Angélique - Am Hof des Königs
Vermählung herbeisehnte. Als ihm schließlich in seiner Eigenschaft als französischer Zeuge bei ihrer Hochzeit – falls sie denn stattfinden sollte! – eine Audienz bei ihr gewährt wurde, hielt er den Brief in der Hand, und nachdem er ihr die Grüße des Königs von Frankreich und ihrer Tante, der Königin, ausgerichtet hatte, flüsterte er: »Aber, Madame, ich muss Euch ein Geheimnis verraten.«
Bei dem Wort »secreto« schaute sie sich verstohlen um, um zu sehen, ob ihre Camarera mayor, die Gräfin de Priego, oder ihre Gouvernanten zuhörten, und gab ihm dann ein Zeichen zu sprechen.
Daraufhin zeigte er ihr den Brief und erklärte, dass sein Herr, der König, in dem Glauben, ihm sei mehr Glück beschieden, als tatsächlich der Fall war, ihr diesen Brief geschrieben habe, ihr Vater ihm jedoch verboten habe, ihr das Schreiben zu überreichen.
»Ohne die Erlaubnis meines Vaters kann ich ihn nicht annehmen« antwortete sie mit halblauter Stimme. »Aber er hat mir gesagt, dass die Verhandlungen bald abgeschlossen sein werden.«
Der Bischof von Fréjus platzte fast, als er mit dieser vertraulichen guten Nachricht nach Saint-Jean-de-Luz zurückkehrte.
19. und 20. Mai
Zwischen San Sebastián und Saint-Jean-de-Luz wurden die ersten engeren Bande geknüpft.
Der König von Spanien erklärte sich bereit, den Herzog von Bouillon und einige Adlige aus seinem Gefolge zu empfangen.
Am nächsten Tag sandte er Don Cristóbal de Gavirin mit einem weiteren Brief für die Königinmutter nach Saint-Jean-de-Luz. Sie empfand darüber größte Freude und Rührung. Ihr Bruder war tatsächlich da! Ganz in ihrer Nähe! Sie würde ihn wiedersehen!
In San Sebastián begegnete man den Abgesandten des französischen Königs inzwischen mit etwas mehr Aufmerksamkeit. Während der König und die Infantin ihre fast schon zur täglichen Gewohnheit gewordene Fahrt an den Hafen unternahmen, traf der Graf de Saint-Aignan ein, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Man brachte ihn und sein Gefolge beim Herzog von Fonseca unter, und er verließ San Sebastián erst wieder am nächsten Tag, nachdem er vom König empfangen worden war.
An diesem Tag konnten Ihre Majestäten wegen eines heftigen Sturms nicht beim Netzfischen zuschauen.
Die Verhandlungen dauerten an. Doch man war besorgt.
Es war offensichtlich, dass der König von Spanien, der den Gedanken, seine Tochter zu verlieren, kaum ertrug, in seiner Verzweiflung nach jedem noch so kleinen Vorwand Ausschau hielt, der es ihm ermöglichen würde, seinen Widerstand in die Länge zu ziehen oder gar Abkommen zu brechen, die ihm in vielerlei Hinsicht nicht zusagten.
22. Mai
Gleichzeitig mit dem aus Saint-Jean-de-Luz zurückkehrenden Don Cristóbal de Gavirin erreichte auch der Abbé de Montégut San Sebastián, ein Abgesandter von Charles II. Stuart,
der vor kurzem zurück auf den englischen Thron berufen worden war.
Dass er mit dem Abbé de Montégut einen katholischen Geistlichen an die Spitze seiner Gesandtschaft gestellt hatte, konnte König Philipp IV. nicht vergessen machen, dass England inzwischen von diesem »protestantischen Gesindel« bevölkert war, dessen Aufkommen die ganze Welt ins Unglück gestürzt hatte.
Überdies rief das Eintreffen der englischen Delegation dem Monarchen bitteren Verrat in Erinnerung. Um ihn bezwingen zu können, hatte Mazarin 1657 – drei Jahre zuvor – nicht gezögert, ein Bündnis mit Cromwell zu schließen, diesem unverschämten Abenteurer der Reformation, der ein besserer Diener Gottes sein wollte als der Papst, diesem Bürgerlichen, der zum Lord Protector ernannt worden war und sich erdreistete, die Verteidiger der einzig wahren Kirche belehren zu wollen, jener Kirche, die sich auf die Worte stützte, die unser Herr Jesus Christus an den heiligen Petrus gerichtet hatte: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen …«
Um ungehindert die Küstenstädte der spanischen Niederlande angreifen zu können, hatte Mazarin – ein Kardinal! – diesem Cromwell wie verlangt Dünkirchen zurückgegeben und sich damit die Neutralität der englischen Flotte erkauft, was zur Niederlage der spanischen Truppen in der Schlacht in den Dünen geführt hatte.
Man mochte sich fragen, dachte der spanische König, warum die Franzosen die krankhafte Angewohnheit hatten, sich in ihrer Außenpolitik immer mit den schlimmsten Feinden der Christenheit zu verbünden!
Dafür gab es reichlich Beispiele. So hatte sich M. de Richelieu – noch
Weitere Kostenlose Bücher