Angélique - Am Hof des Königs
Damen gelegentlich zwang, sich seitlich zu drehen, um durch die Tür zu passen. Wenn sie gingen, hob und senkte sich diese Apparatur, wiegte sich und »sah furchtbar hässlich aus«.
Man ließ M. de Gramont kommen, der die französische Gesandtschaft angeführt hatte, die beim König von Spanien um die Hand der Infantin angehalten hatte.
Um französische Eleganz bemüht, war er mit zahlreichen Begleitern in Madrid eingeritten. Sie alle waren in rosafarbenen, mit Gold und Silber bestickten Satin gekleidet, und auf ihren Hüten wogten weiße Federn. In der spanischen Hauptstadt jedoch war er auf die reglose Starre eines schwarz gewandeten Hofes gestoßen, der sich mit kleinwüchsigen, ebenfalls von Kopf bis Fuß schwarz gekleideten Dienern umgab. Diese Zwerge, die wegen ihrer flinken kurzen Beine und ihrer wachen
Intelligenz sehr geschätzt wurden, rannten unablässig hin und her, um Befehle und Nachrichten zu überbringen.
Durch ein wahres Labyrinth von Gängen hatte man ihn vor den König geführt, eine so starre, reglose Erscheinung, dass man nach einer Weile begann, anderswo nach ihm Ausschau zu halten, weil man vor einer Statue zu stehen glaubte. Die Infantin war ihm auf ihrem hohen, prunkvollen Thron wie eine ferne kleine Gottheit erschienen. Kurzum, auch er hatte nichts gesehen.
Man fragte sich, warum der Bischof von Fréjus sich nicht von der »guarda infantes« hatte beeindrucken lassen.
Entweder lag es daran, dass er ein Bischof war und somit gewohnt, eine Robe und sperrige Stoffbahnen zu tragen, oder aber der Grund dafür war, dass er mit der Infantin geplaudert hatte, als sie gerade ihr Mittagessen einnahm, und er daher nur ihren Oberkörper und ihr Gesicht gesehen hatte, dem es nicht an Reizen mangelte: Sie hatte sehr schöne Augen, einen lilienweißen Teint und wohlgeformte Lippen, deren Röte keiner künstlichen Farbe bedurfte.
Trotzdem hatten diese Erklärungen nicht alle Sorgen hinsichtlich der zukünftigen Gemahlin des Königs zerstreuen können.
Kapitel 9
27. Mai
E rst als Louvigny vorschlug, dem König von Spanien in einem nahe gelegenen Palast beim Essen zuzusehen, wurde Angélique bewusst, dass sie sich tatsächlich in San Sebastián und auf spanischem Boden befand. Alles wirkte anders und beeindruckend.
Der Seewind verriet, dass es eine Hafenstadt war, in die sie und ihre Freunde gekommen waren. Und sie waren hier Fremde. Doch Angélique war sicherlich die Einzige, die dieses Gefühl verspürte, denn an diesem Tag hielten sich bestimmt ebenso viele Franzosen und Fremde in der Stadt auf wie Einwohner, und ganz offensichtlich fühlten sie sich dort wie zu Hause.
Dieser 27. Mai war ein sehr feierlicher Tag, der Tag des Fronleichnamsfests.
Offiziell erst im Jahr 1264 durch Papst Urban IV. eingeführt, um die leibhaftige Gegenwart Jesu Christi in der Eucharistie zu preisen, war das Fronleichnamsfest angeblich schon in der römischen Kirche des fünften Jahrhunderts gefeiert worden. An diesem Feiertag zogen Prozessionen durch die Städte und brachten die Gegenwart und den Segen Gottes an alle Schwellen und vor alle Türen.
1246 war im Bistum Lüttich ein erstes Messformular eingeführt worden. Es war typisch für das Fürstbistum Lüttich, das sich zu allen Zeiten seine Unabhängigkeit bewahrt hatte, in diesem Bereich voranzugehen. Die Lütticher hatten Spanien mit
ihrer Begeisterung für diesen Feiertag angesteckt, der hier mit Umzügen von Riesenfiguren 8 im Gewand der maurischen Könige, die einst in Spanien eingefallen waren, und anderer symbolischer Gestalten aus der Geschichte des Landes begangen wurde.
Angélique erinnerte sich, dass dieses Fest auch in Frankreich in den Städten und Dörfern gefeiert wurde. Als Kinder hatten sie in Monteloup immer die Blätter der ersten Rosen aus dem Garten von Mme. de Sancé auf den Weg der Prozession gestreut.
Hier war Fronleichnam ein sehr bedeutendes Fest. Wie man sich denken konnte, wurden die Prozessionen von den schönsten und eindrucksvollsten Tänzen des Baskenlands begleitet.
Der Abbé de Montreuil hatte für seine Freunde die Fenster einer ganzen Etage im Haus einer spanischen Gastgeberin reserviert. Er hatte die Nacht in San Sebastián verbracht, um alles vorzubereiten, und war dann im Morgengrauen nach Saint-Jean-de-Luz zurückgekehrt, um eine Gruppe begeisterter Franzosen abzuholen, in die auch Angélique eher zufällig geraten war. Wahrscheinlich hatte Louvigny sie dazu eingeladen, ein Bruder des Grafen de Guiche, den sie
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