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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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unumgänglich. Erlaubt mir, dass ich anderer Ansicht bin. Der größte Verbrecher hat das Recht, zu erfahren, wessen man ihn beschuldigt, damit er sich verteidigen kann.«
    Â»Die geschickteste Verteidigung wird das Urteil nicht ändern, Madame.«
    Â»Also gut, wenn ich schon sterben muss, dann sagt mir wenigstens, warum«, beharrte die junge Frau.
    Sie musste um jeden Preis Zeit gewinnen.
    Der junge Prinz warf seinem Gefährten einen fragenden Blick zu.
    Â»Da Ihr ohnehin bald nicht mehr am Leben sein werdet, sehe ich keinen Grund, warum wir unnötig grausam sein sollten«, sagte er. »Madame, Ihr seid nicht so unwissend, wie Ihr behauptet. Ihr ahnt sehr wohl, auf wessen Befehl wir hier sind.«
    Â»Der König?«, rief Angélique mit gespieltem Respekt.
    Philippe d’Orléans zuckte mit den zarten Schultern.
    Â»Der König taugt bloß dazu, die Leute ins Gefängnis zu schicken, auf die man ihn eifersüchtig macht. Nein, Madame, es handelt sich nicht um Seine Majestät.«
    Â»Von wem lässt sich der Bruder des Königs denn sonst Befehle erteilen?«
    Der Prinz erschauerte.
    Â»Ich finde Eure Worte recht gewagt, Madame. Ihr beleidigt mich!«
    Â»Und ich finde, die Mitglieder Eurer Familie sind recht empfindlich!«, erwiderte Angélique, deren Zorn mit einem Mal das Entsetzen übertraf. »Wenn man Euch feiert und verhätschelt,
seid Ihr beleidigt, weil derjenige, der Euch empfängt, reicher erscheint als Ihr. Wenn man Euch Geschenke macht, ist es eine Unverschämtheit! Wenn man sich nicht tief genug vor Euch verneigt, genauso! Wenn man nicht als Bettler lebt und ständig die Hand aufhält, bis das Königreich endgültig ruiniert ist, wie Euer ganzer adliger Hühnerhof, dann zeugt das von verletzender Arroganz! Wenn man seine Steuern pünktlich und vollständig bezahlt, ist es eine Provokation...! Ein Haufen Nörgler, das seid Ihr. Ihr, Euer Bruder, der König, Eure Mutter und Eure ganze verräterische Sippschaft: Condé, Montpensier, Soissons, Guise, Lorraine, Vendôme...«
    Atemlos hielt sie inne.
    Philippe d’Orléans reckte sich auf seinen hohen Absätzen wie ein junger Hahn auf seinen Sporen und warf seinem Günstling einen empörten Blick zu.
    Â»Habt Ihr jemals so unverschämt über die königliche Familie reden hören?«
    Â»Beleidigungen töten nicht, Monseigneur«, antwortete der Chevalier de Lorraine mit einem grausamen Lächeln. »Lasst es uns endlich hinter uns bringen, Madame.«
    Â»Ich will wissen, warum ich sterben soll«, entgegnete Angélique störrisch.
    Â 
    Zu allem entschlossen, um ein paar Minuten zu gewinnen, fügte sie hastig hinzu: »Ist es wegen Monsieur Fouquet?«
    Der Bruder des Königs konnte ein zufriedenes Lächeln nicht unterdrücken.
    Â»Dann kehrt Eure Erinnerung also zurück? Ihr wisst wieder, warum Monsieur Fouquet so viel an Eurem Schweigen gelegen ist?«
    Â»Ich weiß nur eines, und zwar, dass ich vor Jahren einen Giftanschlag vereitelt habe, dem Ihr selbst, Monsieur, sowie der König und der Kardinal zum Opfer fallen solltet. Und ich bedaure
zutiefst, dass Monsieur Fouquet und der Prinz von Condé damals ihre Pläne nicht in die Tat umsetzen konnten.«
    Â»Dann gesteht Ihr also?«
    Â»Ich habe nichts zu gestehen. Dank dieses verräterischen Dieners wisst Ihr ganz genau, was ich wusste und was ich meinem Gemahl anvertraut habe. Ich habe Euch das Leben gerettet, Monseigneur, und das ist nun Euer Dank!«
    Â 
    Für einen Moment huschte ein verstörter Ausdruck über das verweichlichte Gesicht des jungen Mannes. Sein Egoismus machte ihn empfänglich für alles, was ihn selbst betraf.
    Â»Was vergangen ist, ist vergangen«, sagte er zögernd. »Inzwischen überhäuft mich Monsieur Fouquet mit Wohltaten. Es ist nur gerecht, dass ich ihm dabei helfe, die Gefahr zu beseitigen, die ihn bedroht. Ich bin wirklich zutiefst bekümmert, Madame, aber jetzt ist es zu spät. Warum seid Ihr nicht auf das großzügige Angebot eingegangen, das Monsieur Fouquet Euch durch Madame de Beauvais unterbreiten ließ?«
    Â»Ich glaubte zu verstehen, dass ich im Gegenzug meinen Gemahl seinem traurigen Schicksal überlassen müsste.«
    Â»Natürlich. Einen Grafen de Peyrac bringt man nur dadurch zum Schweigen, dass man ihn für alle Zeiten hinter Gefängnismauern sperrt. Aber wenn eine

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