Angelglass (German Edition)
eine Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen. Hab ich recht, Petey?«
Petey kichert. »Glatte Eins, John.«
»Deva wird also anwesend sein«, sagt John zuversichtlich. »Aber wir müssen unsere eigenen Pläne schmieden. Jeder ergreift für die Protestaktion ganz unterschiedliche Maßnahmen, aber wir alle arbeiten auf ein gemeinsames Ziel hin: Wir wollen der Welt zeigen, wie bösartig die Ölindustrie ist. Und wir wollen den Menschen zu Hause klarmachen, dass der Klimawandel eine Tatsache ist und nur schlimmer und schlimmer wird. Es wird Gewalt geben, und es wird Verhaftungen geben. Es wird Zerstörung und Vandalismus geben. Protestmärsche, Plakate, Petitionen. Wir hingegen werden uns auf etwas konzentrieren, das ein wenig … spektakulärer ist.«
Während John den Joint an Padraig weiterreicht, beuge ich mich erwartungsvoll vor. »Es ist ein ziemlich anspruchsvoller Plan. Um nicht zu sagen waghalsig, aber scheiß drauf. Die Protestaktion wird auf jeder Titelseite und in allen Abendnachrichten erscheinen. Die Revolution als Direktübertragung, Leute.«
John steht auf und läuft im Zimmer herum. Offenbar kann er seine Erregung nur schwer unterdrücken. »Auf dem Gipfel der Konferenz, wenn alle diese dreckfressenden Delegierten am Tisch sitzen und sich raffinierte neue Ideen ausdenken, wie sie den Planeten am besten ausbluten lassen …
PENG !«
Sein plötzlicher Ausruf lässt uns alle zusammenfahren. Peng? Was haben diese Leute vor? Plötzlich erinnere ich mich an die Schachteln, die Kisten, das Gerede über Zeitzünder.
»Peng!«, wiederholt John, jetzt viel ruhiger. »Feuerwerk. Rote, blaue und grüne Raketen. Wir werden sie über Prag explodieren lassen. Und wenn alle Augen gen Himmel gerichtet sind, wird sich unser Transparent entrollen.«
»Transparent?«, frage ich. Mit einem Mal wird mir klar, dass ich vor lauter Spannung die Luft angehalten habe.
»Du klingst ja ziemlich enttäuscht«, sagt Jenny lachend. »Aber es ist ein verdammt großes Transparent.«
»Riesengroß«, korrigiert sie Cody. »Wir werden damit die gesamte Front des
Excelsiors
verdecken. Das wird auf der ganzen Welt zu sehen sein.«
Mit einer ausladenden Geste malt John unsichtbare Wörter in die Luft. » STOPPT DIE ZERSTÖRUNG DES PLANETEN .«
»Sehr prägnant«, murmelt Karla. »Daran haben bestimmt die hellsten Köpfe der Protestbewegung gesessen.«
John ist offenbar amüsiert. »Zugegeben, das klingt nicht nach Chomsky. Bringt aber die Botschaft rüber, wie ich finde. Und ich glaube kaum, dass du dir was Komplizierteres wünschen würdest, Karla. Denn schließlich wirst du uns helfen, das Transparent zu beschriften.«
»Wie bitte?«, protestiert Karla. »Ich dachte, ich sollte uns ins
Excelsior
hineinbringen …«
»Das wirst du auch«, beschwichtigt John. »Ohne deinen Presseausweis würden wir niemals in das Hotel kommen. Padraig kümmert sich um das Feuerwerk. Jenny hat einen Etagenplan des Hotels organisiert. Petey hat in den letzten drei Monaten dem Portier Dope verkauft. Und Cody hat aufgrund seiner Kontakte zu den anderen Gruppen und mit seinem Organisationstalent unschätzbare Dienste geleistet.«
»Okay, verstehe«, sagt Karla und seufzt. »Wir sind alle kleine Rädchen, die am großen Rad des Protests drehen. Ich begreife nur nicht, wieso ich …«
»Wieso du dir die Hände schmutzig machen musst?«, fragt Cody leicht ironisch.
John runzelt die Stirn und hebt seine Hand. »Also bitte, wir wollen uns doch jetzt nicht wie Kinder benehmen. Karla, ich wollte lediglich sagen, dass du das Transparent mit uns zusammen malen wirst. Niemand sollte sich in dieser Gruppe für irgendetwas zu schade sein. Also, wenn wir jetzt bitte weitermachen, würde ich gerne den Plan im Einzelnen erörtern. Karla, dein Presseausweis ist vermutlich so weit in Ordnung?«
»Ja, sicher. Ich bin für das komplette Symposium akkreditiert. Ich kann das
Excelsior
betreten und verlassen, wie ich möchte.«
»Hervorragend. Petey, dieser Portier ist völlig auf unserer Seite?«
»Vollkommen, Mann. Er kauft mir jeden Tag fünf Gramm ab. Er wird genau das tun, was wir wollen.«
Gedankenverloren setzt sich John wieder hin. »Wir müssen innerhalb der nächsten Woche das Transparent ins Hotel schaffen.«
»Aber steigt dann nicht das Risiko, dass es vorher entdeckt wird?«, fragt Padraig.
»Gib mir bitte mal den Etagenplan, Cody«, sagt John. Pflichtbewusst zieht Cody den Plan aus einem Ordner. John faltet ihn auseinander und legt ihn auf den
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