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Angela Merkel - Ein Irrtum

Angela Merkel - Ein Irrtum

Titel: Angela Merkel - Ein Irrtum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cora Stephan
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weggesperrt zu werden.
    Nein, ich verlange keine Visionen, wir wissen ja mit Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, sollte zum Augenarzt gehen. Doch es wäre schön, Angela Merkel fiele zu ihrem Reich und ihren Leibeigenen mehr ein als dichte Fenster, Kartoffelsuppe und Uckermark.

    Wahrscheinlich würden schon ein bisschen Tätscheln und ein paar gute Worte helfen. Wer will schon die Schweißhunde des Meinungsmainstreams mit allzu vaterländischen Vokabeln aufschrecken.
    Also, was soll ich sagen? Nur Mut.

    Irrtum 4: Versöhnung
    »Die Menschen in Deutschland werden Ungarn nicht vergessen, welchen Beitrag es geleistet hat dafür, dass wir heute alle in Freiheit leben können«, sagte die Kanzlerin 2009 zum 20. Jahrestag des »Paneuropäischen Frühstücks« im August 1989 in Ungarn. Ungarn habe dem Freiheitswillen von Deutschen aus der damaligen DDR Flügel verliehen.
    Die Westdeutschen vergessen derlei leider schnell. Dass Angela Merkel mehr als sie von Osteuropa versteht, ist ein Glücksfall. Sie weiß, was die »Befreiung« durch die Rote Armee für die Länder des Ostblocks hieß: Sie kamen vom Regen in die Traufe.
    Und deshalb, dachte ich, kann man sich sicher fühlen vor dem fast unterwürfigen Wohlwollen, das man lange Jahre insbesondere in den Reihen der SPD der Sowjetunion entgegengebracht hatte und das manch einer aufs neue Russland zu übertragen scheint, diesem Reich des »lupenreinen Demokraten« Putin, einer Einschätzung, gegen die ein Bundeskanzler namens Gerhard Schröder 2004 nichts einzuwenden hatte.
    Und man konnte, dachte ich, darauf vertrauen, dass sie die unter kommunistischer Ägide gepflegten nationalen Mythen der Nachbarn nicht schuldbewusst hinnehmen
würde, sondern Augenhöhe anstrebte. Darauf jedenfalls ließ ihre Unterstützung des von der Parteifreundin Erika Steinbach betriebenen Projekts eines Zentrums gegen Vertreibung schließen, eine Unterstützung, die sie immer wieder bekräftigte, zuletzt im Frühjahr 2010. Ohne Folgen: Sie überließ es schließlich Außenminister Guido Westerwelle, der polnischen Regierung den Kopf der »blonden Bestie« auf dem silbernen Tablett zu servieren. Fein war das nicht. Vor allem war es unnötig.
    Man ist geneigt, es auf den ostdeutschen Erfahrungshintergrund Angela Merkels zurückzuführen, dass sie anfangs Wladimir Putin auf Distanz hielt – das jedenfalls suggeriert das Bild von ihrem Besuch in Russland Anfang 2007, auf dem sie fast verschüchtert neben Putin sitzt. Im Vordergrund ein großes schwarzes Tier, vor dem sie sich in ihren Sessel zu verkriechen scheint: Koni, der ebenso kräftig wirkende Hund des Muskelpakets Putin. Die Botschaft habe ich gern gelesen: Die tapfere Kanzlerin zu Besuch am Hof des Zaren zeigt trotz der Drohung mit der Bestie Mut.
    Was ja stimmte: Im Unterschied zu ihrem Vorgänger hatte sie bereits bei ihrem Antrittsbesuch im Januar 2006 mit Oppositionellen gesprochen und Putin an Bürgerrechte und Pressefreiheit erinnert. Ihre Kritik am jüngsten Urteil gegen Michail Chodorkowski, des von Putin kaltgestellten einstigen Rivalen, im Dezember 2010 war deutlich: »Es bleibt der Eindruck, dass politische Motive bei diesem Verfahren eine Rolle gespielt haben«, erklärte sie. Rechtsstaatlich sei das nicht.

    Eine gewisse Distanz zu Russland ist nicht nur politische Hygiene, es ist auch ein Angebot an die kleineren und mittleren osteuropäischen Länder, vor allem an Polen. Angela Merkels Freundschaft mit George W. Bush wurde womöglich nirgends so gut verstanden wie dort, dem Land von Solidarność, wo man die Emphase schätzte, mit der der amerikanische Präsident die Freiheit beschwor.
    Das Einzige, was zwischen Deutschland und Polen steht, neben der deutsch-russischen Gaspipeline, die man in Polen nicht mag, schien lange Zeit Erika Steinbachs Projekt zu sein. Selbst dann noch, als es, mehrfach abgeschwächt und abgesichert, die Vertreibung der Deutschen als Fall unter anderen thematisierte und die Rolle des Bundes der Vertriebenen unbedeutend geworden war.
    Als Angela Merkel noch Angie war, hatte sie sich eindeutig hinter das »Zentrum gegen Vertreibung« gestellt. 33 »Die Vertreibung war und ist eine gesamtdeutsche Tragödie. « 34 Doch nach langem politischem Gezänk wurde aus Steinbachs einst auch vom Sozialdemokraten Peter Glotz initiierten Projekt Ende 2008 die »Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung«, die eine Quadratur des Kreises bewerkstelligen sollte: nämlich »im Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das

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