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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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Karten oder tranken und rauchten.
    Â 
    Bei Angéliques Eintritt richteten sich alle Blicke auf sie, und eine nur von wenigen Geräuschen durchbrochene Stille senkte sich auf die jämmerliche Gesellschaft herab.
    Â»Komm näher, Kind«, sagte Cul-de-Bois mit feierlicher Geste. »Du bist die Frau von unserem Hauptmann Calembredaine. Darum schulden wir dir Respekt. Also macht, dass ihr da wegkommt, und gebt der Marquise einen Platz!«
    Einer der Pfeifenraucher versetzte seinem Nachbarn einen Stoß mit dem Ellbogen.
    Â»Verdammt hübsch, die Kleine! Diesmal hat Calembredaine fast so gut ausgesucht wie du.«
    Der Angesprochene trat auf Angélique zu und fasste ihr ebenso freundlich wie bestimmt unters Kinn.
    Â»Ich bin Beau-Garçon 17 «, sagte er.
    Zornig schlug sie die Hand herunter.
    Â»Das ist Geschmackssache.«
    Lautes Gelächter schüttelte das Publikum, das diesen Scherz unglaublich komisch fand.
    Â»Ist es nicht«, antwortete Cul-de-Bois hicksend, »er heißt Beau-Garçon, so nennen wir ihn hier. Los, Jactance, bring dem Mädel was zu trinken. Mir gefällt sie.«
    Man stellte ein großes Stielglas vor sie hin, das mit dem Wappen eines Marquis verziert war, dessen Stadthaus Calembredaines
Bande in einer mondlosen Nacht besucht haben musste. Jactance schenkte es bis zum Rand voll mit rotem Wein und füllte anschließend die übrigen Becher.
    Â»Auf dein Wohl, Marquise der Engel! So hat Calembredaine dich doch genannt... Wie heißt du?«
    Â»Angélique.«
    Erneut hallte das anzügliche, derbe Lachen der Räuber unter dem Gewölbe wider.
    Â»Das ist ja gut! Angélique...! Hahaha! Ein leibhaftiger Engel! So was hatten wir hier ja noch nie... Aber warum nicht? Warum sollten wir nicht auch Engel sein! Wo sie doch unsere Marquise ist... Auf dein Wohl, Marquise der Engel...!«
    Â 
    Sie lachten und schlugen sich auf die Schenkel, und alles zusammen klang wie ein unheilvolles, ohrenbetäubendes Grollen.
    Â»Auf dein Wohl, Marquise! Los, trink... Trink schon!«
    Aber sie rührte sich nicht und starrte die versoffenen, bärtigen oder schlecht rasierten Gesichter an, die sie umringten und sich über sie beugten.
    Â»Trink schon!«, brüllte Cul-de-Bois mit seiner furchterregenden Stimme.
    Wortlos bot sie dem missgestalteten Ungetüm die Stirn. Es folgte eine bedrohliche Stille, dann seufzte Cul-de-Bois und schaute die anderen mit bekümmerter Miene an.
    Â»Sie will nicht trinken! Was hat sie denn?«
    Â»Was hat sie denn?«, klang es von allen Seiten. »Beau-Garçon, du kennst dich doch mit Frauen aus. Sieh zu, dass du das in Ordnung bringst.«
    Beau-Garçon zuckte mit den Schultern.
    Â»Ihr Hornochsen«, sagte er verächtlich, »seht ihr nicht, dass ihr bei der da mit Brüllen überhaupt nichts erreicht?«
    Er setzte sich neben Angélique und tätschelte ihr behutsam wie einem Kind die Schulter.

    Â»Hab keine Angst. Die sind nicht böse, weißt du. Sie tun nur so, um die braven Bürger zu erschrecken. Aber dich mögen wir jetzt schon. Du bist unsere Marquise. Marquise der Engel! Gefällt dir das nicht? Marquise der Engel! Das ist doch ein hübscher Name. Und er passt so gut zu deinen schönen Augen. Na los, trink schon, meine Süße, das ist guter Wein. Das Fass, aus dem er kommt, hat ganz allein den Weg vom Hafen an der Place de Grève hierher zur Tour de Nesle gefunden. So läuft das hier bei uns. Das ist der Hof der Wunder.«
    Er hielt ihr das Glas an die Lippen. Sie konnte dem Klang dieser männlichen, schmeichelnden Stimme nicht länger widerstehen und trank. Der Wein war gut. Er erfüllte ihren durchgefrorenen Körper mit wohliger Wärme, und mit einem Mal erschien ihr alles leichter und weniger schrecklich. Sie trank ein zweites Glas, dann stützte sie sich mit den Ellbogen auf die Tischplatte und schaute sich um. Der beinlose Krüppel warf ihr einen trübsinnigen Blick zu, der sie an ein Seeungeheuer denken ließ, das auf dem Grund des Meeres lauerte. Sollte er sie überwachen? Dabei dachte sie gar nicht daran, zu fliehen. Wohin hätte sie auch gehen sollen?
    Â 
    Abends kehrten die Bettler und Bettlerinnen aus Calembredaines Bande in ihren Schlupfwinkel zurück. Darunter waren viele Frauen, die verkrüppelte Kinder oder in Lumpen gewickelte Säuglinge im Arm hielten, deren schwaches Weinen nicht verstummte. Die Frau, die neben dem

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