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Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Ee
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bestelle eine Flasche Champagner von der Speisekarte des Zimmerservice. Ich überlege, nach Dei-Dum zu fragen, doch dann beschließe ich, es fürs Erste dem Zufall zu überlassen.
    In der alten Welt hätte ich laut Gesetz gar nicht trinken dürfen, geschweige denn mir eine Flasche Champagner in eine Suite bestellen, die tausend Dollar pro Nacht kostet. Ich tigere weiter auf und ab und gehe im Geiste alle möglichen Szenarien durch. Als ich schon überzeugt bin, einen Kreis in den Plüschteppich getrampelt zu haben, klopft es.
    Bitte, bitte, lass es Dei-Dum sein.
    Ich öffne einer unscheinbar wirkenden Frau die Tür. Ihre dunklen Augen blicken unter einem Gewirr aus krausem, braunem Haar hervor. Ich bin so enttäuscht, dass ich einen scharfen, metallischen Geschmack im Mund habe. Der Frust, nicht Dei-Dum vor mir zu haben, ist derart groß, dass ich ernsthaft in Erwägung ziehe, mich auf ihre schwarz-weiße Uniform zu stürzen. Sie trägt einen langen schwarzen Rock und eine frische weiße Bluse unter einer schwarzen, taillenlangen Jacke, die aussieht wie die weibliche Version eines Smokings. Sie ist ein bisschen größer als ich, aber nicht viel.
    Ich öffne die Tür und bedeute ihr, hereinzukommen. Sie geht zu dem Couchtisch und stellt das Tablett ab.
    »Hast du Familie?«, frage ich.
    Sie dreht sich um und blickt mich wie ein erschrockener Hase an. Sie nickt, ihr krauses Haar fällt ihr in die Augen.
    »Kannst du sie mit diesem Job ernähren?«
    Wieder nickt sie, ihre Augen werden argwöhnisch. Vor ein paar Monaten war sie vielleicht noch unschuldig, doch es könnte genauso gut eine Ewigkeit her sein. Die Unschuld in ihren Augen verflüchtigt sich zu schnell. Dieses Mädchen musste kämpfen, um den Job zu bekommen, und ihrem grimmigen Gesichtsausdruck nach zu urteilen, muss sie auch kämpfen, um ihn zu behalten.
    »Wie viele von euch bringen Essen aufs Zimmer?«
    »Warum?«
    »Ich bin nur neugierig.« Ich überlege, ob ich ihr sagen soll, dass ich auf Dei-Dum warte, doch ich möchte ihn nicht in Gefahr bringen. Es gibt zu viele Dinge, die ich an der Engel-Gesellschaft und ihrem Umgang mit Bediensteten nicht verstehe, um jetzt mit Namen um mich zu werfen.
    »Wir sind ungefähr ein halbes Dutzend.« Sie zuckt eine Schulter. Ihre misstrauischen Augen ruhen weiter auf mir, während sie zurück zur Tür geht.
    »Wechselt ihr euch ab, wenn ihr etwas aufs Zimmer bringt?«
    Sie nickt. Ihr Blick fliegt zur Schlafzimmertür. Vermutlich fragt sie sich, wo sich mein Engel aufhält.
    »Mache ich dir Angst?«, frage ich in absichtlich angsteinflößendem Ton. Ihr Blick schießt zurück zu mir. Wie ein Vampir schlendere ich mit hungrigem Gesicht zu ihr hinüber. Ich denke mir das alles beim Gehen aus, aber ich merke, dass sie ziemlich verängstigt wirkt. Schätze, das ist besser, als wenn sie mich auslachen würde, weil ich mich so seltsam aufführe.
    Ihre Augen weiten sich, als ich näher komme. Sie umklammert den Türknauf und stürzt förmlich nach draußen.
    Hoffentlich ist sie damit in Sachen Zimmerservice aus dem Rennen. Schlimmstenfalls muss ich noch fünf weitere Bestellungen aufgeben.
    Wie sich herausstellt, braucht es nur zwei Anrufe, bevor Dei-Dum mit einem großen Stück Käsekuchen das Zimmer betritt. Schnell schließe ich die Tür hinter ihm und lehne mich dagegen, als könnte ich ihn so dazu zwingen, mir zu helfen.
    Das Erste, was ich ihn fragen will, ist, wann der Angriff stattfinden wird. Doch er hat mich in Begleitung der Engel gesehen, und ich fürchte, er wird es als Bedrohung empfinden, wenn ich ihn plötzlich über die geplanten Angriffe ausfrage. Also bleibe ich bei den Basics.
    »Weißt du, wo sie die Kinder gefangen halten?« Ich glaube nicht, dass ich sehr laut spreche, trotzdem wedelt er mit der Hand und bedeutet mir, still zu sein.
    Sein Blick fliegt zum Schlafzimmer.
    »Sie sind weg«, flüstere ich. »Bitte hilf mir. Ich muss meine kleine Schwester finden.«
    Er starrt mich so lange an, bis ich zappelig werde. Dann holt er einen Stift und einen Papierblock hervor, so einen, den Kellner benutzen, um Bestellungen aufzunehmen. Er kritzelt etwas darauf und reicht ihn mir. Die Notiz lautet: Geh, solange du noch kannst.
    Ich strecke die Hand nach dem Stift aus und schreibe auf das gleiche Blatt Papier. Noch vor ein paar Monaten wäre es völlig normal gewesen, sich ein neues Blatt zu nehmen, aber jetzt könnte das noch vorhandene Papier das letzte sein, was wir je haben werden. Geht nicht. Muss meine

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