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Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Mann
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Unterlagen zurück, die ich ihm immer treu übergeben hatte. Sage und schreibe zehntausend D-Mark waren nötig, um meine Papiere wiederzubekommen. Die hatte ich natürlich gerade nicht auf der hohen Kante und so bat ich meine Bank um Hilfe. Wie dumm war ich, diesem Mann zehntausend D-Mark für etwas zu geben, was er gar nicht getan hatte. Ich hätte ihn eigentlich wegen Nötigung anzeigen müssen. Aber ich war völlig überfordert und wollte nur endlich alles in Ordnung bringen.
    Inzwischen hatten sich natürlich einige Schulden beim Finanzamt angehäuft. Mit der Behörde vereinbarte ich deswegen einen festen monatlichen Abzahlungsbetrag. Zusätzlich sollte ich, soviel mir möglich war, überweisen. Ich hielt mich an diesen Plan, aber irgendjemand beim Finanzamt dachte sich wohl, dass das so nicht geht. Am 1. Juli 2007 bekam ich einen Anruf von meiner Bank. Mein Konto war gesperrt worden. Und zwar vollständig. Alles was drauf war, um die eintausendneunhundert Euro, war plötzlich weg. Ich konnte weder Miete, Telefon, Versicherungen noch die Rate fürs Auto bezahlen. Ichhatte nicht einmal Geld, um zu tanken oder um Lebensmittel zu kaufen. Mein Mann war zwar festangestellt, aber er konnte ja nicht meine Finanzen ausgleichen.
    Ich erlebte einen Zusammenbruch, saß stundenlang in meinem Sessel und konnte nicht mehr sprechen. Ich fühlte mich wie unter einer großen schwarzen Glocke. Die Situation war so ausweglos, dass ich ernsthaft darüber nachdachte, mir in der Königsheide eine Grube zu schaufeln und es mir dort mit einer Flasche Rotwein und zwei Schachteln Schlaftabletten gemütlich zu machen.
    Als ich wieder halbwegs bei Sinnen war, rief ich das Finanzamt an. Der Mitarbeiter dort machte mich völlig nieder. Auf meinen zaghaften Einwand, dass ich nun durch die Pfändung nicht arbeiten könne, da ich ja nicht einmal Benzingeld hätte, riet er mir tatsächlich, ich solle meinen Beruf aufgeben und in Zukunft von Sozialhilfe leben. Er war absolut nicht bereit, mir auch nur einen Schritt entgegen zu kommen. Ich fühlte mich so gedemütigt und hilflos. Ich war am Boden zerstört.
    Aber es musste ja weitergehen. Erst einmal pumpte ich mir etwas Geld. So konnte ich den wichtigsten finanziellen Verpflichtungen nachkommen. Dann kam ich auf die grandiose Idee, zu einem Schuldnerberater zu gehen. Valco von Vriedrichshein, mein damaliger Manager, stand mir treu zur Seite und begleitete mich zur Schuldnerberaterstelle in Berlin-Neukölln. Da stand ich nun in einer langen Schlange, die vom Hinterhof bis hinaus auf die Straße reichte, inmitten von Menschen, die auch durch eigene oder anderer Leute Schuld in diese Misere gekommen waren. Ein Elend. Und auch ich war nur noch ein Häufchen Elend. Der Himmel jedoch schickte mich in das Zimmer von Frank Wiedenhaupt, damals als Schuldnerberater eingesetzt vom Bezirksamt Neukölln – eine Koryphäe auf seinem Gebiet.
    Herr Wiedenhaupt hat mir neuen Lebensmut gegeben: „Frau Mann, Sie schaffen das. Sie haben keine andere Wahl, als in die Insolvenz zu gehen, aber wenn sie da durch sind, dann können Sie wieder von vorne anfangen.“ Mit diesen Worten schickte er mich zum Finanzamt. Dort sollte ich mir wenigstens meinen Selbstbehalt zurückholen – das sind immerhin circa eintausend Euro, die jedem gesetzlich zustehen und mit dem man seine laufenden Lebenshaltungskosten bestreiten kann. Beim Finanzamt wollte man dieses Gesetz jedoch nicht kennen. Da war man der Meinung, dass mir überhaupt nichts zustünde, ebenso wenig wie meiner Tochter, die damals noch von mir abhängig war. Auf meine Frage, ob ich denn in Zukunft unter einer Brücke wohnen und betteln solle, hatte man nur ein müdes Lächeln übrig.
    Das Pfänden ging natürlich weiter. Dummerweise wurden auf mein Konto auch Gelder, die ich meinen Kollegen, zum Beispiel meinem Pianisten, auszuzahlen hatte, überwiesen. Das Finanzamt krallte sich sofort alles. Ich geriet in eine unmögliche Lage und hatte nun auch noch Schulden bei Menschen, die mit meinem Mist gar nichts zu tun hatten. Zum Glück waren sie sehr einsichtig und ich konnte das später alles bereinigen. Dann hatte ich erst einmal Ruhe – dank Herrn Wiedenhaupt, der sich mit den zuständigen Stellen in Verbindung gesetzt hatte. Die ließen sich nun mit der Antwort Zeit.
    Im Oktober 2008 startete ich einen neuen Versuch, der drohenden Insolvenz zu entgehen. Ich bat das Finanzamt um einen Vergleich. Völlig aufgewühlt und heulend schilderte ich einer Finanzbeamtin meine

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