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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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tun! Ununterbrochen quälte sie der Gedanke an dieses Ziel.
    Denn das war das Einzige, was sie noch für ihn tun konnte, für den armen Gemarterten von Notre-Dame, der von allen, und fast auch von ihr, im Stich gelassen worden war.
    Erst dann würde sie wieder ein wenig Lebensmut finden. Alles andere war ihr egal.
    Â 
    Mit der Ferse schlug Calembredaine die wacklige Tür wieder zu.
    Â 
    Die Fäuste in die Hüften gestemmt, stand er am Fußende des seltsamen Bettes, auf dem Angélique lag, und betrachtete sie. Endlich öffnete sie die Augen.
    Â»Stimmt es, dass du mir schon seit Langem in Paris nachstellst?«, wollte sie wissen.
    Â»Ich wusste von Anfang an, dass du in der Stadt bist. Das ist ja auch kein Wunder. Mit all meinen Leuten weiß ich sofort, wer alles nach Paris kommt, und ich weiß besser als die hohen Herren selbst, wie viel Schmuck sie besitzen oder wie man in ihr Haus kommt, wenn die Turmuhr auf der Place de Grève Mitternacht schlägt. Aber du hast mich am Fenster der Drei Hämmer gesehen …«
    Â»Du warst abscheulich!«, murmelte sie erschauernd. »Warum hast du so gelacht, als du mich angesehen hast...?«

    Â»Weil mir da klar wurde, dass du bald mir gehören würdest.«
    Sie sah ihn kühl an, dann zuckte sie mit den Schultern und gähnte. Vor Calembredaine hatte sie sich gefürchtet, vor Nicolas nicht. Sie war schon immer stärker gewesen als Nicolas. Um Angst vor einem Mann zu haben, darf man ihn nicht als Kind gekannt haben. Die Müdigkeit überwältigte sie.
    Â»Warum...«, fragte sie, schon im Halbschlaf, »warum bist du überhaupt aus Monteloup weggegangen?«
    Â»Das ist ja wohl die Höhe!«, rief er und verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum wohl? Glaubst du denn, ich hätte Lust gehabt, dass mich der alte Guillaume mit seiner Pike aufspießt... nach dem, was zwischen uns beiden vorgefallen war? Ich habe Monteloup an deinem Hochzeitsabend verlassen … Hattest du das auch vergessen?«
    Â 
    Ja, das hatte sie auch vergessen. Doch jetzt sah sie Nicolas wieder vor sich, im Halbdunkel der Scheune in Monteloup, wo er Krüge und Karaffen am Zapfhahn eines Weinfasses füllte, das für die Hochzeitsgäste angestochen worden war. Sie war empfänglich gewesen für seine teilnahmslose Unterwürfigkeit, und er hatte ihr gefallen in der Livree, die er auf Weisung des Haushofmeisters Clément Tonnel angezogen hatte. Sie hatte den ersten Schritt getan, hatte ihn angefleht: »Halt mich! Halt mich ganz fest! Das ist alles, worum ich dich bitte.« 16 Denn sie war getrieben von dem wilden Verlangen, nicht ihrem schrecklichen, Angst einflößenden Ehemann ausgeliefert zu werden, ohne zuvor wenigstens ein Mal von einem jungen, schönen Mann geliebt zu werden. Rasend vor Begehren, hatte er nachgegeben. Ja, das hatte sie auch vergessen …
    Hinter ihren geschlossenen Lidern kam die Erinnerung wieder hoch. Der Geruch nach Stroh und Wein, Nicolas’ kräftiger Körper, der sich schwer auf sie legte, und jenes quälende Gefühl
von Hast und Unvollendetem, weil ihre Tante Marthe plötzlich aufgetaucht war und sie unterbrochen hatte. Noch einmal durchlebte sie ihre Niederlage, ihre Scham... Und doch hatte sie alles vergessen.
    Â»Ja«, sagte er bitter, als hätte er ihre Gedanken gelesen, »sieht ganz so aus, als hätte ich keinen besonders wichtigen Platz in deinem Leben gehabt. Natürlich hast du in all den Jahren nicht ein Mal an mich gedacht.«
    Â»Natürlich nicht«, wiederholte sie leichthin, während sie nach einer noch härteren Erwiderung suchte, mit der sie ihre Überlegenheit festigen konnte. »Ich hatte ja schließlich anderes zu tun, als an einen Stallknecht zu denken.«
    Â»Du Dirne!«, brüllte er, außer sich vor Wut. »Pass auf, was du sagst. Der Stallknecht ist jetzt dein Herr. Du gehörst mir...«
    Â 
    Noch während er schrie, schlief sie ein. Seine Stimme machte ihr keine Angst, im Gegenteil, sie umhüllte sie mit einer brutalen, aber wohltuenden Geborgenheit. Er verstummte.
    Â»Ja, so war es schon immer...«, fuhr er leise fort. »Du bist schon früher immer auf dem Moos eingeschlafen, wenn wir uns gestritten haben. Dann schlaf eben, Liebes. Du gehörst trotzdem mir. Ist dir kalt? Soll ich dich zudecken?«
    Ihre Wimpern zuckten kaum merklich. Da holte er einen prächtigen Mantel aus schönem

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