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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
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hast du sie erwischt?«
    Er nickt. Schwarzes Blut tropft aus seinem Haar, als wäre er mit dem Zeug besprüht worden. Bauch und Arme sind ebenfalls blutüberströmt. Sein Hemd ist an der Brust zerrissen, und es sieht aus, als hätte er ziemlich was abbekommen. Ich verspüre den Impuls, einen riesen Wirbel zu veranstalten, doch ich halte ihn unter Kontrolle.
    »Alles in Ordnung?« Eine blöde Frage, zumal ich nicht viel für ihn tun kann, falls nicht, aber es rutscht mir einfach so heraus.
    Er schnaubt. »Abgesehen davon, dass ich quasi gesteinigt wurde, hab ich es überlebt.«
    »Tut mir leid.« Ich fühle mich deswegen ziemlich mies, aber um Gnade winseln hat ja nun auch keinen Sinn.
    »Wenn du dich das nächste Mal mit mir streitest, wüsste ich es sehr zu schätzen, wenn du erst mit mir sprichst, anstatt mich einfach mit Steinen zu bewerfen.«
    »Oh ja, alles klar«, grummle ich. »Du bist ja so verdammt zivilisiert.«
    »Ja, so bin ich, zivilisiert.« Er schüttelt Blut von seiner Hand. »Bist du okay?«
    Ich nicke. Nach meinem gescheiterten Versuch, ihn zu umarmen, gibt es keine elegante Möglichkeit, einen Schritt zurückzutreten, also stehen wir näher beieinander, als uns eigentlich geheuer ist. Ich vermute, ihm geht es genauso, denn er schlüpft an mir vorbei und läuft in die Lichtung hinein. Wahrscheinlich hat sein Körper mich vor dem Wind geschützt, denn mir ist plötzlich kalt. Er holt tief Luft, wie um den Kopf frei zu bekommen, und atmet langsam aus.
    »Was zur Hölle waren das für Dinger?«, frage ich.
    »Ich bin mir nicht sicher.« Er wischt sein Schwert an seinem Hemd ab.
    »Keine Engel, oder?«
    »Nein«, sagt er und schiebt das Schwert zurück in die Scheide.
    »Nun, Menschen waren es garantiert auch nicht. Gibt es noch eine dritte Möglichkeit?«
    »Es gibt immer eine dritte Möglichkeit.«
    »Seltsame böse Dämonen, zum Beispiel? Ich meine, Dämonen, die sogar noch böser sind als Engel?«
    »Engel sind nicht böse.«
    »Klar. Meine Güte, wie konnte ich das nur vergessen?! Ach halt, warte: Vielleicht kommt mein abwegiger Eindruck ja von den ganzen Angriffs- und Zerstörungsmanövern, die ihr abgezogen habt?«
    Er läuft auf die andere Seite der Lichtung in Richtung Wald. Ich hetze hinterher.
    »Warum hast du diese Kreaturen gejagt?«, frage ich. »Wir hätten schon kilometerweit weg sein können, bevor sie ihre Meinung geändert hätten und zurückgekommen wären.«
    Er antwortet, ohne sich nach mir umzudrehen. »Sie sind zu nah an etwas, das gar nicht existieren sollte. Lass derartige Kreaturen entkommen, und sie werden zurückkehren, um dich zu jagen. Glaub mir, ich weiß es.«
    Er beschleunigt den Schritt. Ich eile hinter ihm her, ja ich klammere mich fast an ihn. Ich will nicht wieder im Dunkeln alleine sein. Von der Seite wirft er mir einen Blick zu.
    »Denk nicht mal dran«, sage ich. »Ich bleibe an dir kleben wie ein nasses T-Shirt. Zumindest bis zum Tagesanbruch.« Ich widerstehe der Versuchung, den Arm auszu strecken und sein Hemd zu packen, um mich von ihm durch die Finsternis führen zu lassen.
    »Wie bist du eigentlich so schnell zu mir gekommen?«, frage ich. Zwischen meinem Schrei und dem Moment, in dem er aufgetaucht ist, können höchstens Sekunden gelegen haben.
    Er marschiert weiter durch den Wald.
    Ich öffne den Mund, um meine Frage zu wiederholen, doch er kommt mir zuvor: »Ich habe deine Spur verfolgt.«
    Überrascht bleibe ich stehen. Er geht weiter, also renne ich ihm nach, um sicherzugehen, dass die Entfernung zwischen uns nicht größer wird als zwei Schritte. Alle möglichen Fragen schwirren mir durch den Kopf, aber es hätte keinen Sinn, sie alle zu stellen. Also fasse ich mich kurz: »Warum?«
    »Ich hab doch gesagt, dass ich aufpasse, dass du sicher zurück ins Camp kommst.«
    »Aber ich bin nicht zurück ins Camp.«
    »Das habe ich gemerkt.«
    »Du hast auch gesagt, du würdest mich zu eurem Horst bringen. Mich allein im Dunkeln zu lassen ist wohl kaum dasselbe, oder?«
    »Ich wollte dich irgendwie dazu bringen, vernünftig zu sein, doch ganz offensichtlich gehört das Wort ›vernünftig‹ nicht zu deinem Vokabular. Aber worüber beschwerst du dich eigentlich? Ich bin hier, oder nicht?«
    Dagegen lässt sich schlecht etwas sagen. Er hat mir das Leben gerettet. Während ich darüber nachdenke, laufen wir schweigend nebeneinander her.
    »Also, dein Blut muss ja ziemlich beschissen schmecken, wenn es sogar diese Dinger in die Flucht schlägt«, sage ich

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