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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
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erzählen.«
    Er geht zur Tür.
    »Bist du wirklich ein Erzengel?«, flüstere ich.
    Er wirft mir ein süffisantes Lächeln zu. »Beeindruckt?«
    »Nein«, lüge ich. »Aber ich würde gerne ein paar Beschwerden über dein Personal einreichen.«
    »Wende dich an die mittlere Führungsebene.«
    Mit einem Killerblick folge ich ihm zur Tür.
    Sobald wir durch die Flügeltüren treten, ist es vorbei mit der drückenden Hitze und dem Lärm. Wir gehen in die kühle, marmorne Halle zu einer Reihe Fahrstühle. Wir nehmen den langen Weg und halten uns dicht an den Wänden, wo die Schatten am tiefsten sind.
    An der Rezeption macht Raffe kurz Halt. Ein blonder Be diensteter im Anzug steht wie ein Roboter hinter der Theke. Von Weitem wirkt er, als sei er mit seinen Gedanken ganz woanders, doch sobald wir in Lächel-Reichweite sind, erwacht sein Gesicht zum Leben und verzieht sich zu einer höflich professionellen Maske.
    »Was kann ich für Sie tun, Sir?« Aus der Nähe sieht sein Lächeln ein bisschen gezwungen aus. In seinen Augen liegt Ehrerbietung, wenn er Raffe anschaut, und Kälte, wenn er sich an mich wendet. Na, wie schön für ihn. Er mag es nicht, für Engel zu arbeiten, und noch weniger mag er es, wenn sich Menschen bei ihnen einschmeicheln.
    »Gib mir ein Zimmer.« Auf der Arroganzskala schießt Raffe gerade ganz nach oben. Er steht aufrecht da und macht sich nicht die Mühe, den Mann beim Sprechen mit mehr als nur einem flüchtigen Blick zu bedenken. Entweder will er den Angestellten so sehr einschüchtern, dass er keine Fragen stellt, oder alle Engel legen Menschen gegenüber ein solches Verhalten an den Tag, und er möchte nicht anders in Erinnerung bleiben. Ich schätze, es ist beides.
    »Die oberen Stockwerke sind alle belegt, Sir. Wäre etwas weiter unten auch in Ordnung?«
    Raffe seufzt, als wäre das eine Zumutung. »Gut.«
    Der Angestellte blickt in meine Richtung und kritzelt dann etwas in sein altmodisches Hauptbuch. Er überreicht Raffe einen Schlüssel und sagt, wir seien in Zimmer 1712 untergebracht. Schon will ich den Mund aufmachen, um nach einem eigenen Zimmer für mich zu fragen, doch dann besinne ich mich eines Besseren. In Anbetracht der Frauen, die versucht haben, sich eine Begleitung zu organisieren, um ins Gebäude zu gelangen, würde ich vermuten, dass die einzigen Menschen, die alleine herumlaufen dürfen, Bedienstete sind. So viel zum Thema »nach meinem eigenen Zimmer fragen«.
    Der Angestellte wendet sich an mich und sagt: »Benutzen Sie gerne den Aufzug, Miss. Auf den Strom hier ist Verlass. Der einzige Grund, aus dem wir Schlüssel statt elektronischer Karten benutzen, ist der, dass es den Masters so lieber ist.«
    Hat er die Engel wirklich »Masters« genannt? Bei dem Gedanken werden meine Finger kalt. Trotz meiner Entschlossenheit, mir Paige zu schnappen und dann von hier abzuhauen, kann ich nicht umhin, mich zu fragen, ob ich irgendetwas tun kann, um diese geflügelten Bastarde zur Strecke zu bringen.
    Es stimmt: Wenn ich an die Kontrolle denke, die sie über das haben, was einmal unsere Welt war, sträubt sich mir der Verstand. Sie sind in der Lage, Lampen und Fahrstühle mit Strom zu versorgen und einen Vorrat an Gourmet-Speisen sicherzustellen. Es würde mich nicht wundern, wenn Magie im Spiel wäre. Eine solche Erklärung ist in diesen Tagen so gut wie jede andere. Aber ich bin noch nicht recht bereit, Jahrhunderte wissenschaftlichen Fortschritts wegzuwerfen und wie ein mittelalterlicher Bauer zu denken.
    Ich frage mich, ob die nächste Generation annehmen wird, dass alles in diesem Gebäude durch Magie betrieben wird. Ich beiße die Zähne zusammen. So weit also haben die Engel uns getrieben.
    Ich werfe einen Blick auf Raffes perfekt geformtes Profil. Kein Mensch könnte je so gut aussehen. Es ist wieder nur eine Erinnerung daran, dass er keiner von uns ist.
    Als ich mich abwende, erhasche ich einen Blick auf das Gesicht des Angestellten. Der Ausdruck in seinen Augen erwärmt sich gerade so viel, um mir anzudeuten, dass er meiner grimmigen Miene zustimmt, die ich bei Raffes Anblick aufgesetzt habe. Sofort wird sein Gesicht wieder zur höflich professionellen Maske, und er erklärt Raffe, er könne ihn jederzeit anrufen, wenn er etwas brauche.
    Der kurze Korridor mit den Aufzügen führt zu einer riesigen Freifläche. Als ich den Aufzugknopf drücke, werfe ich einen Blick nach oben. Über mir nichts als Balkonreihen, bis hinauf zu dem gewölbten Glasdach.
    Dort oben kreisen Engel,

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