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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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und Kepler in der Goldenen Gasse. Doch wo ist der magische Stein? Ich taste mich weiter durch den Raum, bis ich ein grobes Tuch spüre, das einen harten runden Gegenstand bedeckt. Unwillkürlich ziehe ich meine Hand zurück; der Stein fühlt sich unter meiner Berührung fast lebendig an.
    »Meister Poutnik?«
    Ich erstarre. Jakob. Sind wir womöglich schon entdeckt worden.
    »Meister Poutnik? Ist alles in Ordnung?«
    »Ja«, fauche ich. »Wolltest du nicht Wache halten?«
    Jakobs Gestalt tritt in den dunklen Raum. »Es dauert so lange, ich habe mir Sorgen gemacht …« Seine Stimme bricht ab, als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. »Ist das …?«
    Ich sehe wieder zu dem zugedeckten Stein und lasse meine Hand über ihm schweben. »Ja. Ich glaube schon.«
    Jakob stellt sich neben mich. Vorsichtig entferne ich das Tuch. »Er sieht ja nicht sehr beeindruckend aus«, sagt er skeptisch.
    Ich hocke mich vor den Stein und betrachte aufmerksam seine polierte Oberfläche. »Er kommt mir … irgendwie bekannt vor, Jakob. Als hätte ich ihn schon mal gesehen oder …«
    Keine Kommunikation.
    »Meister Poutnik?«, flüstert Jakob. »Was ist denn?«
    Erst jetzt wird mir klar, dass ich einen kleinen Schrei ausgestoßen habe. »Ich weiß nicht, Jakob. Ich …«
    Kommunikation ist verboten.
    Ein starker Schmerz fährt in meinen Kopf und scheint meinen Schädel zu spalten. Ich schreie laut auf.
    »Meister Poutnik, wir sollten gehen …«
    »Warte, Jakob.« Der magische Stein scheint zu pulsieren. Voller Licht und Leben. »Kannst du das nicht sehen?«
    Ich strecke die Hand aus und berühre den Obsidian. Jakob murmelt irgendetwas, als der Raum plötzlich in immer heller werdendes Licht getaucht wird. Es ist der Stein. Er leuchtet. Ich fasse ihn fester an, und unversehens scheint er sich unter meinen Fingern aufzulösen. Doch meine Finger sind keine Finger mehr, sondern … Licht … Licht, das in Licht schneidet … mit dem Stein verschmilzt … unmöglich, qualvoll. Ich spüre, dass Jakob vor mir zurückweicht, als das Licht noch heller wird und zu explodieren scheint. »Meister Poutnik …«
    Dann erklingt plötzlich ein nach Licht klingendes Geräusch. Wie ein Gesang. Hunderte von Musikinstrumenten erklingen in einem Akkord, der wie ein heftiger Sturm in mein Bewusstsein schneidet und in einen einzigen, perfekten, herzzerreißenden Satz mündet.
    Nein, Uriel, es ist noch nicht an der Zeit.
    Dann wird das Licht plötzlich so gleißend hell, dass mir die Augen schmerzen. Ich höre Jakob schreien und kann nichts anderes mehr spüren als den Widerschein des heißen weißen Lichts auf meinen Augen. Dann werde ich ohnmächtig.
    Als ich, offenbar nur wenige Augenblicke später, wieder erwache, ist der Stein genauso, wie er sein sollte; ein toter Klumpen aus poliertem Obsidian. Der Raum ist wieder von Dunkelheit erfüllt und ich bin allein.
    Jakob ist verschwunden.

Intermezzo 3
    Und doch … und doch … Uriel blickt über die silbrig glänzende Stadt, betrachtet ihre perfekt angeordneten Lichtstraßen und die hübschen, von singenden Sonnenblumen gesäumten Rasenflächen. Wesen wie er selbst schweben in den warmen Aufwinden und verlieren sich schwatzend in der Unendlichkeit der geometrischen Wiesen.
    So schön, so makellos, so gut und so groß.
    Und doch …
    So eintönig. Unendliche Perfektion und zeitlose Schönheit. Heimlich sehnt sich Uriel nach einem Unkraut, das die dichten Reihen identischer Blüten durchbricht; er sucht nach einem einladenden Schatten inmitten des endlosen Lichts, hofft vergeblich auf ein barsches Wort oder einen verzweifelten Schrei dort unten in den Alleen.
    Er blickt zum Haus. Im Zentrum der Stadt erhebt es sich, strahlt Schönheit aus und Licht und Güte. Das Haus. Wo alles richtig ist, wo Ordnung herrscht, wo das Wort zu Fleisch wird. Leuchtkäfer umschwirren das Haus, Wesen wie er selbst bestellen die Geschäfte der leuchtenden Stadt. Geschäfte, die er in letzter Zeit vernachlässigt hat. Obwohl er befugt ist, durch die gleißenden Korridore des Hauses zu schweben, hat er davon nur selten Gebrauch gemacht. Der Ort hat begonnen, ihn abzustoßen.
    Sein Balkon murmelt einvernehmlich, als er sich hinausbeugt, um die gemächliche und doch geordnete Bewegung seiner Brüder in der warmen Luft zu betrachten. Einer von ihnen löst sich aus der Formation und nimmt direkten Kurs auf ihn. Uriel richtet sich auf, als das Licht stärker wird und sich zu einer Gestalt formt, die ihm wohl bekannt

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