Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
Vom Netzwerk:
darstellst.«
    »Warum?«, frage ich.
    »Weil er dich und den Typen, mit dem du gekommen bist, rekrutieren will. Obi ist ein Einzelkind, und er kapiert es einfach nicht«, sagt Dei. »Er denkt, wenn er euch noch für ein paar Tage hierbehält, werdet ihr eure Meinung ändern.«
    »Aber wir wissen es besser. Ein paar Tage voller patriotischer Lieder werden dich nicht davon überzeugen, deine Schwester im Stich zu lassen«, sagt Dum.
    »Sehr richtig, Bruder«, fällt Dei ein.
    Sie stoßen ihre Fäuste gegeneinander. »So ist es!«
    Ich sehe sie an. Sie verstehen das wirklich. Sie würden einander nie zurücklassen. Vielleicht habe ich hier tatsächlich zwei Verbündete. »Muss ich diesen dämlichen Kampf wirklich durchziehen, damit ihr mir helft?«
    »Oh ja«, sagt Dei. »Keine Frage.« Beide grinsen mich an wie zwei verschmitzte kleine Jungs.
    »Woher wisst ihr das alles? Das von meiner Schwester? Und was denkt Obi darüber?«
    »Das ist unser Job«, sagt Dum. »Die einen nennen uns Dei-Dum, die anderen nennen uns Meisterspione.« Er wackelt dramatisch mit den Augenbrauen.
    »Okay, Meisterspion Dei-Dum, was hat mein Freund gewettet?« Das ist natürlich nicht wichtig, aber ich will es trotzdem wissen.
    »Interessant.« Dei zieht die Augenbrauen hoch. »Jetzt, wo du weißt, dass wir mit Informationen handeln, suchst du dir von allem, was du hättest fragen können, ausgerechnet das aus.«
    Trotz der gefrorenen Erbsen an meinem Kiefer steigt mir Hitze in die Wangen. Ich versuche nicht durchblicken zu lassen, dass ich meine Frage am liebsten zurückziehen würde. »Was soll das, sind wir im Kindergarten? Nun sagt schon.«
    »Er hat gewettet, dass du dich mindestens sieben Minuten lang im Ring halten würdest.« Dum reibt sich die sommersprossige Wange. »Wir haben alle gedacht, dass er verrückt ist.« Sieben Minuten ist eine sehr lange Zeit, wenn riesige Fäuste auf einen einhämmern.
    »Tja, aber wohl nicht verrückt genug«, sagt Dei. Sein Lächeln ist jungenhaft und wirkt so unbeschwert und spitzbübisch, dass man fast vergessen könnte, in welch verrückt gewordener Welt wir leben. »Er hätte wetten sollen, dass du gewinnst, dann hätte er eine Menge Kohle gescheffelt. Mann, die Quoten standen so schlecht für dich.«
    »Ich wette, der könnte Boden in zwei Minuten erledigen«, sagt Dum. »Dem steht knallharter Typ auf die Stirn geschrieben.«
    »Genau neunzig Sekunden«, meint Dei.
    Ich habe Raffe kämpfen gesehen. Ich würde zehn Sekunden wetten, vorausgesetzt, Boden hat kein Gewehr wie in der Nacht, als er uns gefangen genommen hat. Aber das sage ich nicht. Es tröstet mich nicht unbedingt darüber hinweg, dass Raffe nicht heldenhaft eingeschritten ist.
    »Bringt uns heute Nacht hier raus, und wir haben einen Deal«, sage ich.
    »Heute Nacht ist verdammt kurzfristig«, entgegnet Dei.
    »Vielleicht, wenn du versprechen könntest, Anita ihr T-Shirt wegzureißen …« Wieder wirft mir Dum ein jungenhaftes Lächeln zu.
    »Fordert euer Glück nicht heraus.«
    Dei hält ein schlankes Lederetui in die Höhe und lässt es wie einen Köder von seinen Fingern baumeln. »Wie wäre es mit einem Bonus, wenn du ihr das T-Shirt wegreißt?«
    Meine Hände fliegen zu meiner Jeanstasche, wo mein Dietrich und mein Spanner eigentlich hätten sein sollen. Sie ist flach und leer. »Hey, das gehört mir!« Ich greife danach, doch das Etui verschwindet aus Deis Hand. Ich habe nicht mal gesehen, dass er sich bewegt hat. »Wie hast du das gemacht?«
    »Da ist es wieder«, sagt Dum und schwenkt das Etui hin und her. Wie es von Dei zu Dum gelangt ist, ist mir schleierhaft. Sie stehen nebeneinander, aber trotzdem hätte ich doch etwas sehen müssen. Dann verschwindet es wieder. »Nein, doch nicht.«
    »Gebt es mir zurück, ihr diebischen Bastarde! Oder die ganze Sache fällt ins Wasser.«
    Dum sieht Dei an und macht ein trauriges Clownsgesicht. Dei zieht die Augenbrauen hoch.
    »Gut«, seufzt Dei. Er gibt mir das Etui zurück. Diesmal habe ich ganz bewusst versucht, es im Auge zu behalten, aber ich habe trotzdem nicht gesehen, wie es von Dum zu Dei gewandert ist. »Heute Nacht also.«
    Dei-Dum schenken mir ein identisches Grinsen.
    Ich schüttle den Kopf und stapfe davon, bevor sie mir noch mehr klauen können.

20
    Mein Rücken knackst, knirscht und ächzt, als ich versuche, mich aufzurichten. Es dämmert bereits, und mein Arbeitstag ist bald vorbei. Ich lege mir eine Hand ins Kreuz und richte meinen Körper langsam auf wie eine alte

Weitere Kostenlose Bücher