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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
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die in kurzen Sprüngen von Stockwerk zu Stockwerk fliegen. Dabei bewegt sich ein äußerer Engelring spiralförmig nach oben und ein innerer spiralförmig nach unten.
    Ich schätze, sie tun das, um Zusammenstöße zu vermei den, so wie ja auch unsere Verkehrsanlagen von oben orga nisiert aussehen. Doch trotz dieses praktischen Ursprungs wirkt es wie eine atemberaubende Abfolge himmlischer Körper in einem scheinbar choreografierten Luftballett. Hätte Michelangelo das Ganze bei Tageslicht mit durch die Glaskuppel hereinströmenden Sonnenstrahlen gesehen, er wäre auf die Knie gefallen und hätte bis zur Erblindung gemalt.
    Mit einem »Bing« gleiten die Fahrstuhltüren auf, und ich reiße mich von der Pracht über mir los.
    Raffe steht neben mir und sieht seinen Kollegen beim Fliegen zu. Bevor er die Augen schließt, nehme ich etwas an ihm war, das Verzweiflung sein könnte.
    Oder Sehnsucht.
    Ich weigere mich, Mitleid mit ihm zu haben. Ich weigere mich, irgendetwas anderes zu empfinden als Wut und Ärger für all die Dinge, die seine Leute meinen angetan haben.
    Doch der Hass kommt nicht.
    Stattdessen spüre ich Mitgefühl in mir aufkeimen. So verschieden wir auch sind, in vielerlei Hinsicht sind wir verwandte Seelen. Wir sind einfach nur zwei Menschen, die sich darum bemühen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.
    Doch dann fällt mir wieder ein, dass er ja gar kein Mensch ist.
    Ich betrete den Aufzug. Er hat den Spiegel, die Holzverkleidung und den roten Teppich, den man von einem Aufzug in einem teuren Hotel erwartet.
    Die Türen gleiten zu, und Raffe steht noch immer da draußen. Ich strecke die Hand in die Lichtschranke, um sie offen zu halten.
    »Was ist los?«
    Gehemmt blickt er sich um. »Engel betreten keine Aufzüge.«
    Natürlich. Sie fliegen zu ihren Stockwerken. Für alle, die uns vielleicht beobachten, packe ich ihn spielerisch am Handgelenk, wirble ihn trunken herum und kichere dabei. Dann tanze ich mit ihm in den Aufzug hinein.
    Ich drücke den Knopf für die siebzehnte Etage. Bei dem Gedanken, von so hoch oben fliehen zu müssen, macht mein Magen zusammen mit dem Aufzug einen Satz. Raffe sieht auch nicht aus, als würde er sich allzu wohl fühlen. Jemandem, der es gewohnt ist, frei am Himmel zu fliegen, muss ein Aufzug wie ein stählerner Sarg vorkommen.
    Als sich die Tür öffnet, macht er einen schnellen Schritt nach draußen. Offensichtlich ist ihm sein Bedürfnis, aus dieser sargähnlichen Maschine herauszukommen, wichtiger als das Risiko, beim Aussteigen aus einem Fahrstuhl gesehen zu werden.
    Wie sich herausstellt, haben wir eine Suite mit Schlaf- und Wohnzimmer, einer Bar und Panoramafenstern. Alles ist aus Marmor und weichem Leder, der Teppich aus Plüsch. Noch vor zwei Monaten wäre die Aussicht atemberaubend gewesen. San Francisco vom Feinsten.
    Jetzt würde ich beim Anblick der kohlschwarzen Verwüstung am liebsten weinen.
    Wie ein Schlafwandler gehe ich zum Fenster. Ich lege meine Stirn und meine Handflächen an das kühle Glas, so wie ich sie auch auf den Grabstein meines Vaters legen würde. Die verkohlten Hügel sind mit schiefen Gebäuden übersät, die wie abgebrochene Zähne in einem verbrannten Kiefer aussehen. Haight-Ashbury, der Mission District, North Beach, South of Market, der Golden Gate Park … alles weg. Tief in mir zerbricht etwas wie Glas, das von einem Fuß zermalmt wird.
    Hier und da steigen Rauchwolken wie die Finger eines Ertrinkenden in den Himmel, der noch ein letztes Mal die Hand nach oben reckt.
    Und doch, es gibt Gegenden, die noch nicht ganz nieder gebrannt sind und Menschen aus den Nachbargemeinden beherbergen könnten. San Francisco ist bekannt für seine inselartigen Viertel. Könnte eins von ihnen dem Ansturm von Asteroiden, Feuer, Plünderern und Krankheiten standgehalten haben?
    Raffe fängt an, die Vorhänge zuzuziehen. »Ich weiß nicht, warum sie die Vorhänge offen gelassen haben.«
    Ich weiß warum. Die Zimmermädchen sind Menschen. Sie wollen die Illusion von Zivilisation zerstören. Sie wollen sicherstellen, dass niemand jemals vergisst, was die Engel getan haben. Ich hätte die Vorhänge auch offen gelassen.
    Als ich mich endlich von dem Fenster loseise, legt Raffe gerade den Hörer auf. Seine Schultern sacken nach vorne, und endlich scheint ihn die Erschöpfung einzuholen. »Warum gehst du nicht unter die Dusche? Ich habe eben was zu Essen bestellt.«
    »Zimmerservice? Gibt es diesen Ort wirklich? Die Hölle ist über die Erde

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