagen. Gewiss, die
einen überschätzten den Goldenen Westen, woraus Enttäuschung entstanden ist, die anderen nahmen seine Segnungen gleichgültig hin, was ähnlich wirkt. Dabei hätte der unbefangene Blick 1989 auch seinen Ureinwohnern ein Land gezeigt, das sich seines Wohlstands, seiner Freiheit, seiner Institutionen und Rechtsordnung nicht schämen musste und dessen Bewohner im Übrigen mehr als bereit waren, den Brüdern und Schwestern von ihren Segnungen abzugeben. Man hatte ja nicht aus Versehen jahrelang »Päckchen nach drüben« geschickt.
    Den politischen Eliten aber schien das unheimlich zu sein, dieser vom Möglichkeitssinn geschärfte frische Blick auf die Bundesrepublik und auf ein neues Deutschland, vor dem nicht die europäischen Nachbarn, sondern vor allem die Deutschen selbst Angst zu haben schienen.
    Während man im deutschen Westen vor sich selbst warnte, wollte Angela Merkel genau das – mitsamt Demokratie und Ökonomie. »Wenn sie von Marktwirtschaft spricht, sieht der alte Hut (…) wie neu aus und gar nicht einmal so unattraktiv«, schreibt Evelyn Roll in ihrer großartigen Merkel-Biografie. 1
    Sie sah, vermute ich mal, eine offene Gesellschaft und eine starke Wirtschaftsmacht, ein Land mit Leuten, mit denen man es aushalten konnte. Und stimmte das etwa nicht?
    Gewiss, wenn man ideologisch unbefangen war, von außen kam und beweglicher war als die Westdeutschen. Mit Beweglichkeit aber waren viele Ostdeutsche gesegnet, sie hatten schließlich soeben einen Umsturz hinter sich, der ihnen Beine gemacht hatte.

    Noch immer denke ich: Das war eines der

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