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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
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zu hieven. Noch immer komme ich kaum an den untersten Zweig heran, aber wenn ich mich von seinen Schultern abdrücke, kriege ich ihn gerade so zu fassen. Ich hoffe, das dünne Ästchen ist stark genug, um mich zu tragen.
    Raffe stützt meine Füße mit seinen Händen und schiebt mich nach oben, bis ich sicher auf dem Ast sitze. Er schwankt, doch er hält meinem Gewicht stand. Ich blicke mich nach einem Ableger um, den ich abbrechen und Raffe runterreichen kann, um ihm beim Raufklettern zu helfen.
    Doch noch bevor ich etwas tun kann, sprintet er davon. Fast hätte ich seinen Namen gerufen, halte mich aber gerade noch zurück. Dass ich unseren Aufenthaltsort verrate, hätte uns gerade noch gefehlt.
    Ich sehe ihn den Hügel hinunterrennen und verschwinden. Jetzt ist es an mir, wütend auf den Baum einzuhämmern. Was tut er da? Wäre er in meiner Nähe geblieben, hätte ich ihn vielleicht irgendwie hier hoch gekriegt. Oder ich hätte ihm zumindest helfen können, die Hunde abzuwehren, indem ich sie mit irgendetwas beworfen hätte. Ich habe keine Schusswaffe, aber aus dieser Höhe wird alles, was ich werfe, zur Waffe.
    Ist er weggerannt, um die Hunde abzulenken, damit ich in Sicherheit bin? Hat er es getan, um mich zu beschützen?
    Ein sechsköpfiges Rudel kommt knurrend zu dem Baum gelaufen. Zwei von ihnen bleiben stehen und schnüffeln am Boden herum, der Rest jagt Raffe hinterher. Es dauert nur einen Moment, bis das trödelnde Pärchen dem Rudel hinterherläuft.
    Mein Ast neigt sich gefährlich in Richtung Boden. Überhaupt ist das Geäst hier so spärlich und ausgedünnt, dass man eigentlich nur nach oben schauen muss, um mich zu sehen. Die niedrigeren Äste haben nur an den Enden Blätter, daher bietet mein Platz neben dem Stamm nicht besonders viel Schutz. Ich greife nach einem anderen Ast und beginne meinen Aufstieg. Je höher ich komme, desto stärker und dicker werden die Zweige, doch ich muss noch einige Zeit klettern, bis ich endlich einen entdecke, der genug Blätter hat, um mir Deckung zu geben.
    Als einer der Hunde schmerzerfüllt aufjault, weiß ich, dass sie Raffe eingeholt haben. Ich mache mich ganz klein, klammere mich an den Baum und versuche, zu erraten, was da vor sich geht.
    Unter mir donnert etwas Großes durch das Unterholz. Große Männer, wie sich herausstellt. Fünf an der Zahl. Sie haben Tarnkleidung an und tragen ihre Gewehre mit sich herum, ganz so, als wüssten sie, wie man sie benutzt.
    Einer gibt ein Handzeichen, und der Rest von ihnen schwärmt aus. Die Männer sehen nicht aus wie Wochenendjäger, die mit einer Hand auf Hasen schießen und mit der anderen ein Bier trinken. Sie sind organisiert. Ausgebildet. Tödlich. Sie bewegen sich mit einer Leichtigkeit und mit so viel Selbstvertrauen, dass ich vermute, sie haben bereits zusammen gearbeitet. Zusammen gejagt.
    Bei dem Gedanken, was eine skrupellose militärische Gruppe mit einem gefangenen Engel anstellen würde, weicht alle Wärme aus meiner Brust. Ich ziehe in Erwägung, zu schreien, um sie abzulenken und Raffe eine Chance zu geben, wegzulaufen. Doch in der Ferne knurren und kläffen noch die Hunde. Er kämpft um sein Leben, und wenn ich schreie, wird ihn das nur ablenken, und dann kriegen sie uns beide.
    Wenn ich sterbe, ist Paige auch so gut wie tot. Und ganz bestimmt werde ich nicht für einen Engel sterben, ganz egal, was für durchgeknallte Dinge er getan hat, die mir zu fällig das Leben gerettet haben. Wenn er auf meine Schultern hätte klettern können, um hier hochzukommen, hätte er es dann getan?
    Tief in mir drinnen weiß ich es besser. Wenn es ihm nur darum gegangen wäre, sich selbst zu retten, wäre er beim ersten Anzeichen von Gefahr weg gewesen. Wie es in dem alten Witz so schön heißt – er muss nicht schneller sein als der Bär, er muss nur schneller sein als ich. Und das würde er mit Leichtigkeit schaffen.
    Ich ducke mich, als ich das heimtückische Knurren eines zuschnappenden Hundes vernehme. Eigentlich dürften die Männer nicht merken, dass Raffe kein Mensch ist, es sei denn, sie nehmen ihm sein Hemd weg oder die Wunden auf seinem Rücken öffnen sich und bluten. Aber wenn die Hunde ihn in Stücke reißen, wird er innerhalb eines Tages wieder vollkommen okay sein, und wenn die Männer ihn bis dahin bei sich behalten, wird ihn das verraten. Es wäre sein Todesurteil. Und sollte es sich bei den Männern um Kannibalen handeln, ist das alles sowieso nicht von Bedeutung.
    Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich

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