Angelglass (German Edition)
Tisch. »Hier ist die Seite, die auf den Wenzelsplatz hinausgeht«, sagt er und zeigt mit einem Kugelschreiber auf den Plan. »Das Transparent muss oben an beiden Hausecken befestigt werden, am besten hier, wo sich rechts und links diese beiden Zimmer befinden. Das Zimmer auf der rechten Seite ist anscheinend ein Vorratsraum. Und das Zimmer ganz links ist … was? Cody?«
Cody inspiziert den Plan. »Sieht aus wie ein Personalraum oder so was.«
»Hmm«, sagt John. »Das könnte schwierig werden. Wir müssen uns diesen Raum so früh wie möglich sichern. Karla, wie viele Leute kommen mit deinem Presseausweis ins Hotel?«
»Nur ich. Aber es gibt auch einen Ausweis für den Fotografen.«
»Wird deine Zeitung jemanden in den Konferenzsaal schicken?«
»Vermutlich nicht. Es ist dann bereits der vierte Tag des Symposiums und da gibt’s wohl nichts Besonderes zu sehen. Aber wahrscheinlich kann ich den Fotografen für ein paar Stunden wegschicken und dann einen von uns reinbringen.«
John denkt einen Augenblick nach. »Poutnik, würde ich sagen.«
»Wie bitte?«, protestiert Cody. »Jetzt warte mal, John. »Es ist ja völlig in Ordnung, dass er mitmacht, aber …«
John unterbricht ihn mit einer Handbewegung. »Poutnik. Er wird hineingehen. Du wirst bereits mir helfen, Cody. Und außerdem warst du die ganze Zeit mit den Wombles und den anderen Gruppen zusammen, und das heißt, dass dein Gesicht wahrscheinlich nicht unbekannt ist. Jenny ist beschäftigt, und Padraig und Petey werden sich um die Ablenkung kümmern.«
»Ablenkung?«, fragt Petey und sieht skeptisch zu Padraig.
»Die Einzelheiten besprechen wir gleich«, sagt John. »Petey, kannst du so nett sein und uns noch etwas Kaffee machen?«
Petey verschwindet in die Küche. »Karla und Poutnik werden hineingehen und diesen Angestelltenraum sichern«, fährt John fort. »Egal wie. Ihr müsst bloß unbedingt verhindern, dass ihn jemand anderes betritt. Peteys Portier wird das Transparent für uns in Empfang nehmen und es dann im Vorratsraum auf der anderen Seite des Hotels verstecken.«
»Und wie stellen wir es an, dass das Transparent dann dreißig Meter über die ganze Vorderfront reicht?«, will Karla wissen.
»Darum kümmert sich unsere Seilartistin Jenny.«
»Und wie soll sie am 15. November in das am besten bewachte Hotel von ganz Prag hineinkommen?«, fährt Karla fort.
»Hey, Petey«, ruft John in die Küche hinein. »Wie sehr ist diesem Portier daran gelegen, seinen Job zu behalten?«
»Oh, absolut, Mann«, antwortet Petey.
»Okay, Jenny ist also drin.« John grinst. »Wenn der Portier sie erst mal reingelassen hat, dann wird sie sich mit ihrem Arztausweis von der Uni problemlos im Hotel bewegen können. Zur Not behauptet sie eben, dass sie zum medizinischen Personal gehört. Wenn wir so weit sind, wird Jenny das eine Ende des Transparents an diesem Fenster befestigen. Dann wird sie mit dem Seil über den Dachvorsprung bis zum Personalraum kriechen, wo Karla und Poutnik warten. Dort werden sie das Seil straff ziehen und das Transparent entrollen. Ziemlich einfach, oder?«
»Und was ist mit dem Feuerwerk?«, fragt Jenny.
»Aah«, sagt John, als Petey mit einem Tablett wieder ins Wohnzimmer kommt. »Okay, wie ihr euch erinnert, habe ich von Ablenkung gesprochen. Und so machen wir’s. Petey und Padraig werden ein Feuerwerk entzünden.«
»Super«, sagt Padraig. »Ich steh auf fantastische gelbe Wunderkerzen.«
»›Denn die einzig wirklichen Menschen sind für mich die Verrückten – jene, die niemals etwas Alltägliches sagen, sondern brennen, brennen, brennen‹«, deklamiert John. »Jack Kerouac. Schönes Zitat, Padraig. Lasst uns die Tassen erheben, all wir Verrückten, und auf die Operation Wunderkerze anstoßen.«
Nachdem wir alle getrunken haben, ergreift John erneut das Wort. »Und jetzt zum Thema Ablenkung. Hinter dem
Excelsior
gibt es eine Jugendherberge. Padraig und Petey werden sich ein paar Tage vor dem fünfzehnten dort einmieten. Sehr wahrscheinlich wird es dort die ein oder andere Razzia geben, zumal eine große Anzahl von Demonstranten während des Symposiums dort wohnen wird. Wir werden die Feuerwerksraketen hier aufbewahren und sie nach und nach dort hinbringen. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, klettern Padraig und Petey aufs Dach und schießen die Raketen von dort aus ab. Und wenn dann alle auf dem Wenzelsplatz in den Himmel gucken, wird das Transparent entrollt. Hallo Abendnachrichten, da sind wir.«
»Und was machen
Weitere Kostenlose Bücher