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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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Prangers hatte sich eine recht große Menschenmenge eingefunden. Doch die Leute waren nicht gekommen, um den aufs Rad gebundenen Dieb anzuschauen, sondern um sich mit den beiden Knechten einig zu werden, die im Erdgeschoss Marken ausgaben.
    Â»Seht Ihr die vielen Leute, Madame?«, fragte Cordaucou mit leisem Stolz. »Die wollen Plätze für die Hinrichtung morgen. Das reicht sicher nicht für alle.«
    Mit der für seinen Berufsstand typischen Gefühllosigkeit, die aus ihm einen hervorragenden Scharfrichter zu machen versprach, zeigte er ihr den Aushang, dessen Inhalt die Ausrufer an
diesem Morgen mit lauter Stimme an allen Kreuzungen verkündet hatten:
    Â»Der Sieur Aubin, Scharfrichter der Stadt Paris und aller Vororte, tut kund und zu wissen, dass er auf seinem Schafott zu maßvollen Preisen Plätze vermietet, um das Feuer anzuschauen, in dem morgen auf der Place de Grève ein Hexenmeister verbrannt wird. Eintrittsmarken sind am Pranger bei seinen Knechten erhältlich. Die Plätze werden mit einer Lilie gekennzeichnet sein, die Marken mit einem Andreaskreuz.«
    Â»Soll ich Euch einen Platz besorgen, wenn Ihr Geld habt?«, erbot sich der Henkerslehrling freundlich.
    Â»Nein, nein«, wehrte Angélique entsetzt ab.
    Â»Das ist aber Euer gutes Recht«, entgegnete der Junge gleichmütig. »Und ich warne Euch, ohne reservierten Platz kommt Ihr bestimmt nicht nah genug heran. Wenn einer aufgehängt wird, kommt kaum noch jemand, die Leute sind daran gewöhnt. Aber Scheiterhaufen gibt’s nicht so oft. Das wird sicher ein ganz schönes Gedränge. Maître Aubin sagt, davor graust’s ihm jetzt schon. Er mag es nicht, wenn so viele Leute da herumstehen und schreien. Er sagt, man weiß nie, was denen plötzlich einfällt. So, hier ist es, Madame. Kommt rein.«
    Â 
    Das Zimmer, in das Cordaucou sie geführt hatte, war sauber und aufgeräumt. Gerade waren die Kerzen angezündet worden. Am Tisch saßen drei kleine Mädchen, deren blondes Haar unter ihren wollenen Hauben hervorschaute. Sie trugen saubere Kleider und aßen Brei aus hölzernen Schalen.
    Die Frau des Henkers saß am Feuer und besserte das scharlachrote Wams ihres Mannes aus.
    Â»â€™n Abend, Meisterin«, begrüßte sie der Lehrling. »Die Frau hier will mit dem Meister sprechen.«
    Â»Er ist im Justizpalast. Aber er kommt bald zurück. Setzt Euch doch, meine Schöne.«

    Angélique setzte sich auf eine Bank an der Wand. Die Frau warf ihr gelegentlich einen verstohlenen Blick zu, stellte jedoch keine Fragen, wie es jede andere Klatschbase getan hätte. Wie viele verstörte Frauen, schmerzerfüllte Mütter und verzweifelte Töchter hatte sie nicht schon auf dieser Bank sitzen sehen, die alle gekommen waren, um vom Henker den letzten Dienst zu erflehen, die Qualen eines geliebten Menschen zu verkürzen...? Wie viele hatten schon, die Hände voller Gold oder mit drohenden Worten auf den Lippen, diese friedlichen Räume betreten, um vom Scharfrichter eine letzte, unmögliche Hilfe bei der Flucht zu erbitten?
    Sei es aus Gleichgültigkeit oder aus Mitgefühl, die Frau schwieg, und man hörte nur das leise Lachen der Mädchen, die Cordaucou neckten.
    Â 
    Als Angélique vor der Tür Schritte hörte, richtete sie sich auf. Aber es war noch nicht der Mann, den sie erwartete. Bei dem Neuankömmling handelte es sich um einen jungen Priester, der sich ausgiebig die schlammverkrusteten Schuhe abrieb, bevor er eintrat.
    Â»Ist Maître Aubin nicht da?«
    Â»Er kommt gleich wieder. Kommt doch herein, Abbé, und setzt Euch ans Feuer, wenn Ihr mögt.«
    Â»Ihr seid sehr freundlich, Madame. Ich bin Priester des Lazarusordens und wurde dazu ausersehen, dem Verurteilten beizustehen, der morgen hingerichtet werden soll. Ich bin gekommen, um Maître Aubin das vom Polizeileutnant unterzeichnete Schreiben zu geben und ihn zu bitten, mich zu dem Unglücklichen zu bringen. Eine Nacht des Gebets ist nicht zu viel, um sich auf den Tod vorzubereiten.«
    Â»Da habt Ihr recht«, stimmte ihm die Frau des Henkers zu. »Nehmt Platz, Abbé, und trocknet Euren Mantel. Cordaucou, wirf noch einen Scheit ins Feuer.«

    Sie legte das rote Wams zur Seite und griff nach ihrer Spindel.
    Â»Ihr seid sehr mutig«, fuhr sie fort. »Ein Hexenmeister, macht Euch das keine Angst?«
    Â»Alle Geschöpfe Gottes, auch die, die schlimmste

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