Angélique - Am Hof des Königs
Adliger vorwerfen würde, die Monsieur de Turenne umgebracht hätte? Heute schätzt sie der König und hat vergessen, dass sie sich einst gegen ihn erhoben haben... Also bin ich hinausgegangen und habe im Namen meines Vaters, des Herzogs von Orléans, Befehle erteilt. Ich habe Euch bereits erzählt, wie freundlich die Pariser mich immer aufgenommen haben. Sie zögerten keine Sekunde, mir zu gehorchen, weder die Feuerwerker der Bastille noch die Bewacher der Porte Saint-Antoine.«
Mademoiselle verstummte kurz. Als sie weitersprach, lag ein Hauch von Wehmut in ihrer Stimme.
»Wie dem auch sei, im Namen meines Vaters, Monsieur d’Orléans, habe ich auf Monsieur de Turenne und die Armee des Königs feuern lassen, die in der Schlacht die Oberhand hatte. Und die Kugeln der Bastille zwangen sie zum Rückzug … Ich ließ die Porte Saint-Antoine öffnen, wo die Armee von Monsieur le Prince 6 in die Enge getrieben worden war, damit die Männer in die Stadt fliehten konnten. Ach, wenn Ihr bloß diesen großen Mann gesehen hättet! Mit Staub und Blut war er verkrustet, und er hatte nicht einmal mehr die Kraft, die Waffe in seiner Hand zu heben … Und Monsieur de La Rochefoucauld hing das Auge aus dem Kopf!
Der König war damals vierzehn Jahre alt. Zusammen mit der Regentin und dem Kardinal stand er ein Stück weiter entfernt
auf einer Anhöhe. Er hat genau gesehen, was ich getan habe. Er hat gesehen, wie die Kugeln durch seine Armee flogen. Das ist ein beeindruckender Anblick, meine Kleine, glaubt mir! Und man kann verstehen, dass so etwas nicht verziehen wird … Anscheinend soll der Kardinal mit seinem italienischen Akzent vor sich hin gemurmelt haben: ›Mademoiselle hat soeben ihren Gemahl getötet.‹ Es war also nicht bloß eine Frage des Alters, dass man mich von ihm fernhielt.
Aber seine Minister wollten ihn aus eigenem Ehrgeiz für sich behalten! Und jetzt heiratet er diese Maria Theresia, die ebenso alt ist wie er selbst und über die wir nicht das Geringste wissen... Nichts …«
»Ihre Porträts sollen...«
»Porträts lügen immer.«
Trotz des kühlen Empfangs, der ihnen in San Sebastián bereitet wurde, dachten die Franzosen gar nicht daran, aufzugeben. Einige von ihnen blieben in der Stadt und begannen, dem König von Spanien und seiner Tochter schamlos auf Schritt und Tritt zu folgen, was ihnen vielleicht doch noch die Gelegenheit geben würde, einen Blick auf die Infantin zu werfen.
So wurden sie Zeugen eines Vorfalls zwischen Spaniern, der ihnen äußerst bemerkenswert erschien.
Ihre Majestäten besuchten an diesem Tag die berühmten pittoresken Dörfer von Pasajes, und die Nachricht von der Ankunft des spanischen Hofes gab Anlass zu einem Disput zwischen den Einheimischen, bei dem es um ein Haar zu Blutvergießen gekommen wäre. Als die Einwohner von Pasajes und Fuenterrabía mit Salutschüssen und wehenden Bannern wie eine siegreiche feindliche Armee auf das Gebiet von San Sebastián zu marschieren versuchten, hatten die Bewohner dieser Stadt ihnen als freiheitsliebende Basken Widerstand geleistet, indem sie ihnen zwei bewaffnete Kompanien entgegenschickten.
Man hatte alle Mühe, sie daran zu hindern, handgreiflich zu werden. Außerdem kam es zu Verstimmungen, als der König und die Infantin die Flussmündung von Pasajes erreichten, über die man normalerweise nur in flachen Kähnen übersetzte, die von Frauen gesteuert wurden, denen die Rechtsprechung und die Kontrolle auf dem Wasser und entlang der Ufer oblag.
Aber auch dort einigte man sich, denn im Grunde waren alle glücklich, den König von Spanien zu sehen.
Die Ufer waren voller Menschen.
Der König und seine Tochter nahmen in einem großen, mit einem Zelt überdachten Boot Platz. Dieses wurde von zwei Barken gezogen, in denen jeweils sechs kräftige Ruderer saßen, die es über das Wasser dahinfliegen ließen. Dahinter folgten weitere Boote mit Hörnern, Violinen und anderen Musikinstrumenten sowie eine ganze Flotte flacher Boote, die von den Frauen aus den beiden Dörfern von Pasajes gesteuert wurden.
Am Eingang zum Hafen ankerten sieben Fregatten, eine Galeone mit dem Namen »Roncesvalles« und ein weiteres großes Schiff, die »Capitana«, die das Flaggschiff der Überseeflotte werden sollte.
Als das Boot des Königs, von seiner schwimmenden musikalischen Eskorte begleitet, über die Wellen heranflog, mischten sich Kanonensalven unter die Klänge der Instrumente.
»Ihre Majestäten gingen über eine äußerst bequeme, mit
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