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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
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Josiahs blutrote Augen. Er will es ihm nicht sagen. Komm schon, Raffe, wir haben keine Zeit für falsche Scham. Ich weiß, ich bin kaltherzig, aber jeden Moment könnte jemand durch diese Tür kommen, und wir haben noch nicht mal nach Paige gefragt. Ich bin gerade dabei, meinen Mund zu öffnen, um etwas zu sagen, als Raffe zu sprechen beginnt.
    »Man hat mir die Flügel abgeschnitten.«
    Jetzt ist es an Josiah, Raffe anzustarren. »Wie, abgeschnitten?«
    »Ganz.«
    Das Gesicht des Albinos verzerrt sich zu einer Maske des Schreckens. Es ist seltsam, ein so böse wirkendes Augenpaar voller Mitleid zu sehen. Selbst wenn Raffe gesagt hätte, er sei kastriert worden, hätte seine Äußerung nicht mehr Mitgefühl hervorrufen können. Josiah öffnet den Mund, um etwas zu sagen, und schließt ihn dann wieder, als habe er es für dumm befunden, etwas zu sagen. Sein Blick wandert zu Raffes Jackett, aus dem die Flügel hervorlugen, und dann wieder zurück zu seinem Gesicht.
    »Ich brauche jemanden, der sie mir wieder annäht. Sie wieder funktionstüchtig macht.«
    Josiah wendet sich von Raffe ab und lehnt sich gegen das Waschbecken. »Ich kann dir nicht helfen.« Zweifel liegt in seiner Stimme.
    »Alles, was du tun musst, ist rumfragen, die Leute auf die Sache vorbereiten.«
    »Raphael, eine Operation kann nur ein Arzt durchführen.«
    »Super. Dann ist es ja ganz einfach.«
    »Die Chefärztin ist Laylah.«
    Raffe sieht Josiah an, als hoffe er, sich verhört zu haben. »Sie ist die Einzige, die das übernehmen kann?« Furcht liegt in seiner Stimme.
    »Ja.«
    Raffe fährt sich mit der Hand durchs Haar, als wolle er es sich am liebsten ausreißen. »Seid ihr immer noch …?«
    »Ja«, erwidert Josiah widerstrebend und fast so, als wäre es ihm peinlich.
    »Kannst du sie dazu überreden?«
    »Du weißt, dass ich das nicht riskieren kann.« Sichtlich aufgewühlt läuft der Albino auf und ab.
    »Ich würde dich nicht darum bitten, wenn ich eine andere Wahl hätte.«
    »Du hast eine andere Wahl. Die haben Ärzte.«
    »Das ist keine Wahl, Josiah. Wirst du es tun?«
    Josiah seufzt schwer und bereut offenkundig schon jetzt, was er im Begriff ist zu sagen: »Ich werde sehen, was ich tun kann. Versteckt euch in einem Zimmer. In ein paar Stunden komme ich wieder.«
    Raffe nickt. Ich öffne den Mund, um etwas zu sagen, denn ich befürchte, Raffe hat meine Schwester vergessen.
    »Josiah«, sagt Raffe, bevor ich meine Frage stellen kann. »Was weißt du über die entführten Menschenkinder?«
    Josiah, der gerade in Richtung Tür an uns vorbeiwill, bleibt wie angewurzelt stehen. Zu angewurzelt. »Was für Kinder?«
    »Ich glaube, das weißt du ganz genau. Du musst mir nicht verraten, was da vor sich geht. Ich will nur wissen, wo man sie gefangen hält.«
    »Darüber weiß ich nichts.« Er blickt uns noch immer nicht an. Wie erstarrt steht er mit dem Profil zu uns und spricht zur Tür.
    Von draußen schweben Jazzklänge herein. Zwei Männer nähern sich der Toilette. Das allgemeine Stimmengewirr verdichtet sich zu Gesprächsfetzen, die sofort wieder mit den Hintergrundgeräuschen verschmelzen, als sich die Männer langsam zurückziehen. Das Wartungsschild scheint zu funktionieren und die Leute fernzuhalten.
    »Okay«, sagt Raffe. »Bis in ein paar Stunden.«
    Josiah drückt die Tür auf, als könne er nicht schnell genug nach draußen gelangen.

32
    Mir schwirrt der Kopf von allem, was ich gehört habe. Nicht mal die Engel wissen, weshalb sie hier sind. Heißt das, ich kann sie vielleicht überzeugen, dass sie gehen sollen? Ist Raffe der Schlüssel zu einem Bürgerkrieg unter ihnen? Ich nehme all meinen Grips zusammen, um mir einen Reim auf die Engelspolitik und die sich bietenden Möglichkeiten zu machen.
    Doch dann stelle ich die Grübelei ein, denn nichts davon wird meiner Schwester helfen.
    »Da redest du die ganze Zeit mit ihm und stellst nur eine einzige Frage zu meiner Schwester?« Wütend funkle ich ihn an. »Er weiß etwas.«
    »Gerade genug, um vorsichtig zu sein.«
    »Woher willst du das wissen? Du hast ihn nicht gerade ausgequetscht.«
    »Ich kenne ihn. Irgendwas hat ihn erschreckt. Im Moment kann ich nicht weiter gehen. Wenn ich ihn zu sehr bedränge, macht er völlig dicht.«
    »Du glaubst nicht, dass er in der Sache mit drinhängt?«
    »Dass er Kinder entführt? Nicht sein Stil. Mach dir keine Sorgen. Unter Engeln ist es so gut wie unmöglich, ein Geheimnis zu bewahren. Wir werden jemanden finden, der bereit ist, uns alles zu

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