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Angélique - Am Hof des Königs

Angélique - Am Hof des Königs

Titel: Angélique - Am Hof des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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Halbdunkel der gewundenen Treppe den Mann mit den leuchtenden Augen.
    Halb zu ihr umgewandt, musterte er sie mit einem hämischen Grinsen.
    Als hätte er erraten, dass sie, von einer plötzlichen Woge der Angst getrieben, fluchtartig die Stufen wieder hinaufhasten würde, bis sie das erste Zimmer erreichte. Was er jedoch nicht geahnt hatte, war, dass sich Angélique bei der Erinnerung an das Unwohlsein, das sie im spanischen Theater überkommen hatte, wegen dieser Reaktion schelten würde. Nachdem die anfängliche Furcht verflogen war, bewog sie ihr zweiter Impuls, sich ihm zu stellen.
    Als er hinter ihr heraufkam, drehte sie sich unvermittelt um und schrie ihn an: »Verschwindet endlich und versucht nicht ständig, mir Angst zu machen, Ihr unverschämter Kerl! Sagt mir, wer Euer Herr ist, damit ich mich bei ihm über Euch beschweren kann!«
    Unmerklich kam er ein wenig näher.

    »Mein Herr ist der mächtigste von allen«, sagte er. »Er kennt alle Geheimnisse Gottes.«
    Verärgert über die Angst, die sie wieder in sich aufsteigen spürte, antwortete Angélique instinktiv und beinahe unwissentlich mit dem einzig möglichen Pfeil.
    »Das ist unmöglich! Die Bibliothek von Alexandria ist verbrannt, und alle Geheimnisse Gottes sind mit ihr untergegangen.«
    Fast im gleichen Moment bereute sie ihre Worte, die eher einem Scherz als einer durchdachten Antwort glichen, denn er wirkte getroffen, und seine Züge nahmen einen harten, Furcht einflößenden Ausdruck an. Seine Augen funkelten immer noch, aber sie erkannte, dass sie nur in der Dunkelheit so seltsam leuchteten.
    »Dann stimmt es also?«, fragte er. »Ihr kennt... das Geheimnis?«
    Unentschlossenheit und ein leises Unwohlsein erfüllten sie. Und mit einem Mal war er verschwunden.
    Sie folgte ihm die Stufen hinab. Sie wollte ihn beim Kragen packen, ihn schütteln, ihn zwingen, den Namen seines Herrn preiszugeben, der ihn bezahlte, um ihr oder vielleicht auch ihr und Joffrey zu schaden.
    Nun war sie wieder unten auf der Straße und schubste die Umstehenden zur Seite, um ihn einzuholen. Der Mann war nicht sehr groß.
    Abermals erklangen von oben herab die Rufe. »Madame de Peyrac! Was macht Ihr denn da? Die Prozession kommt gleich. Seht zu, dass Ihr da unten fortkommt...! Kommt schnell herauf!
    Erneut machte sich Angélique an den Aufstieg. Im zweiten Stock angekommen, zogen M. de Saint-Thierry und M. de Cavois sie voller Ungeduld mit sich, da sie nicht die besten Plätze auf dem Balkon verlieren wollten.

    Sie genoss das Gefühl, gegen ihre bestickten Gewänder gedrückt zu werden, während von hinten die übrigen Anwesenden, selbst Lakaien und Mägde, nachdrängten und sich in ihrer kindlichen Freude, die Maurenkönige und die anderen Riesen auf den dahinter folgenden Wagen zu sehen, auf den Rücken der Vorstehenden abstützten.
    Die herzliche Enge in dieser menschlichen Traube war ihr hundertmal lieber als die eisige Kälte, die sie zuvor verspürt hatte.
    »Das ist doch ein Franzose, nicht wahr? Dieser Mann da unten! Er steht gleich neben dem Soldaten mit der Hellebarde, der die Menge zurückhält. Da! Da...!«
    Sie schüttelte den Arm des Abbé de Montreuil und deutete auf den Mann, den sie unten auf der Straße entdeckt hatte.
    Sie musste schreien, um den immer lauter anschwellenden Lärm von Kuhglocken zu übertönen, der in abgehacktem Rhythmus näher kam.
    Ihr zuliebe blickte der Abbé schließlich in die Richtung, die sie ihm wies.
    »Ach«, sagte er, »das ist Flégétanis. Was macht der denn hier?«
    »Wie heißt er, sagt Ihr? Wer ist das? Wer ist sein Herr?«
    »Ich habe keine Ahnung. Er ist Finanzschreiber. Er macht Abrechnungen.«
    »In San Sebastián?«
    »Aber nein! Er kümmert sich um die Ausgaben des Hofes in Saint-Jean-de-Luz.«
    »Dann ist er also Franzose?«
    Weiß gekleidete Männer mit Schellen an den Füßen kamen um die Straßenecke.
    »Warum ist er hier? Warum ist er hier?« Angélique ließ nicht locker.
    Aber der Abbé de Montreuil achtete nicht mehr auf ihre Fragen.
Die Ankunft des lang ersehnten Umzugs erforderte seine ganze Aufmerksamkeit.
    »Die Espata...! Der Tanz der Basken. Seht nur.«
    Über hundert Männer strömten zum Schwerttanz in die Straße. Jeder hielt in der linken Hand die Spitze des Schwerts seines Nachbarn, und bei jedem ihrer Sprünge blitzte der Stahl auf.
    Der rhythmische Lärm der Glöckchen war ohrenbetäubend.
    Angélique schaute zurück. Der Mann war verschwunden, als wäre er von der weißen, funkelnden,

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