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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
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dem Gebäude linker Hand verschwinden, ist mein Körper fast vollkommen taub von der Kälte, die aus dem Boden aufsteigt. In Verbindung mit der Tatsache, dass ich heute nur eine Handvoll getrocknetes Katzenfutter gegessen habe, führt das dazu, dass ich mich nicht so fit für eine Rettungsaktion fühle, wie mir lieb wäre.
    In den Häusern brennt kein Licht. Diese Leute sind achtsam und verstehen es ganz offensichtlich, sich nachts versteckt zu halten. Bis auf das Zirpen einiger Grillen ist es vollkommen still auf dem Gelände, was einer Meisterleistung gleichkommt, wenn man bedenkt, wie viele Menschen hier leben. Wenigstens dringen keine Schreie aus Raffes Haus.
    Ich zwinge mich, eine Weile im Dunkeln zu warten – etwa eine Stunde, glaube ich –, bis ich schließlich zur Tat schreite.
    Ich warte, bis die Patrouille vorbeigekommen ist, denn nun weiß ich, dass der andere Soldat sich gerade auf der entgegengesetzten Seite des Geländes befindet.
    Nachdem ich bis hundert gezählt habe, stehe ich auf und haste so leise ich kann zu den Häusern hinüber.
    Meine Beine sind kalt und starr, als wären sie aus Stahl, doch bei dem Gedanken, gefasst zu werden, werden sie blitzschnell warm. Ich muss einen Umweg nehmen. Im Mondlicht husche ich von Schatten zu Schatten und arbeite mich im Zickzack zu dem Haus in der Mitte des Geländes vor. Dabei kommt mir das kreuz und quer verwobene Blättergespinst zu Hilfe, das vom Licht und den Laubschatten gesprenkelte Gelände gibt eine perfekte Tarnung ab.
    Ich drücke mich gegen die Mauer der Kantine. Rechter Hand geht ein Wachmann gemessenen Schrittes an mir vorbei. In der Ferne, auf der entgegengesetzten Seite, marschiert der andere langsam auf und ab. Ihre Schritte klingen schwerfällig, als würden sie sich langweilen. Ein gutes Zeichen. Hätten sie etwas Ungewöhnliches gehört, wären ihre Schritte schneller, dringlicher. Hoffe ich zumindest.
    Auf der Suche nach einer Hintertür versuche ich einen Blick auf das Rückgebäude zu erhaschen. Da dieser Teil jedoch im Schatten liegt, erkenne ich nicht, ob es dort eine Tür oder auch nur ein Fenster gibt.
    Kurz entschlossen verlasse ich meine Deckung und flitze zu Raffes Haus.
    Dort angekommen halte ich inne. Fast erwarte ich, einen Aufschrei zu hören, doch alles ist still. Dicht an die Mauer gedrängt stehe ich da und halte den Atem an. Ich höre nichts und sehe nirgendwo eine Regung. Nichts als meine Furcht flüstert mir ein, dass ich hier weg muss. Also laufe ich weiter.
    Auf der Rückseite des Gebäudes befinden sich vier Fenster und eine Hintertür. Ich spähe in eines der Fenster. Nichts als vollkommene Finsternis. Ich widerstehe der Versuchung, gegen die Scheibe zu klopfen, um zu sehen, ob Raffe mir antwortet, denn ich weiß ja nicht, wer vielleicht sonst noch bei ihm ist.
    Ich habe keinen Plan, nicht mal einen durchgeknallten, und dementsprechend keine Ahnung, wie ich jemanden da drin überwältigen soll. Selbstverteidigungstraining beinhaltet normalerweise nicht, sich von hinten an eine Person heranzuschleichen und sie lautlos zu erwürgen – eine Fähigkeit, die jetzt ziemlich nützlich wäre.
    Trotzdem, ich habe es immer wieder geschafft, Gegner zu erledigen, die sehr viel größer waren als ich. Daran halte ich mich innerlich fest, um mich gegen die eiskalte Panik zu wappnen.
    Ich hole tief Luft. So leise ich kann, flüstere ich: »Raffe?«
    Hätte ich doch bloß ein Indiz, in welchem Zimmer er sich aufhält! Das würde die ganze Sache so viel leichter machen. Doch ich höre nichts. Kein Klopfen am Fenster, keine gedämpften Rufe und kein Stühlerücken – nichts, was mich zu ihm führen könnte. Wieder kommt mir der schreckliche Gedanke, dass er tot sein könnte. Ohne ihn habe ich keine Chance, Paige zu finden. Ohne ihn bin ich allein. Im Geiste verpasse ich mir einen Tritt, um mich von diesem gefährlichen Gedankengang abzubringen.
    Zentimeter für Zentimeter bewege ich mich Richtung Tür und presse mein Ohr dagegen. Nichts. Ich rüttle vorsichtig am Knauf, für den Fall, dass sie nicht abgeschlossen ist.
    Wie immer habe ich meinen Dietrich in der Gesäßtasche. Ich habe ihn in der ersten Woche meiner Hamster-Touren im Zimmer eines Teenagers gefunden, und mir wurde schnell klar, dass es wesentlich leiser ist, ein Schloss zu knacken, als ein Fenster einzuschlagen. Im Verborgenen zu agieren ist das A und O, wenn man Straßengangs aus dem Weg gehen will. Also habe ich in den letzten paar Wochen ziemlich viel Übung im

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