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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
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Schlösseraufbrechen bekommen.
    Der Türknauf dreht sich problemlos.
    Diese Typen sind aber auch echt leichtsinnig. Ich öffne die Tür einen winzigen Spaltbreit und halte inne. Als ich keine Geräusche höre, schlüpfe ich ins Dunkle. Wieder halte ich inne und warte, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen. Abgesehen von dem gesprenkelten Mondlicht, das durch die Fenster an der Rückseite des Hauses hereinfällt, ist es vollkommen finster.
    So langsam gewöhne ich mich daran, im schummerigen Mondlicht zu sehen. Scheint Teil meiner neuen Lebensart geworden zu sein. Ich befinde mich in einem Flur mit vier Türen. Die Tür zu einem Badezimmer steht offen, die an deren drei sind geschlossen. Ich greife nach meinem Messer, ganz so, als könnte es die Kugel einer halbautomatischen Waffe stoppen. Dann presse ich mein Ohr an die erste Tür links. Nichts. Als ich nach dem Knauf greife, dringt eine leise Stimme aus der letzten Tür.
    Ich erstarre. Ich laufe zu der Tür hin und lege mein Ohr daran. Bilde ich es mir nur ein, oder hörte sich das an wie »Lauf, Penryn«?
    Ich öffne die Tür einen Spaltbreit.
    »Wieso hörst du eigentlich nie auf mich?«, fragt Raffe leise.
    Ich schlüpfe ins Zimmer und schließe die Tür. »Aber bitte sehr, ich rette dich doch gerne.«
    »Du rettest mich nicht, sondern wirst gleich geschnappt.«
    Raffe sitzt an einen Stuhl gefesselt in der Mitte des Raums. Sein ganzes Gesicht ist mit getrocknetem Blut beschmiert, das aus einer Wunde an seiner Stirn stammt.
    »Sie schlafen.« Ich eile zu seinem Stuhl hinüber und lege mein Messer an das Seil, das um seine Handgelenke geschlungen ist.
    »Nein, tun sie nicht.« Die Überzeugung in seiner Stimme bringt die Alarmglocken in meinem Kopf zum Schrillen. Doch bevor ich das Wort Falle überhaupt denken kann, blendet mich der Strahl einer Taschenlampe.

16
    »Ich kann dich das leider nicht durchschneiden lassen«, sagt eine tiefe Stimme hinter der Taschenlampe. »Unser Vorrat an Seilen ist begrenzt.«
    Jemand nimmt mir das Messer aus der Hand und schubst mich ruppig auf einen Stuhl. Das Licht der Taschenlampe erlischt, und ich muss einige Male blinzeln, bis sich meine Augen erneut an die Dunkelheit gewöhnen. Als ich wieder sehen kann, bindet mir jemand die Hände hinter dem Rücken zusammen.
    Sie sind zu dritt. Einer kontrolliert Raffes Seil, und der dritte lehnt am Türrahmen, als sei er nur für einen zwanglosen Besuch vorbeigekommen. Während mich der Typ hinter mir fesselt, spanne ich die Muskeln an, damit das Seil nachher so locker wie möglich sitzt. Mein Kidnapper packt mich derart fest an den Handgelenken, dass ich fast überzeugt bin, sie werden mir abfallen.
    »Du musst das fehlende Licht entschuldigen«, sagt der Typ und lehnt sich gegen den Türpfosten. »Aber wir versu chen, unerwünschte Besucher fernzuhalten.« Alles an ihm – vom Befehlston in seiner Stimme bis zu seiner lockeren Haltung – lässt darauf schließen, dass er der Anführer ist.
    »Bin ich wirklich so ungeschickt?«, frage ich.
    Der Anführer beugt sich zu mir herunter, sodass wir uns Auge in Auge gegenüber sind. »Ehrlich gesagt, nein. Unsere Wachen haben dich nicht gesehen, und sie hatten die Order, nach dir Ausschau zu halten. Also, insgesamt nicht schlecht.« In seiner Stimme liegt Anerkennung.
    Ein leises Geräusch entringt sich Raffes Kehle, das mich an das Knurren eines Hunds erinnert.
    »Wusstet ihr, dass ich hier bin?«
    Der Typ richtet sich auf. Das Mondlicht ist nicht hell genug, als dass ich Einzelheiten erkennen könnte, aber in jedem Fall ist er groß und breitschultrig. Sein Haar ist militärisch kurz geschnitten und lässt Raffes Haare vergleichs weise zerzaust und schäbig aussehen. Er hat ein klares Profil und markante Gesichtszüge.
    Er nickt. »Wir waren uns nicht sicher, aber die Ausrüstung in seiner Tasche sah aus wie die Hälfte eines Vorrats, den normalerweise ein Paar mit sich führt. Er hat einen Campingkocher, aber keine Streichhölzer, Töpfe oder Pfannen. Er hat zwei Schüsseln, aber keine Löffel. So Sachen halt. Wir dachten, dass jemand anderes die fehlende Hälfte bei sich hat. Wobei wir ehrlich gesagt nicht mit einem Rettungsversuch gerechnet haben. Und schon gar nicht damit, dass ihn ein Mädchen retten will. Nichts für ungut. Ich war immer ein moderner Mann.« Er zuckt die Achseln. »Aber die Zeiten haben sich geändert. Und wir sind ein Lager voller Männer.« Wieder zuckt er die Achseln. »Für so was muss man mutig sein.

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