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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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bitter werden. Du musst dir von deinem Geld irgendwann noch Handschuhe und eine Mütze kaufen.«
    Ich nehme einen Löffel von meiner Suppe. Noch immer trage ich die Sachen, die Padraig mir gestern geliehen hat. »Alle sind wirklich nett zu mir gewesen«, sage ich. »Ich werde auf alle Fälle auch was zu den Kosten beitragen. Versprochen.«
    »Ach, mach dir keine Gedanken. Ich find’s einfach nur schön, einen neuen Gesprächspartner zu haben. Auch wenn du Brite bist.« Er winkt, um zu verdeutlichen, dass er einen Scherz gemacht hat, und fügt dann nach einer Weile hinzu: »Nicht dass es irgendwie von Bedeutung wäre, aber … Protestant oder Kathole?«
    »Wie bitte?«
    »Na, du weißt doch … Gott? Der mächtige alte Mann da oben? Für welche seiner Mannschaften spielst du, wenn überhaupt? Sagt dir das irgendwas?«
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sage ich und schüttele den Kopf.
    »Na, macht nichts. Aber du würdest es bestimmt wissen, wenn du ein Römischer wärst. Siehst du diese Schultern? Wie eingefallen sie sind? Ich hab schon eine furchtbar schlimme Haltung, weil ich die ganze Zeit diese Schuld mit mir herumtrage.«
    Padraig verfällt angesichts seines Witzes in Gelächter und nimmt einen großen Schluck von seinem Bier. Seine Erwähnung Gottes hat irgendwo in den Tiefen meines Bewusstseins etwas gelöst, allerdings nicht so vollständig, dass es an die Oberfläche heraufkommt.
    »So komisch es klingt, aber Prag erinnert mich an zu Hause«, sagt er plötzlich. »Ich meine, Dublin ist natürlich nicht das Gleiche wie Prag, aber die Leute hier haben mit meinen Dublinern viel gemeinsam. Die Tschechen sind im Laufe der Jahrhunderte immer wieder beschissen worden, genau wie die Iren.«
    Padraig beendet seine Mahlzeit und trinkt sein Bier aus. »Ich hab mal einen Briten gefragt, was sie ihm in der Schule beigebracht haben. Er sagte, bei ihm sei’s ständig nur um den Ersten Weltkrieg und den Zweiten Weltkrieg, um Waterloo und die Burenkriege gegangen. Weißt du, was sie uns in der Schule erzählt haben? Die Geschichte jedes Einzelnen, der jemals von den Briten gelinkt wurde. Deshalb weiß ich auch alles über die Tschechen. Glaub ja nicht, wenn sie dir erzählen, dass die Geschichte immer nur von den Siegern geschrieben wird, Pooty.«
    Eine Weile sitzt Padraig nachdenklich da und bittet dann schließlich den Kellner, uns noch zwei Bier zu bringen. »Bist du deswegen nach Prag gekommen?«, frage ich.
    Er fährt sich mit der Hand durch sein verwuscheltes, dicht gelocktes Haar. »Ich fürchte, so romantisch waren meine Gründe keineswegs. Ich hab mich zu Hause … in so eine Sache verwickelt. Hab mich mit einem Haufen mieser Leute aus dem Norden rumgetrieben. Nicht was du denkst – es waren überwiegend nur NOK s.«
    » NOK s?«
    Padraig grinst mich breit an. »Normale Ordentliche Kriminelle. Keine Provokateure, mit anderen Worten. Aber alles ziemlich klasse Typen, Pooty. Na ja, auf alle Fälle musste ich mal für ’ne Weile die Stadt wechseln. Und so bin ich hier gelandet.«
    »Wie bist du den anderen begegnet?«
    »Zuerst habe ich John und Cody kennengelernt. Oder eigentlich haben sie mich aufgelesen. Ich war schon ungefähr eine Woche hier und hab mich am Bahnhof rumgetrieben. Eines Tages saß ich da und beobachtete, wie die beiden Plakate für irgendeine große Demo aufhängten, als ich plötzlich einen Bullen um die Ecke kommen sah. Ich hab sie gewarnt und bin dann mit ihnen zusammen getürmt, weil die Bullen auch nichts für Leute übrig haben, die draußen pennen. Wenn du richtig Pech hast, halten sie dich für einen Zigeuner und hauen dir ordentlich aufs Maul.«
    »Demo?«, frage ich und versuche, Padraigs Redefluss zu folgen.
    »Ja, dieses ganze Anti-Globalisierungszeug, weißt du?«, setzt er an, hält aber plötzlich inne. »Ach, wir reden später darüber. Am besten, wenn John wieder da ist. Egal, auf alle Fälle haben sie mich dann mit in ihr besetztes Haus genommen und alles für mich geregelt. Ich weiß, Cody kommt manchmal echt wie ’n totaler Idiot rüber, aber eigentlich ist er völlig korrekt.«
    »Und John?«
    Padraig zuckt mit den Schultern. »Wie ich gestern schon sagte: John ist John. Du wirst schon sehen. Also, er ist ein bisschen undurchsichtig, hat aber ein Herz aus Gold. Wenn er nicht gewesen wäre, würde ich noch auf der Straße leben. Dann hat er plötzlich dieses Haus gefunden … aus dem Nichts. Und mir geht es jetzt besser, als es mir in Dublin je ergangen ist. Das liegt

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